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Schatten über Solar Country

Von Klaus Geiger

Berlin > Deutschland ist nicht mit Sonnenschein gesegnet: In Spanien gibt es doppelt so viele Sonnenstunden pro Jahr, in der Sahara dreimal so viele. Beim Ausbau der Solarenergie aber ist die Bundesrepublik der Nabel der Welt: 2009 wurden hierzulande 3,8 Gigawatt Solar-Leistung installiert, das war mehr als im ganzen Rest der Welt zusammen. In diesem Jahr werden es wohl sogar acht Gigawatt sein. Die Rechnung bekommen Verbraucher nächstes Jahr präsentiert: Für eine Durchschnittsfamilie steigt die Stromrechnung wohl um gut fünf Euro im Monat. Die Solarförderung gerät immer stärker in die Kritik.

„Die Förderung steht hier in keinem Verhältnis zum Nutzen“, sagt Holger Krawinkel, Energieexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). „Die hohen Subventionen werden zum Akzeptanzproblem für erneuerbare Energien insgesamt.“ Die Förderung von Solarstrom ist derzeit mehr als doppelt so teuer wie die von Wind und mehr als viermal so hoch wie die von Wasserkraft.

Die Verteidiger der Solarenergie verweisen darauf, dass die Technologie noch in den Kinderschuhen stecke und deshalb noch hoher Förderung bedarf. „Wir befinden uns im Jahr 2010 beim Solarstrom im Jahr 1905 der Automobilindustrie“, sagt Eicke Weber, Chef des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme. Die Preise für Solarmodule werden seiner Meinung nach in den kommenden Jahren durch die weltweite Massenproduktion stark sinken. „2030 werden die Preise für Solarstrom unter denen für fossile Kraftwerke liegen“, ist er überzeugt.

Mehr Effizienz beim Solarstrom würde auch die Verbraucher wieder entlasten. Das liegt am Mechanismus des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG): Sinken die Preise für die Solarmodule, sinken auch die Vergütungen für Solardach-Besitzer. Andere Experten monieren aber, dass dieser EEG-Mechanismus nicht funktioniert. Solche Stimmen finden sich auch unter Befürwortern der Erneuerbaren. „Es hat in der Vergangenheit eine Überförderung gegeben“, sagt Greenpeace-Energieexperte Andree Böhling. Der Grund: Viele Solaranlagen, die hierzulande auf die Dächer kommen, stammen aus China, wo billiger hergestellt wird. Doch bei der Festsetzung der Förderung sind die Produktionskosten in Deutschland relevant.

„Von der politischen Vorgabe her ist der Preis eher so ausgerichtet, dass möglichst viele deutsche Hersteller auch überleben können“, sagt Böhling. 2009 war schon 80 Prozent der Produktion in Asien. Zudem werden die Kosten der Anlagen für die Festsetzung der EEG-Umlage zwar von Gutachtern geprüft, diese sprechen aber nur Empfehlungen aus. Das letzte Wort hat die Politik. Diese senkte die Fördersätze zwar zuletzt, doch Kritiker bemängeln, dass nicht genug getan wurde. „Die Regierung hat sich nicht getraut, parallel zur Verlängerung der Atomlaufzeiten auch noch die Solarförderung massiv zu kürzen“, sagt vzbv-Energieexperte Krawinkel.

„Es gibt kein politisches Lager, das die erneuerbaren Energien wirklich effizient ausbauen will“, kritisiert Krawinkel. Für sinnvoller erachtet er etwa die Förderung von Energie aus Wind und Wasser – denn die ist billiger zu haben. Die politische Situation aber ist vertrackt: Die Förderung der erneuerbaren Energien ist ein ehemaliges Leuchtturm-Projekt von Rot-Grün. Profiteure der Solarförderung sind aber oft süddeutsche Hausbesitzer und Landwirte, die eher zu Schwarz-Gelb tendieren.

Bezahlen müssen die Rechnung jedenfalls im kommenden Jahr vor allem die Wohnungsbesitzer und Mieter. „Die meisten Solardächer werden eher auf Ein- und Zweifamilienhäusern installiert“, sagt Mieterbund-Sprecher Ulrich Ropertz. „Warum jetzt alle Haushalte hierfür Subventionen zahlen müssen, kann man schon mal in Frage stellen.“


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