Unternehmen nutzen die Gelegenheit, um sich sozial zu engagieren. Doch nicht jedes Engagement ist sinnvoll, betonen Experten. Welche CSR-Aktionen eignen sich zu diesem Anlass? Wie können sie angemessen kommuniziert werden?
Von Charlotte Schmitz
Ein Tannenbaum schmückt in der Adventszeit die Lobby der Frankfurter DZ-Bank. Der Baum ist mehr als jahreszeitliches Dekor, nämlich ein Hoffnungsträger für Kinder in aller Welt. Denn in den Zweigen stecken Postkarten mit den Bildern von Kindern aus armen Ländern. Die Mitarbeiter der DZ-Bank können diese Karten auswählen und an das abgebildete Kind direkt spenden – möglich macht dies eine Kooperation mit der Königsteiner Stiftung Childaid network. Die Stiftung fördert die Ausbildung benachteiligter Kinder und Jugendlicher, etwa im Himalaja und in Nepal.
„Bei unseren Mitarbeitern kommt gut an, dass sie sehen, an wen genau ihre Spende geht“, hat Uwe Wulf, Pressesprecher der DZ-Bank, festgestellt. Die Aktion begann 2008 und wird seither regelmäßig fortgeführt. „Childaid network leistet Hilfe zur Selbsthilfe, das entspricht auch unserem Gedanken einer Genossenschaftsbank“, begründet Wulf die Zusammenarbeit mit gerade dieser Hilfsorganisation. Nicht unwichtig sei auch, dass der Vorstandsvorsitzende der DZ-Bank Wolfgang Kirsch im Beirat von Childaid network engagiert ist.
Klarer Nachholbedarf
Die DZ-Bank trägt ihre jährliche Weihnachtsaktion nicht nach außen, wirbt aber im Intranet für eine Teilnahme. Die individuellen Spenden aus den Taschen der Mitarbeiter stockt die Genossenschaftsbank auf, bis ein runder Betrag erreicht ist, der dann feierlich übergeben wird. „Das ist für uns keine PR-Aktion, sondern einfach ein Teil unserer umfangreichen CSR-Aktivitäten“, erklärt Uwe Wulf.
„Die DZ-Bank bemüht sich um eine hohe Transparenz und informiert ihre Mitarbeiter genau, was mit den Spenden geschieht“, lobt Thomas Kreuzer, Leiter der Fundraising Akademie in Frankfurt, die Aktion. Kreuzer erklärt, dass das hohe Spendenaufkommen in Deutschland nicht von Unternehmen, sondern von Privatleuten getragen werde. Etwa vier bis sechs Milliarden Euro spendeten die Deutschen jährlich, das soziale und kulturelle Sponsoring von Unternehmen belaufe sich auf lediglich 700 bis 800 Millionen Euro, berichtet Kreuzer. In den USA hingegen sei der Anteil der Unternehmen weitaus größer. „Hier haben wir einen klaren Nachholbedarf“, sagt Kreuzer. Das Spendengeschäft unterliegt saisonalen Schwankungen, wobei die Adventszeit einen Höhepunkt ausmacht. „Natürlich steigt zu Weihnachten das Aufkommen exorbitant an.“ Viele Hilfsorganisationen nähmen bis zu Zweidrittel ihrer Gelder in der Adventszeit ein.
Nicht alles, was Unternehmen zur Weihnachtszeit in Gang setzen, um sich spendabel zu zeigen, ist auch wirklich sinnvoll. Es reiche nicht aus, in einer gut gemeinten Aktion etwa die Räume eines Sozialprojekts zu streichen, erklärt Thomas Kreuzer. „Das ist zu punktuell und hinterlässt keine Wirkung.“ Vielmehr gehe es um gegenseitiges Lernen. Dazu kann beitragen, wenn Mitarbeiter eines Unternehmens eine Nichtregierungsorganisation kontinuierlich beraten, etwa bei der Personalentwicklung oder dem Controlling. Durch die andauernden Kontakte entsteht ein tieferes Verständnis für die Funktionsweise und die Anliegen der Partner. „Der paternalistische Blick ist out“, sagt Kreuzer.
Auch bei der Kommunikation von CSR-Aktionen gerade zu Weihnachten empfiehlt Kreuzer, sich zurückzunehmen. Eine Spende von „nur“ 1000 Euro mit einer öffentlichen Checkübergabe zu verbinden und dann ein großes Medienecho zu erwarten, sei nicht mehr zeitgemäß. Hingegen findet Kreuzer Hinweise auf weihnachtliche Spendenaktionen auf den Weihnachtsgrüßen an die Kunden „diskret und sogar vornehm.“
Bisher vermisst der Geschäftsführer der Fundraising Akademie das Engagement kleiner und mittlerer Firmen in Deutschland. Doch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat nun eine Ausschreibung veröffentlicht, um den Mittelstand in Sachen CSR zu coachen. 20 Millionen Euro stehen bereit. „In einigen Jahren wird sich das Umfeld verändern“, ist sich Kreuzer sicher.
Das Spenden besonders einfach zu machen, hat sich Harald Meurer vorgenommen. Er war einst als Bereichsleiter der Deutschen Telekom für das Bonusprogramm „Happy Digits“ zuständig und übertrug diesen Ansatz auf den Spendensektor. Meurer gründete das Spendenportal www.helpdirect.org und bietet zusätzlich „Helpcards“ an. Die Helpcards funktionieren wie Geschenkgutscheine, der Betrag kommt stets einer Hilfsorganisation zugute. Unternehmen können maßgeschneiderte Helpcards im eigenen Corporate Design bestellen. Auch e-Helpcards sind im Angebot. Meurer möchte keine Zahlen über die Nachfrage veröffentlichen, doch er arbeitet daran, Helpcard-Shops in weiteren europäischen Ländern aufzubauen.
Das Schenken schenken
Eine weitere Plattform für Spendenaktionen ist betterplace.org, die Spender und Projekte online miteinander vernetzt. Auch betterplace bietet Spendengutscheine an. „Die Gutscheine werden von Unternehmen an ihre Kunden und/oder Mitarbeiter geschickt, alles unter dem Stichwort ‚das Schenken schenken’“, erklärt Sara Strozynski, Sprecherin von betterplace. „Gerade entwickeln wir eine Print-Version der Gutscheine, die als Einleger für Weihnachtskarten gedacht sind.“
„Verzichten sollte man auf Spenden an wahllos ausgesuchte Zwecke oder Organisationen gerade zu Weihnachten“, betont Anke Steinbach, Geschäftsführerin der Hamburger Beratungsgesellschaft Steinbach Strategies, die sich auf CSR spezialisiert hat. „Auch einmalige Aktionen, deren Effekte bald verpuffen, und Geschenke, die voraussichtlich im Abfall landen, sehen wir als wenig sinnvoll an.“
Anke Steinbach selbst setzt auf Ideen statt Geschenke: Im vergangenen Jahr ließ sie ihren Geschäftsfreunden per E-Mail inspirierende Ideen für ein „grünes“ Weihnachtsfest zukommen. Im Vorjahr hatte sie bereits auf den wenig umweltfreundlichen Versand von Weihnachtskarten verzichtet und das eingesparte Geld an die Mikrofinanz-Organisation Kiva gespendet. „Dort arbeitet es immer weiter“, freut sich Steinbach.
Autorin: Dr. Charlotte Schmitz
Der Beitrag ist zuerst erschienen im CSR MAGAZIN Nr. 3 (3/2011)