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Der schwarz-gelbe Ausstiegsbeschluss lässt manches offen

Die schwarz-gelbe Regierungskoalition in Berlin hat sich auf einen Fahrplan zum Atomausstieg geeinigt. Nach dem Beschluss der Spitzen von CDU, CSU und FDP in der Nacht zum Montag soll das letzte deutsche Akw bis spätestens Ende 2022 vom Netz gehen. Nicht jede Einzelheit des Plans ist bislang allerdings klar erkennbar. Beim Thema Energiewende bleibt damit auch nach dem grundsätzlichen Ausstiegsbeschluss von Schwarz-Gelb manches unklar.

Von Sebastian Bronst

Hamburg > Die schwarz-gelbe Regierungskoalition in Berlin hat sich auf einen Fahrplan zum Atomausstieg geeinigt. Nach dem Beschluss der Spitzen von CDU, CSU und FDP in der Nacht zum Montag soll das letzte deutsche Akw bis spätestens Ende 2022 vom Netz gehen. Nicht jede Einzelheit des Plans ist bislang allerdings klar erkennbar. Beim Thema Energiewende bleibt damit auch nach dem grundsätzlichen Ausstiegsbeschluss von Schwarz-Gelb manches unklar.

Wie genau geht der Ausstieg vonstatten?

Atomkraftgegner und Opposition hatten einen festen Zeitplan gefordert, aus dem hervorgeht, wann welcher Reaktor vom Netz gehen muss. Davon aber ist in den Beschlüssen von Schwarz-Gelb keine Rede. Demnach steht nur fest, dass die im Zuge des sogenannten Atommoratoriums zeitweise stillgelegten sieben ältesten deutschen Akw sowie der als „Pannenmeiler“ titulierte Reaktor in Krümmel nicht mehr ans Netz gehen sollen. Von den übrigen sollen sechs bis Ende 2021 abgeschaltet werden. Die drei modernsten Akw erhalten eine Frist bis Ende 2022.

Pläne für eine gestaffelte, zeitlich gestreckte Abschaltung gibt es demnach nicht. Kritiker halten das für eine entscheidende Schwäche. Die Betreiber, die zugleich die vier dominierenden deutschen Energieversorger sind, würden dazu verleitet, alle ihre Akw bis zum Ende der Fristen laufen zu lassen. Dringend benötigte Investitionen in erneuerbare Energien und neue Stromnetze würden bis zuletzt ausbleiben, weil es für andere Anbieter an Investitionssicherheit und Anreiz fehle, kritisierten die Umweltschutzorganisationen BUND und Greenpeace.

Was wird aus der Idee mit den „Stand-by-Kraftwerken“?

Die Koalition will offenbar eines der bereits vorläufig abgeschalteten älteren Atomkraftwerke für eine Übergangszeit von zwei Jahren als ein „Stand-by-Kraftwerk“ in einem betriebsfähigem Zustand halten. Es soll eine strategische Reserve für den Fall sein, dass es bei winterlichem Spitzenverbrauch zu Engpässen kommt.

Wie ein Stand-by-Betrieb von Atomkraftwerken organisiert werden könnte, ist jedoch unklar. Zunächst solle die Bundesnetzagentur prüfen, ob dafür Bedarf besteht, hieß es am Montag. Einen Reaktor in betriebsbereitem Zustand zu halten und nur bei Bedarf zeitweise hochzufahren, kostet den Betreiber viel Geld, ohne dass er entsprechende Einnahmen durch Stromverkäufe erzielen kann. Die Idee für eine Akw-Reserve habe mit der technischen Realität nichts zu tun, kritisierte der SPD-Chef und frühere Bundesumweltminister Sigmar Gabriel.

Wie werden Netzausbau und Energiewende vorangetrieben?

Bei ihrer Runde im Kanzleramt einigten sich die Vertreter von Schwarz-Gelb zusätzlich zu dem bereits separat geplanten Gesetz für einen beschleunigten Netzausbau auf Erleichterungen für den Bau von Kraftwerken und Stromspeichern. Weitere Details zu staatlichen Maßnahmen zur Gestaltung der Energiewende gab es zunächst nicht. Stattdessen sorgten weiterhin Berichte über angebliche Kürzungen bei der Solarstromförderung für Unruhe. Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte, es sei unklar, wie die Regierung parallel zum Ausstieg den Anteil erneuerbarer Stromquellen erhöhen wolle. Gabriel forderte klare Aussagen zur Finanzierung.

Wird ein neues Atommüllendlager gesucht?

Nach Aussage von CSU-Chef Horst Seehofer einigte sich die Koalition auch darauf, bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll neben Gorleben weitere potenzielle Standorte ins Auge zu fassen. Was das genau heißen soll, blieb zunächst offen. Seehofer sprach davon, Verfahren zur Ermittlung „allgemeiner geologischer Eignungskriterien“ einzuleiten. Atommüll kann außer in einem Salzstock wie in Gorleben, in dem seit Jahrzehnten vorbereitende Tests stattfinden, auch in tiefen Granit- oder Tonschichten eingelagert werden. Solche Gesteinsformationen gibt es vor allem in Süddeutschland. Bisher fehlen aber bislang großflächige geologische Voruntersuchungen.


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