Berlin > Die Lebensmitteldiscounter in Deutschland haben mit der siebten Welle von Preissenkungen in diesem Jahr ihre Rabattschlacht fortgesetzt. Bei der neuen Preisrunde wurden vor allem Fisch- und Obstkonserven sowie Wein billiger, wie Marktführer Aldi und die Wettbewerber Netto, Penny und Norma mitteilten. Die Produkte kosteten demnach bis zu 30 Prozent weniger als bislang. Auch für Bio-Gemüse aus der Tiefkühltruhe sanken die Preise. Die Supermarktkette Kaufland, die wie Lidl zur Schwarz-Unternehmensgruppe gehört, zog bei der Preisrunde ebenfalls mit. Können Discounter ihre Produkte immer billiger anbieten und zugleich ihre gesellschaftliche Verantwortungsübernahme verstärken?
Discounter im Preiskrieg
Unter den Billig-Supermärkten tobt seit vergangenem Jahr ein Preiskrieg: Fast monatlich senken sie im Kampf um Marktanteile die Preise. Da die Beschaffungskosten für Lebensmittel in der Finanz- und Wirtschaftskrise sanken, versuchen die Unternehmen, durch günstigere Preise für ihre Produkte neue Kunden zu gewinnen.
In der Regel werden Preisrunden von Marktführer Aldi eingeläutet, der Rest der Branche zieht nach. Im vergangenen Jahr gab es insgesamt zwölf Rabattwellen. Dieses Jahr waren es allein bis Mai sechs dauerhafte Preisrunden. Nach zweieinhalb Monaten Pause setzten die Unternehmen ihren Preiskampf nun fort. Der Erfolg dieser Strategie ist zweifelhaft: Branchenexperten bezweifeln, dass die Discounter damit Marktanteile hinzugewinnen können. Im ersten Halbjahr konnte nach Angaben des Marktforschungsunternehmens GfK nur der Branchenzweite Lidl seinen Umsatz steigern. Die übrigen Billigsupermarktketten verloren demnach leicht, am stärksten Marktführer Aldi.
Verbraucher fragen nach sozialen Standards
Bei Verbrauchern gibt es einer Studie zufolge deutliche Widersprüche zwischen ihren Moralvorstellungen und ihrem Streben nach günstigen Preisen. Für mehr als drei Viertel der Verbraucher (78,4 Prozent) ist bei Produkten die Umweltverträglichkeit und die Einhaltung sozialer Standards bei der Herstellung wichtig, wie aus der am Donnerstag veröffentlichten Untersuchung des Instituts für Handelsforschung (IFH) an der Universität Köln hervorgeht.
Jedoch hätten beispielsweise Billig-Textilketten ihren Marktanteil seit 2002 auf mittlerweile mehr als zwölf Prozent verdoppelt. Dies zeige, dass sich Unternehmen im Billigsegment noch „große Chancen“ ausrechnen könnten, erklärte IFH-Geschäftsführer Boris Hedde.
CSR im Billig-Preis-Segment
Auch Discounter nehmen inzwischen zu ihrer Corporate Social Responsibility Stellung: Die Unternehmensgruppe ALDI SÜD verpflichtet sich jüngst in einer “ALDI Corporate Responsibility-Policy” zur Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung gegenüber Kunden, Mitarbeitern, der Umwelt und in der Zulieferkette. Netto gehört zur EDEKA-Gruppe, Penny gehört zur REWE-Gruppe; beide Handelsgruppen bekennen sich ausdrücklich zu einem verantwortlichen Wirtschaften.
Nach der gestrigen Berichterstattung zum ARD-Beitrag über den Textildiscounter KiK entstand im Fachforum CSR Professional eine Diskussion über die CSR bei Discountern. Die Einschätzung der dort Diskutierenden fällt kontrovers aus. So stellt ein Diskussionsteilnehmer die grundsätzliche Frage, „ob das Billigstdiscount-Geschäftsmodell sich überhaupt für CSR eignet – denn klar ist auch: nach CSR Standards produzierte Ware kann nicht so billig sein, nicht wahr?“ Ein anderer Diskussionsteilnehmer zitiert Adorno: „Es gibt kein richtiges Leben im Falschen“ und betont mit Blick auf das Geschäftsmodell der Discounter: “ Die Unreformierbarkeit ist vorgegeben“. Ein anderer Diskutant will KiK die Chance geben, „die Ernsthaftigkeit seines Engagements und Umdenkens unter Beweis zu stellen.“ Und des findet sich der Hinweis darauf, dass „CSR bedeutet, sich auf eine Reise in Richtung Nachhaltigkeit zu bewegen. Das kann (leider) dauern.“