„Ein Unternehmen muss zuerst Gewinne machen, bevor es sich in der Gesellschaft engagieren kann“ – so hört man es in vielen Diskussionen um die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen und die Rolle, die sie in unserer Gesellschaft einnehmen.
In einer Welt, in der Unternehmen ein vom Rest der Welt abgekoppelter Kosmos sind, kommt man schnell auf die Idee, dass mit der Zahlung der Steuer, die Schuld an der Gesellschaft abgegolten ist. Folglich ist es auch gut, die Gewinne zu maximieren, da eine Maximierung der Unternehmenseinnahmen, eine Maximierung der Steuereinnahmen für die Gesellschaft bedeutet. In letzter Konsequenz folgt daraus die Käuflichkeit der Moral. Mit ausreichend großen „Ablasszahlungen“, etwa in Form von Spenden, könnte sich jedes Unternehmen Moral erkaufen. So weit so simpel.
Ein guter Unternehmer zu sein bedeutet aber nicht, die Gewinne um jeden Preis zu maximieren – auch nicht mit dem Ziel, der Gesellschaft ein Stück vom Gewinn abzutreten –, sondern die Gewinne auf eine moralische Weise einzufahren. Unternehmen sind bereits während ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit Teil der Gesellschaft und nicht erst dann, wenn es darum geht, die Gewinne zu verteilen. Finanzielle Wohltaten können damit bestenfalls ein Mosaikstein der gesellschaftlichen Verantwortung eines Unternehmens sein.
Es ist nahezu schizophren, von den Mitarbeitern zu verlangen, dass sie während der Arbeitszeit als Gewinnmaximierer agieren und nach Feierabend, nicht nur ihre Kinder nach moralischen Werten erziehen, sondern auch entsprechend moralischer Maßstäbe mit ihren eigenen Mitteln wirtschaften. Vielmehr sind wir vieles zugleich: Konsument, Angestellter und mündiger Bürger. Wir alle handeln in diesen verschiednen Sphären und sind deshalb der Grund dafür, dass die Unternehmenswelt nicht als vollständig losgelöst vom Rest der Gesellschaft gedacht werden kann.
Personen, in ihrer Rolle als Unternehmer oder Führungskraft müssen lernen, dass Mitarbeiter bereits mit einem Wertesystem aus der „privaten“ Welt „ausgestattet“ sind, das es auch im beruflichen Alltag zu nutzen gilt. Personen, in ihrer Rolle als Konsument müssen sich bewusst werden, dass sie auch Teil eines Wirtschaftssystems sind, indem sie durch ihren Konsum nicht nur bestimmte Produkte, sondern auch die Art des Wirtschaftens eines bestimmten Unternehmens nachfragen. Wirtschaft in Abhängigkeit von Gesellschaft und Gesellschaft in Abhängigkeit von Wirtschaft zu sehen – das unterscheidet die Wirtschaftsethik von der Philantropie.
Dieser Artikel ist im Infobrief des Institut Unternehmensführung Nr. 4/2007 erschienen.