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Staatsbesuch im Oberbergischen

Hückeswagen > Sonst startet der Tag bei der GFH Scheideweg Metallbau in Hückeswagen anders: Um 9.00 Uhr durchsuchen gestern Sprengstoffspürhunde die Büroräume des metallverarbeitenden Unternehmens. Gegen 10.30 Uhr bildet sich eine Gruppe von etwa 30 Journalisten, Fotografen und Kameraleuten vor dem Eingang. Pünktlich um 11.00 Uhr fahren mehrere Polizei-Streifenwagen vor, dann folgen Polizei-Motorräder und schließlich sieben dunkle Staatskarossen. Ein schwarzer Audi trägt das Nummernschild „0-1“ und eine Fahne der Bundesrepublik Deutschland. Ein Personenschützer öffnet die hintere Fahrzeugtüre, und Bundespräsident Horst Köhler entsteigt der gepanzerten Limousine.

Staatsbesuch. Es ist Mittwoch und der zweite Tag der Nordrhein-Westfalen-Besuchsreise des Bundespräsidenten. Begleitet wird Horst Köhler von seiner Frau Eva Luise Köhler und NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter. „Zeichen setzen für Integration“ lautet das Motto dieser Reise. Nach der Begrüßung durch den Bürgermeister der Stadt schreitet das Staatsoberhaupt durch das große Eingangstor der GFH Metall und fragt nach dem jungen Mann, der ihn eingeladen hat. Vor zwei Jahren nahm Michael Frahm an einem Austausch junger Leute mit Bundestagsabgeordneten in Berlin teil. Die Gruppe besuchte damals auch das Schloss Bellevue und traf dabei auf den Bundespräsidenten. Das nutzte der junge Industriemechaniker für eine Einladung nach Hückeswagen-Scheideweg und konnte dem Staatsoberhaupt heute die Hand schütteln.

Frahm hatte den Bundespräsidenten in einen außergewöhnlichen Betrieb eingeladen: Von den etwa 25 Mitarbeitern ist ein großer Teil vorbestraft. So auch Abteilungsleiter Witali Wiebe, der dem Gast aus Berlin im Eingangsbereich der Werkhalle den Anlagenbau erklärt. Große und technisch aufwendig ausgerüstete Reinstwasseranlagen in Edelstahl bekommt der Bundespräsident hier zu sehen. Die hier gebauten und von dem Hückeswagener Spezialingenieurunternehmen LETZNER konstruierten und vertriebenen Umkehrosmose- und Destillationsanlagen dienen der Wasserreinigung für pharmazeutische Zwecke. Witali Wiebe stellt nicht nur diese Anlagen vor, sondern auch sich selbst und seine Kollegen. Offen berichtet er von seiner Heroinabhängigkeit, von den Jahren in der Kriminalität und dem wiederholten Scheitern an der Sucht. Einen Ausstieg aus dem zerstörerischen Kreislauf hat er in Hückeswagen gefunden. Dort nahm ihn eine in dem diakonischen Verein Gefährdetenhilfe Scheideweg engagierte Familie auf. Dort fand er Abstand von der Drogenszene, neue Freunde, einen inneren Halt im christlichen Glauben – und bei der GFH Scheideweg Metallbau einen beruflichen Neustart. Heute ist Wiebe ein Vorbild für andere junge Mitarbeiter des Unternehmens, die nicht nur beruflich einen Neuanfang versuchen. Der Bundespräsident hört aufmerksam zu, fragt nach, redet bei seinem Rundgang durch den Betrieb mit den jungen Auszubildenden über ihre Erfahrungen, Probleme und Perspektiven. Dazu nimmt er sich Zeit – mehr als das Protokoll eigentlich vorgesehen hat. Und er stößt auf offene Ohren und vertrauensvolle Gesprächspartner. „Der versteht uns und meint es ernst mit seinem Engagement“, lautet das Fazit in der Belegschaft nach den Gesprächen mit dem hohen Gast.

Im Anschluss an den Besuch bei der GFH Scheideweg Metallbau reist die ganze Wagenkolonne weiter. Es geht zu einer Baumschule, einer Familie, die straffällige junge Menschen aufnimmt, und zu einem Mittagessen im Zentrum der Gefährdetenhilfe Scheideweg. Dort trägt sich der Bundespräsident in das Goldene Buch der Stadt Hückeswagen ein. „Dieser Besuch ist sehr wichtig für mein Amt, denn glauben sie nicht, dass ein Bundespräsident alles weiß“, gibt Horst Köhler seinen Gastgebern am Ende der zweieinhalbstündigen Begegnung mit auf den Weg. Sichtlich beeindruckt zeigt sich das Staatsoberhaupt von dem, was er in Scheideweg über die Integration straffälliger junger Menschen erfahren hat – in den Beruf, in Familien und die Freizeitarbeit eines Vereins. Und genauso schnell, wie sich der ruhige Hückeswagener Vorort in einen Tummelplatz für Polizeifahrzeuge, Staatskarossen und Journalistenteams verwandelt hat, kehrt auch die ursprüngliche Beschaulichkeit wieder ein. Es bleiben die Erinnerung an einen sehr aufmerksamen und zugewandten Staatsgast, das Angebot, den Kontakt zum Bundespräsidialamt auch in Zukunft zu halten und eine neue Öffentlichkeit für ein Unternehmen, das sich neben der Produktqualität die Integration straffälliger junger Menschen auf seine Fahnen geschrieben hat.

Die GFH Scheideweg Metallbau im Internet:
www.gfh-metall.de

Foto: Gruppenbild in der GFH Metall mit dem Bundespräsidenten (Mitte), seiner Frau Eva Luise (vorne links), Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (vorne rechts) und Mitarbeitern des Unternehmens


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