Frankfurt > Auf dem Deutschen StiftungsTag in Frankfurt präsentierte sich gestern erstmals der Arbeitskreis Unternehmensstiftungen. Bereits seit vier Jahren sind Unternehmensstiftungen auf dem StiftungsTag präsent, allerdings kooperierten sie innerhalb des Verbandes bisher als ein “Forum” mit etwa 20 Aktiven. “Jetzt sind wir mit dem Titel ‘Arbeitskreis’ geadelt worden”, sagte Dr. Ekkehard Winter, Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung und Leiter des Gremiums. Winter und dem neu gegründeten Arbeitskreis stellte sich gestern gleich eine erste Herausforderung: Der Bundesverband Deutscher Stiftungen hatte ihnen zum diesjährigen StiftungsTag mit der Veranstaltung “Unternehmen – Stiftung – Stadt: Die Unternehmensstiftung als Partner städtischer Gemeinwohlproduktion” kein leichtes Thema zugewiesen.
Städte selbst sind immer weniger in der Lage sind, Gemeinwohl zu produzieren, so Dr. Stephan Articus, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städtetages. Im Finanzausstattungsstreit mit Bund und Ländern seien Städte regelmäßig die Verlierer und könnten ihren sozialen Aufgaben kaum noch nachkommen. Besonders im Bereich Integration sieht Articus dabei einiges auf die Städte zukommen: Die Ost-West-Integration sei keineswegs abgeschlossen, die Integration von Migranten – insbesondere mit muslimischem Hintergrund – bleibe eine Herausforderung und in Jugendkulturen und gewaltbereiten Jugendszenen ginge es darum, dass sich jungen Menschen Zukunftsperspektiven eröffneten.
Das kommunale Engagement von Unternehmensstiftung sei in diesen Themengebieten und darüber hinaus wichtig, weil sie eine auf Bestand ausgerichtete Form zivilgesellschaftlichen Engagements darstellen und besonders langlebig tätig werden könnten. Gerade in Themengebieten mit verkrusteten Strukturen und Erneuerungsbedarf und in Querschnittsthemen wie der Demografieentwicklung sei das Stiftungsengagement wichtig. Und auch das Engagement der Bürger könnten Unternehmensstiftungen wirkungsvoll unterstützen, denn dieses Engagement brauche in einer immer komplexeren Gesellschaft Know How und Ressourcen.
Liebevolle Worte der Kommunen an die Adresse der Unternehmensstiftungen habe er in den vergangenen Jahren selten gehört, befand Dr. Tessen von Heydebreck, der als Vorstandsvorsitzender der Deutsche Bank Stiftung an der Veranstaltung teilnahm. Heute sei an jeder Straßenecke zu spüren, dass die begrenzten Mittel nach einem höheren Maß an Kreativität verlangten. Der überwiegende Teil der etwa 80.000 Deutsche-Bank-Mitarbeiter sei allerdings im Ausland tätig, im Ausland werde der größte Teil des Unternehmensertrages erwirtschaftet, und wie in Frankfurt stellten sich den städtischen Gesellschaften in New York, Mumbai, Johannesburg und Krakau große Herausforderungen. Das Engagement der Deutschen Bank und ihrer Stiftungen sei deshalb weltweit ausgerichtet. 80 bis 90 Millionen Euro seien es, die die Bank, ihre Tochtergesellschaften und Stiftungen jährlich in das Gemeinwohl investierten. Bevorzugt setze man dabei auf Projekte mit Pilotcharakter, die in drei bis vier Jahren selbständig bestehen könnten. Die Bank orientiere sich dabei an ihrem Leitmotiv, soziales Kapital zu schaffen, und investiere insbesondere in Kinder und Jugendliche. Stiftungsübergreifende Kooperationen hält von Heydebreck dabei für wichtig, so könne für alle Beteiligten ein deutlicher Mehrwert geschaffen werden.
Unternehmensstiftungen verfügen über einen höheren Freiheitsgrad als die Unternehmen selbst, sagte Peter Kusterer, Leiter Corporate Citizenship bei IBM. Im Kräftedreieck von Wirtschaft, Gesellschaft und Staat nähmen sie zudem eine eigene Position ein. Das mag dazu beitragen, dass die Zahl der Unternehmensstiftungen erkennbar wächst. Auf den “Arbeitskreis Unternehmensstiftungen” im Bundesverband Deutscher Stiftungen kommt einiges an Arbeit zu. Zunächst einmal hat man sich dort auf eine Definition des Begriffs Unternehmensstiftungen verständigt: Gemeint sind damit solche Stiftungen, denen Unternehmen das Stiftungsvermögen oder auch eine Finanzierung aus laufenden Mitteln zur Verfügung stellen. Nun wird der Arbeitskreis in die Details der Unternehmensstiftungs-Arbeit eintauchen, in ein Arbeitsfeld mit viel Bewegung.
Foto: Unternehmer spielen als Stifter eine große Rolle. Auf dem Deutschen Stiftungstag 2010 wurde am 7. Mai in der Alte Oper Frankfurt am Main der Deutscher Stifterpreis an Jens Mittelsten Scheid (3ter von links) aus der “Unternehmerdynastie” Vorwerk verliehen. [Marc Darchinger- Bundesverband Deutscher Stiftungen]