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Neun von 14 Bundesministerien beschäftigen unbezahlte Praktikanten

Berlin > Die meisten Bundesministerien beschäftigen junge Menschen als Praktikanten, ohne sie zu bezahlen. In neun der 14 Ressorts wurde im Jahr 2009 keine Vergütung gezahlt, wie eine am Donnerstag veröffentlichte Antwort der Bundesregierung auf eine Grünen-Anfrage ergab. Nur im Innen- und Justizministerium wurden alle Praktikanten bezahlt, sie erhielten 50 bis 511 Euro. In drei weiteren Ressorts wurde nur ein Teil der Praktikanten entlohnt.

Das Entwicklungsministerium beschäftigte laut der Antwort der Bundesregierung im vergangenen Jahr 144 Hochschulabsolventen als Praktikanten und ließ sie für mindestens drei Monate ohne Bezahlung arbeiten. Eine Ministeriumssprecherin stellte klar, dass es sich nicht um Hochschulabsolventen handele, sondern um Pflichtpraktikanten, die im Rahmen ihres Studiums ein Praktikum ableisten müssten. Nach einer Regelung des Berufsbildungsgesetzes bekämen diese Praktikanten keine Vergütung. Das Ministerium zahle ihnen aber auf freiwilliger Basis eine Aufwandsentschädigung von hundert Euro.

Laut Antwort der Bundesregierung waren im Familienministerium im Jahr 2008 insgesamt 80 Praktikanten beschäftigt, die alle ihr Studium bereits beendet hatten. Sie arbeiteten bis zu sechs Monate zum Nulltarif. Die meisten Praktikanten, nämlich 871, nahm demnach im vergangenen Jahr das Auswärtige Amt auf, ohne sie jedoch zu bezahlen. Es folgt das Verkehrsministerium mit 539 Praktikanten. Die wenigsten Praktikanten beschäftigte das Bildungsministerium mit 59. Die Ministerien erstatten zumindest Reisekosten und geben Essensgutscheine aus, wie aus der Antwort der Bundesregierung hervorgeht.

Die Grünen warfen der Regierung eine „unanständige Praxis“ vor. „Trotz mehrjähriger Debatte um faire Praktika hält sie schlechte Bedingungen offenbar für eine Bagatelle“, erklärte der Abgeordnete Kai Gehring. Was Praktikanten angehe, stehe die schwarz-gelbe Bundesregierung „an der Spitze der Ausbeuter“, kritisierte der jugend- und hochschulpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. „Skandalös“ seien die Verhältnisse insbesondere in den Ministerien für Familie und für Entwicklung.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte die Bundesregierung auf, „eindeutige rechtliche Regelungen zum Schutz von Praktikanten einzuführen“. Das Praktikum müsse gesetzlich als Lernverhältnis definiert werden, forderte der DGB-Bundesjugendsekretär René Rudolf am Donnerstag in Berlin. „Inhalt, Dauer und Vergütung müssen geregelt werden und reguläre Stellen dürfen nicht durch Praktika ersetzt werden.“


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