Im Rahmen eines Dissertationsvorhabens wird am Centre for Sustainability Management (CSM) der Leuphana Universität Lüneburg ein Ansatz entwickelt, der es Unternehmen ermöglicht, erfolgsrelevante soziale Themen zu identifizieren, zu überwachen und im Unternehmenskontext zu steuern.
Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen bzw. der dem englischen Sprachgebrauch entliehene Begriff der Corporate Social Responsibility (CSR) ist in aller Munde. CSR wird in den Führungsetagen von Unternehmen heiß diskutiert und ist Themenschwerpunkt auf Konferenzen, Titelthema in wissenschaftlichen Zeitschriften und Tageszeitungen. Nach dem Grünbuch der Europäischen Kommission kann CSR definiert werden als „ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren“. Durch dieses Konzept rückt die soziale Dimension neben der ökologischen Dimension der Nachhaltigkeit mit Themen wie zum Beispiel Kinderarbeit, Gleichberechtigung, sozial verträgliche Produkte und Dienstleistungen usw. zunehmend ins Blickfeld der Unternehmen. Wie Unternehmen soziale Themen systematisch und umfassend in ihre Geschäftstätigkeit integrieren sollen und können, erklärt CSR jedoch nicht, da das Konzept bisher vornehmlich auf einer abstrakten Ebene verbleibt. Folglich ist zu prüfen, inwieweit bestehende Managementansätze Unternehmen dabei unterstützen können, soziale Themen zu managen und ihre soziale Verantwortung wahrzunehmen.
Aus den Eigenschaften sozialer Nachhaltigkeit lassen sich Kriterien definieren, die ein Ansatz zum Management sozialer Themen erfüllen sollte. Zu den Eigenschaften der sozialen Dimension zählen beispielsweise die kulturelle Abhängigkeit oder auch oft unklare Lösungswege. Beispielsweise wird zum einen das Thema Kinderarbeit im südostasiatischen Raum anders bewertet als in Europa. Zum anderen ist unklar, wie Kinderarbeit vermieden werden soll, ohne dass Familien einen Einkommensengpass erleiden. Kriterien für einen Managementansatz, die sich aus den sozialen Eigenschaften ableiten lassen, sind beispielsweise die Flexibilität des Ansatzes, indem er nicht nur normative Vorgaben setzt, oder auch die Möglichkeit der Teilnahme betroffener Gruppen bei der Suche und Auswahl nach Lösungswegen (Partizipation).
Eine Analyse der bestehenden Ansätze zeigt jedoch, dass gegenwärtig kein Konzept in der Lage ist, alle Anforderungen an einen Sozialmanagement-Ansatz zu erfüllen.
Entsprechend ist es Ziel eines Dissertationsvorhabens am Centre for Sustainability Management (CSM) der Leuphana Universität Lüneburg einen Ansatz zu entwickeln, der es Unternehmen ermöglicht, erfolgsrelevante soziale Themen zu identifizieren, zu überwachen und im Unternehmenskontext zu steuern. Die Analyse der Schwachpunkte bestehender Ansätze, wie zum Beispiel der SA8000, hat ergeben, dass das Konzept des Controllings grundsätzlich geeignet ist, die Anforderungen an einen Ansatz zum Management sozialer Themen zu erfüllen. Dazu ist es jedoch notwendig, das herkömmliche Controlling zu erweitern und an die Erfordernisse sozialer Themen anzupassen.
Controlling kann verstanden werden als ein Konzept, das die Sicherung einer rationalen Unternehmensführung zum Ziel hat. Controller unterstützen dabei das Management durch die Übernahme verschiedener Aufgaben sowie die Bereitstellung und Nutzung verschiedener Instrumente. Abhängig sind die Aufgaben von dem jeweiligen Rationalitätsengpass. Liegen beispielsweise nicht ausreichend entscheidungsrelevante Informationen vor, sind zur Rationalitätssicherung die notwendigen Informationen durch die Controller zu beschaffen und entscheidungsorientiert aufzubereiten.
Die Eigenschaften des Controlling-Ansatzes lassen sich auf einen Ansatz der auf soziale Themen ausgerichtet ist, übertragen. Voraussetzung ist jedoch, dass die dem herkömmlichen Controlling zu Grunde gelegte ökonomische Zweck-Rationalität erweitert wird, um den Erfordernissen einer sozialen Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Mit einem Controlling, das die Sicherung einer erweiterten Rationalität, einer sozioökonomischen Rationalität, zum Ziel hat, lassen sich soziale Themen in unternehmerischen Entscheidungen entsprechend ihrer Erfolgsrelevanz berücksichtigen. Entscheidungsrelevant ist hier dann beispielsweise nicht nur eine direkte finanzielle Wirkung, die bei sozialen Themen oftmals schwierig darzustellen ist, sondern auch indirekte Erfolgswirkungen sozialer Themen zum Beispiel über die Reputation.
Für das zu erstellende Sozio-Controlling Konzept wird auf dieser Basis ein Prozessmodell entwickelt. Für jede der einzelnen Prozessphasen werden die die folgenden drei Ebenen ausführlich diskutiert:
• Funktion: Welche sozialorientierten Aufgaben werden in den einzelnen Prozessschritten wahrgenommen?
• Instrumente und Methoden: Welche sozialorientierten Instrumente und Methoden lassen sich in den einzelnen Prozessschritten für die Aufgaben einsetzen?
• Akteure: Welche Akteure nutzen in den Prozessschritten die Instrumente und Methoden?
Das fertig gestellte Sozio-Controlling Konzept hat somit den Anspruch, Unternehmen bei der Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu unterstützen und dadurch eine sozioökonomisch rationale Unternehmensführung sicher zu stellen.
Autor: Frank Dubielzig. Frank Dubielzig ist Diplom-Umweltwissenschaftler und seit 4 Jahren wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centre for Sustainability Management (CSM), Leuphana Universität Lüneburg. Kontakt: dubielzig@uni.leuphana.de, www.leuphana.de/csm