Berlin > Die Begriffe „gesellschaftliche Unternehmensverantwortung“ oder gar „Corporate Social Responsibility“ finden sich in dem von CDU, CSU und FDP im Entwurf vorgelegten Koalitionsvertrag nicht. Wohl aber viele Passagen, die sich Einzelfragen gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung widmen – und natürlich das weite Thema Nachhaltigkeit. Einige Beispiele:
„Wir setzen uns für eine faire Verantwortungskultur in Unternehmen ein. Unternehmer, Vorstände und Aufsichtsräte stehen in voller Verantwortung zu einer Gesellschaft, die ihnen Entfaltungsmöglichkeiten und Eigentumsschutz garantiert“, heißt es im Vertragsentwurf. Vergütungssysteme müssten sich deshalb stärker am langfristigen Unternehmenserfolg orientieren. Gebraucht werde aber auch ein Ehrenkodex für Betriebsräte.
„Das Prinzip der Nachhaltigkeit prägt unsere Politik. Wir wollen gute Lebensbedingungen für kommende Generationen“, so der Text. Um die Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen, sollen in Kopenhagen ein weltweites anspruchsvolles Klimaabkommen erzielt, eine ideologiefreie und technologieoffene Energiepolitik betrieben, die Technologieführerschaft bei Erneuerbaren Energien ausgebaut, die Anbindung der Offshore-Windparks an das Stromnetz zügig realisiert, die Energiekompetenz der Verbraucher gestärkt, der Bau hocheffizienter Kohlekraftwerke weiterhin ermöglicht und die Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke verlängert werden.
„Die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie wird im bewährten institutionellen Rahmen weiterentwickelt.“ Dabei bleibt der Parlamentarische Beirat für Nachhaltige Entwicklung federführend bei der parlamentarischen Kontrolle. Zur nationalen Strategie für biologische Vielfalt soll ein Umsetzungsprogramm entwickelt werden. Die Koalitionäre wollen sich für ein umfassendes Walfangverbot, die Beschränkung der Grundschleppnetzfischerei und für ein globales System von Meeresschutzgebieten einsetzen.
Leitbild im Koalitionsvertrag ist der „gut informierte und zu selbstbestimmtem Verhalten befähigte Verbraucher“. Mehr Transparenz, Aufklärung und Rechtsdurchsetzung sollen dessen Position stärken. Bei der Nährwert-Kennzeichnung von Lebensmitteln soll dies mit dem vom Bundesverbraucherschutzministerium und der Lebensmittelwirtschaft entwickelten „1+4-Modell“ erreicht werden, ein farblich unterlegtes Ampelsystem sei dagegen irreführend.
Der nachhaltige Konsum soll gestärkt werden. „Auch der Aspekt der Nachhaltigkeit spielt für den Verbraucher eine stetig zunehmende Rolle.“ Zusätzliche Informationen durch freiwillige Systeme von Handel und Wirtschaft sollen dies leisten und es soll ein zentrales Verbrauchertelefon mit Lotsenfunktion eingeführt werden.
Ökologischer und konventioneller Landbau sollen gleichberechtigt nebeneinander stehen und der ökologische Landbau in der Forschung gefördert werden. Das Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln soll unter Beibehaltung geltender hoher Standards vereinfacht und beschleunigt werden. „Wir setzen uns für artgerechte Tierhaltung und -ernährung ein“, schreiben die Koalitionäre. Der Tierschutz in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung soll in Einklang mit der Wirtschaftlichkeit voran gebracht werden. Im Tourismus soll das Ziel der Barrierefreiheit stärker in allen Bereichen verankert werden.
„Weltwirtschaft und Welthandel in einer globalisierten Welt bedürfen klarer Regeln, die allen Ländern eine faire Chance geben, die Integration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft fördern und zur nachhaltigen Rohstoffversorgung beitragen.“ Der „Königsweg für die weitere Liberalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen“ liege im multilateralen Ansatz der WTO, die Doha-Welthandelsrunde sei zügig und ehrgeizig abzuschließen.
„Wir stärken die ‚Charta der Vielfalt‘. Sie ist ein grundlegendes Bekenntnis zu Fairness und Wertschätzung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Unternehmen.“ Die „Charta der Vielfalt“ sei schnell ein sehr erfolgreiches Unternehmensnetzwerk geworden. Potentiale und Talente von Mitarbeitern mit Migrationshintergrund sollen weiter gefördert werden.
Wer allerdings im Absatz über das Vergaberecht einen Hinweis auf die Verpflichtung der öffentlichen Hand zur nachhaltigen und verantwortlichen Beschaffung sucht, der sucht vergeblich. Unternehmen sollen fair handeln und Verbraucher nachhaltig konsumieren. Nur in der eigenen Supply Chain hat auch die neue Bundesregierung eine Verpflichtung zur Verantwortungsübernahme, wie sie heute von jedem größeren Unternehmen eingefordert wird, nicht nötig.