Leipzig > Deutschland muss sich entscheiden, ob es private Glückswetten zulassen oder aber insgesamt konsequent gegen Wett- und Spielsucht vorgehen will. Ein solches Konzept müsse sämtliche Wettbereiche umfassen, urteilte am Mittwochabend das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Damit erzielten private Anbieter einen wichtigen Zwischenerfolg gegen die staatlichen Lotto-Monopole. Ob danach die bisherigen deutschen Regeln den entsprechenden EU-Anforderungen gerecht werden, entschieden die Leipziger Richter allerdings noch nicht. (Az: 8 C 14.09 und 15.09)
Nach dem deutschen Glücksspielstaatsvertrag sind Lotterien und vergleichbare Glücksspiele weitgehend den Lottogesellschaften der Länder vorbehalten. Zur Rechtfertigung wird die Spielsucht und damit verbundene Begleitkriminalität herangezogen. Allerdings betrieben die staatlichen Lotteriegesellschaften vor allem früher viel Werbung. Zudem werden private Geldspielautomaten und Spielhallen trotz ihres hohen Suchtpotenzials in großem Umfang genehmigt.
Seit Jahren argumentieren daher private Wettanbieter, der Verweis auf die Spielsucht sei letztlich verlogen und die staatlichen Wettmonopole rechtlich nicht haltbar. Auch das Bundesverfassungsgericht und der EuGH haben entschieden, dass staatliche Wettmonopole nur zulässig sind, wenn Deutschland eine klare Strategie gegen die Spielsucht verfolgt. Daraufhin haben die Lotteriegesellschaften ihre Werbung verringert. Strittig ist nun, ob Deutschland damit den Anforderungen insbesondere des europäischen Rechts genügt.
Die beiden Kläger vermitteln in eigenen Büros Sportwetten an Anbieter in Österreich beziehungsweise Malta. Unter Hinweis auf das staatliche Wettmonopol hat die Stadt Nürnberg die Geschäfte verboten. Die Privatanbieter machten dagegen geltend, die Monopole seien unzulässig, weil Deutschland die Spielsucht nicht wirklich nachhaltig bekämpfe. Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München sind sie damit gescheitert: Sportwetten seien gut und konsequent reglementiert, eine überzogene Werbung der Lottogesellschaften nicht mehr feststellbar.
Wie nun aber das Bundesverwaltungsgericht entschied, reicht das nicht aus. Das EU-Recht verlange, dass Deutschland insgesamt schlüssig und systematisch gegen Spielsucht vorgeht. Der Blick dürfe daher nicht allein den Sportwetten gelten. Der VGH soll nun neu entscheiden und dabei den gesamten Glücksspielmarkt berücksichtigen.