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Schnittblumen: CSR noch im Hintergrund

Bonn > Die gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen bei der Produktion von Schnittblumen sind ein Thema – jedes Jahr zu Valentin und am Muttertag. Ansonsten nehmen deutsche Blumenliebhaber die Probleme der Blumenerzeugung in Drittweltländern kaum war. Dabei sind touristisch attraktive Landstriche in Kenia betroffen. Und Blumenerzeuger, -händler und Endverkäufer haben schon längst gemeinsam mit NGOs eine CSR-Initiative gestartet: Das Flower Label Program (FLP).

Die gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen werden am Beispiel des Lake Naivasha besonders deutlich: Wer die kenianische Hauptstadt Nairobi anfliegt, sieht westlich davon den königsblauen See zwischen Feldern und Akazienwäldern in der Sonne schimmern. Ein Spaziergang am Ufer des Sees bietet bereits ein differenzierteres Bild: Lake Naivasha ist von der Wasserhyazinthe bedroht, die erhebliche Teile der Seeoberfläche bedeckt, auf die Überdüngung des Gewässers hinweist und das Leben unter sich erstickt. Vor zwanzig Jahren begann die Blumenzucht an dem See. Seitdem ist die Einwohnerzahl in Naivasha von wenigen tausend auf über 50.000 Menschen gestiegen. Gewässerschutz ist für die meisten Einwohner der Region kein Thema: Kleinlastwagen werden mitunter zur Wäsche gleich in die angrenzenden Gewässer hinein gefahren. Und auch die Infrastruktur der Stadt hielt dem schnellen Wachstum nicht stand. Umweltschützer werfen der Blumenindustrie vor, den See mit ihren Düngemitteln und Pestiziden zu belasten. Zudem braucht die Blumenproduktion fiel Wasser, was den Wasserspiegel senkt. Ein gefährliches Zukunftsszenario zeichnet sich ab: Aus dem blühenden Naturreservat mit seinem besonderen Vogelreichtum könnte eine stinkende Pfütze werden.

In Blumenfarmen am Lake Naivasha engagiert sich Flower Label Program. FLP ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein mit einem Multi-Stakeholder-Ansatz. Die Vereinsmitglieder arbeiten in vier Kammern zusammen: der Menschenrechtskammer, der Gewerkschaftskammer, der Handelskammer und der Erzeugerkammer. Zur Handelskammer gehören Großhändler und Importeure ebenso wie lokale Blumenfachgeschäfte. In der Menschenrechtskammer sind FIAN-Deutschland e.V. (FoodFirst Informations- und Aktions-Netzwerk), Brot für die Welt und das Kinderhilfswerk „terre des hommes“ vertreten. Das Flower Label Program will den Umwelt- und Landschaftsschutz und die Implementierung von Sozialstandards fördern. Da gibt es am Lake Naivasha viel zu tun, und FLP kann auf erste Erfolge verweisen: Ein im Juni unterzeichneter Tarifvertrag zwischen der ‚Kenya Plantation and Agricultural Workers Union‘ und der‘ Agricultural Employers‘ Association‘ übernimmt die Regelungen zum Mutterschutz aus dem FLP-Standard: drei Monate ohne Verrechnung auf den Jahresurlaub. Außer in Kenia ist FLP auch in Ecuador besonders aktiv.

Während das Flower Label Program einerseits eine wachsende Zahl von Mitgliedern verzeichnen kann – das Blumenfachgeschäft „Die Blumenstube“ in Eichenau, Roelofs Blumengroßhandel sowie der Online-Versender BlumenButler stießen jüngst hinzu – werden Corporate Social Responsibility-Themen am Point of Sales selten kommuniziert. Ausnahmen sind kleinere Aktionen wie die der FLP-zertifizierten kenianischen Farm Red Lands Roses, die zum diesjährigen Muttertag 3.200 handgefertigte Armbänder erwarb und ihren Rosen beilegte und so 24 Maasai-Mädchen für ein Jahr den Besuch einer weiterführenden Schule ermöglichte. Bleibt zu hoffen, dass in der Floristik eine ähnliche Entwicklung Einzug hält wie etwa in der Textil-Branche: Dass nämlich Verbraucher nach der Herkunft und den Produktionsbedingungen von Naturprodukten fragen und Unternehmen die CSR-Qualität ihrer Zulieferkette unter kommunizieren können.

Weitere Informationen im Internet:
www.fairflowers.de


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