Berlin > Einen deutlichen Einfluss auf die diesjährige CSR-Konferenz an der Humboldt-Universität zu Berlin übte die internationale Finanzkrise aus. Als Hauptredner brachte der Nobelpreisträger Prof. Michael Spence von der Stanford University seine Sorge vor einer Überreaktion der Politik und einer überharten Regulierung seitens der Nationalstaaten zum Ausdruck. Spence forderte auf der am Freitag in Berlin zu Ende gegangenen Tagung anstelle von mehr eine bessere staatliche Regulierung mit international abgestimmten Rechts- und Steuersystemen und einer intensiveren globalen Zusammenarbeit. Einzelstaaten dürften dabei nicht vergessen, dass sie im Wettbewerb miteinander stehen und Unterschiede in Steuer- und Rechtssystemen zu Unternehmensverlagerungen führen. Eine Ursache für die gegenwärtige Krise sieht Spence darin, dass Manager die Komplexität der Finanzmärkte nicht durchschauten und Risiken falsch einschätzten.
Die Finanzkrise war auf der Berliner CSR-Konferenz mit dem Schwerpunkt “Global Governance” in aller Munde. Mit dem Thema griffen die Konferenzveranstalter das Verhältnis zwischen unternehmerischer, zivilgesellschaftlicher und staatlicher Verantwortung auf. So wurde etwa die Frage diskutiert, welche internationale Organisation zum Träger von Global Governance werden könne. Dass Nationalstaaten in ihrer Gestaltungsverantwortung versagt haben, wurde in zwei Beiträgen des Transparency International Gründers Prof. Dr. Peter Eigen deutlich. In Bezug auf die Korruptionsbekämpfung seien entscheidende Fortschritte dem zivilgesellschaftlichen Engagement zu verdanken, so Eigen. Eine übersichtlichere Gestaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen forderte Gerhard Prätorius, CSR-Koordinator der Volkswagen AG. So sei die Zahl der gesetzlichen Bestimmungen zu CO2-Grenzwerten schier unüberschaubar und eine Belastung für das Handeln der Unternehmen. Die Diskussion über das richtige Verhältnis zwischen unternehmerischer Selbstverpflichtung und gesetzlicher Regulierung erhält durch die gegenwärtige Krise neuen Auftrieb und wird auch zu einer verstärkten Diskussion von Fragen der Corporate Social Responsibility führen, waren sich viele Experten einig.
Mit 560 Teilnehmern war diese nach den Jahren 2004 und 2006 dritte CSR-Konferenz an der Berliner Humboldt-Universität mit sechs Plenarsitzungen und über 40 Arbeitsgruppen gut besucht. Unter den Teilnehmern aus 35 Nationen waren Unternehmensvertreter und Studierende besonders gut repräsentiert, gefolgt von Vertretern der Nichtregierungsorganisationen. Trotz des Themas waren Regierungsvertreter im Publikum selten auszumachen. “Politik und Regierung sind sich über ihre Rolle bei der CSR noch nicht im klaren und halten sich deshalb zurück”, vermutet Dr. Anja Schwerk vom Institut für Management der Humboldt-Universität, auf deren Schultern die Hauptlast der organisatorischen Verantwortung lag. Schwerk zeigte sich angesichts vieler positiver Reaktionen, der guten Stimmung und der offenen Kommunikation mit der Tagung sehr zufrieden. Auf der nächsten Konferenz wolle man weiter an der Internationalisierung des Themas, der Integration verschiedener Gruppen und an dem Miteinander von Wissenschaft und Praxis arbeiten. Dabei können sich die Veranstalter auch vorstellen, einige der vielen Workshops zweimal stattfinden zu lassen und so einer größeren Zahl von Konferenzteilnehmern die Chance zu einer Teilnahme daran zu geben.