Berlin > Die deutschen Bauern verdienen ihr Geld längst nicht mehr nur mit der Produktion von Lebensmitteln. Fast ein Fünftel der Anbaufläche nutzen sie mittlerweile etwa für nachwachsende Rohstoffe, aus denen Energie gewonnen wird oder die in der Industrie weiterverarbeitet werden, wie aus dem am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossenen Agrarbericht 2011 hervorgeht. Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) mahnte eine ausgewogene Produktion an.
Laut Agrarbericht 2011, der die Entwicklung der Landwirtschaft seit 2007 analysiert, bauten die Bauern in Deutschland im vergangenen Jahr auf 2,15 Millionen Hektar nachwachsende Rohstoffe an. Dies entspreche 18 Prozent der gesamten Ackerfläche. In den vergangenen vier Jahren blieb der Anbau auf ungefähr gleichem Niveau. In den vergangenen zehn Jahren habe sich die Fläche damit allerdings fast verdreifacht.
Nachwachsende Rohstoffe können unter anderem für die Gewinnung von Bioenergie genutzt werden. Beispiele sind Biodiesel oder Bioethanol, das dem umstrittenen Kraftstoff E10 beigemischt wird. Zudem kommen die Pflanzen vor allem in der chemischen Industrie zum Einsatz – etwa für Verpackungen. Die verstärkte Nutzung nachwachsender Rohstoffe sei mittlerweile ein „zusätzliches Standbein der Land- und Forstwirtschaft“, hieß es im Agrarbericht.
Für die deutschen Bauern liege die Herausforderung vor allem darin, dem wachsenden Bedarf an Biomasse für die Energiegewinnung gerecht zu werden, ohne die Nahrungsmittelversorgung zu vernachlässigen, erklärte Aigner. „Für die Bundesregierung hat die Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen für die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln Vorrang vor anderen Nutzungen“, hieß es dazu im Agrarbericht.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) forderte die Bundesregierung angesichts der Beratungen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu einem verantwortungsvollen Ausbau der Bioenergie auf, ohne die Nahrungsmittelproduktion zu beeinträchtigen. Das EEG dürfe sich nicht aus der Landwirtschaft verabschieden.
Aus dem Agrarbericht geht weiter hervor, dass die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte nach der Wirtschaftskrise wieder deutlich stiegen. Diese waren nach einem kontinuierlichen Anstieg 2009 um rund 27 Prozent zurückgegangen. Für 2010 zeichne sich nach vorläufigen Schätzungen aber ein deutlicher Anstieg von immerhin 20 Prozent ab.
Aigner warnte die Bauern allerdings, sie sollten trotz der steigenden Preise und einer weltweit steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln und nachwachsenden Rohstoffen ihre Erwartungen nicht zu hoch stecken. Wegen der Energie- und Futtermittelpreise müssten die Betriebe mit steigenden Produktionskosten rechnen. Zudem schwankten die Preise an den Agrarmärkten stark.
Profitieren konnten die Landwirte allerdings weiterhin von den EU-Agrarsubventionen. Die Direktzahlungen machten laut Bericht mit rund 52 Prozent mehr als die Hälfte des Einkommens der deutschen Bauern aus. Die Direktzahlungen seien daher nach wie vor wichtig zur Stabilisierung der landwirtschaftlichen Einkommen.
Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe sank weiter. 2010 gab es in Deutschland nach den vorläufigen Schätzungen rund 300.700 Höfe. Das waren rund 20.900 weniger als 2007, was einer jährlichen Abnahme um 2,2 Prozent entspricht. In Deutschland waren damit im Jahr 2010 rund 1,1 Millionen Menschen haupt- oder nebenberuflich in der Landwirtschaft tätig.