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Trauerfeier für Reinhard Mohn, einen Vordenker des Wandels

Gütersloh > In einer bewegenden Trauerfeier nahmen am Freitag in Gütersloh Familienmitglieder, Freunde und Wegbegleiter Abschied von Reinhard Mohn. Der Unternehmer und Gründer der Bertelsmann Stiftung war am 3. Oktober im Alter von 88 Jahren auf seinem Anwesen in Steinhagen verstorben. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Liz Mohn repräsentierte er die fünfte Generation der Unternehmer- und Stifterfamilien Bertelsmann und Mohn. Die Arbeit der Bertelsmann Stiftung verfolgte er bis zuletzt intensiv als Mitglied des Kuratoriums.

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg würdigte Reinhard Mohn als einen „wahrhaft großen Mann“. Mohn habe das eigene Familienunternehmen nach dem Krieg in schwierigsten Zeiten vorgefunden und daraus „durch immensen Fleiß, Mut und Initiative einen Weltkonzern geformt“. Dabei habe Eigentum für Reinhard Mohn stets eine Verpflichtung dargestellt, der er durch sein Engagement als Stifter nachkam. Bertelsmann-Chef Hartmut Ostrowski sagte, Reinhard Mohn sei ein bescheidener Mensch geblieben, der Prinzipien und Werte vorgelebt habe. Reinhard Mohn habe aus den Trümmern eines kleinen Familienbetriebs eines der größten Medienunternehmen der Welt geschaffen und eine Unternehmenskultur der Partnerschaft entwickelt, die auf klaren Normen beruhe: „Respekt und Achtung vor dem Gegenüber, Vertrauen und Delegation von Verantwortung, Gerechtigkeitssinn und Fairness, aber auch Pflichtbewusstsein und Disziplin.“

Geboren wurde Reinhard Mohn am 29. Juni 1921 in Gütersloh. Nach amerikanischer Kriegsgefangenschaft und dem Beginn einer Buchhändlerlehre übernahm er 1947 die Leitung des familieneigenen Druck- und Verlagshauses (C. Bertelsmann Verlag). Zum Vertriebs- und Verlagsgeschäft kamen Industrie- und Dienstleistungsbetriebe, das Zeitschriftengeschäft und schließlich das Fernsehen hinzu. 1977 gründete Reinhard Mohn die Bertelsmann Stiftung, auf die er 1993 die Mehrheit des Aktienkapitals der Bertelsmann AG übertragen ließ. Mit 76,9 Prozent ist die Stiftung heute größter Aktionär des Medienunternehmens. Indem er die Stimmrechte in der Hauptversammlung der Bertelsmann AG 1999 der neu gegründeten Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft (BVG) zuordnete und so Kapital und Stimmrechte voneinander trennte, sicherte er die Kontinuität und Unabhängigkeit des Unternehmens Bertelsmann.

Reinhard Mohn war von der gemeinsamen Verantwortung von Zivilgesellschaft, Staat und Wirtschaft zutiefst überzeugt. Anfang 2003 sagte er in einem Interview anlässlich der Vorstellung seines Buches „Die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmers“: „Unsere Zeit erlaubt vielen Menschen aufgrund eines höheren Bildungs- und Lebensstandards, sich über die Auswirkungen unterschiedlicher Gesellschaftsordnungen zu informieren. Dieses Wissen resultiert in einem neuen persönlichen Selbstverständnis und in einer anderen Erwartungshaltung. Menschen wollen am Fortschritt teilhaben. Sie lernen, dass hierarchische Strukturen leistungsfeindlich sind! Sie sind bereit und in der Lage, Verantwortung für den Fortschritt in ihrer Gesellschaft zu übernehmen. Die Wirtschaft hat mit der Delegation der Verantwortung die richtige Konsequenz gezogen. Die Politik muss dagegen noch begreifen, welches Potenzial in der Bürgergesellschaft schlummert!“

Am 2. Mai 2001 wurde Reinhard Mohn durch die Westfälische Wilhelms-Universität Münster die Ehrendoktorwürde verliehen. Dabei würdigte Prof. Dr. Dr. Heribert Meffert Reinhard Mohn für seine unternehmerischen und gesellschaftlichen Leistungen: „Wie kaum ein anderer hat Reinhard Mohn durch sein berufliches und stifterisches Wirken der Wissenschaft neue Denkanstöße gegeben. So entwickelte und implementierte er als Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann – seiner Zeit und auch der wissenschaftlichen Diskussion voraus – eine beispielgebende partnerschaftliche Führungskonzeption in seinem Unternehmen. Als Vorsitzender der Bertelsmann Stiftung hat er schon frühzeitig die Reformbedürftigkeit der öffentlichen Verwaltung erkannt und aufbauend auf seiner unternehmerischen Lebenserfahrung richtungweisende — insbesondere auf eine verbesserte Leistungsfähigkeit abzielende — Reformvorschläge entwickelt. Darüber hinaus setzt er sich unter der Leitidee des Wettbewerbs und der evolutionären Führung seit vielen Jahren unermüdlich für die Weiterentwicklung staatlicher und gesellschaftlicher Ordnungssysteme ein.“

In Anerkennung seiner herausragenden Leistungen als Unternehmer, Stifter und Bürger erhielt Reinhard Mohn zahlreiche weitere Ehrungen und Auszeichnungen, darunter das große Bundesverdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland und die Ehrenmitgliedschaft im Club of Rome. Zudem wurde Mohn mit dem Europäischen Stifterpreis, dem Schumpeter-Preis, dem Hans-Martin-Schleyer-Preis und im Jahr 2007 noch mit dem deutschen Gründerpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Die Führungsstrukturen der Bertelsmann Stiftung hatte Reinhard Mohn mehrfach neu geordnet. Zuletzt trennte er im Jahr 2005 nach dem Vorbild erfolgreicher Aktiengesellschaften die Aufgaben von Kuratorium und Präsidium (künftig Vorstand) voneinander. Das Kuratorium wurde dabei als “Aufsichtsrat” zum Beratungs- und Kontrollorgan. Vorsitzender des Stiftungsvorstandes ist heute Dr. Gunter Thielen, stellvertretende Vorsitzende die Witwe des Verstorbenen, Liz Mohn. Dem Stiftungskuratorium steht Prof. Dr. Dieter H. Vogel vor.


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