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1. Deutscher Verbrauchertag: „Es geht darum, die Kraft des Marktes zugunsten der Nachhaltigkeit zu mobilisieren“

Wirtschaftsethik ohne Transparenz ist wie – ist wie Hersteller ohne Verbraucher. Zu einem funktionierenden Markt gehören trivialerweise mindestens zwei: Der Anbieter und der Nachfrager, der Hersteller und der Verbraucher. Ebenso eng verzahnt sind Wirtschaftsethik und Transparenz. Das eine ist ohne das andere nicht denkbar. Die Verbraucherschutzorganisation Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) richtete gestern den 1. Deutscher Verbrauchertag aus – und machte Nachhaltigkeit und Transparenz zum Thema. In der Presseerklärung des VZBVs heißt es:

„09.07.2007 – Mit einem Appell an die Unternehmen, nachhaltiges Wirtschaften zur Chefsache zu machen, eröffnete Bundespräsident Horst Köhler heute in Berlin den vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) veranstalteten 1. Deutschen Verbrauchertag. „Geben Sie Ihren Kunden die Möglichkeit, sich für umweltschonende, fair gehandelte, tierfreundlich hergestellte Produkte zu entscheiden – es wird sich lohnen“, wandte er sich an die Unternehmer. Zugleich forderte er die Politik auf, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass der Verbraucher verlässliche Informationen erhält, um Unternehmen belohnen zu können, die gute Dinge unter Einhaltung hoher Umwelt- und Sozialstandards produzieren. „Es geht darum, die Kraft des Marktes zugunsten der Nachhaltigkeit zu mobilisieren“, sagte Köhler.

Der Bundespräsident ermahnte Politik, Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen, das Zuschieben der Verantwortung und das Abwarten zu beenden. „Ich werde aktiv – schließ‘ Du Dich an!“, müsse die Devise sein. Er appellierte an die Macht jedes Einzelnen, mit der richtigen Konsumentscheidung nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch die Gegenwart und Zukunft unserer ‘Einen Welt‘ zu gestalten.

Bundespräsident: Qualität wird sich durchsetzen

„Ich bin sicher: Qualität wird sich durchsetzen, auch gegenüber Billiganbietern aus aller Welt“, sagte Köhler vor rund 500 Zuhörern aus Politik, Wirtschaft und Verbraucherschutz. Um dies zu erreichen, forderte er transparente Informationen, die das „zweite, unsichtbare Preisschild“ eines Produktes sichtbar machen: „Den meisten Produkten ist es nicht auf Anhieb anzusehen, wo und wie sie hergestellt wurden.“ Dadurch stünden die Konsumenten ratlos vor dem Supermarktregal. Zudem rief der Bundespräsident zu mehr Engagement in der Verbraucherbildung auf. Bildung zu Hause, im Kindergarten und in der Schule müsse sicherstellen, dass „aus jungen Kunden mündige Verbraucher werden.“

Der Bundespräsident dankte dem vzbv, den Verbraucherzentralen und der Stiftung Warentest, die „dem mündigen Verbraucher helfen, durch den Dschungel der Angebote zu finden“. Prof. Dr. Edda Müller, die Ende Juli als vzbv-Vorstand ausscheidet, lobte er für ihren Beitrag für eine moderne Verbraucherpolitik. Deren Aufgabe solle es sein, die Ursachen und Folgen der Konsumgewohnheiten gleichberechtigt neben den Schutzbedürfnissen der Verbraucher zu thematisieren.

Edda Müller: Wer nicht mitmacht, wird auf der Strecke bleiben

Edda Müller forderte ihrerseits eine Neubewertung der Verbraucherpolitik, die sich neben ihrer Schutzaufgabe als „Wirtschaftspolitik von der Nachfrageseite“ begreifen muss. Sie warnte davor, dass deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb auf der Strecke blieben, wenn es nicht gelingen würde, den Verbraucher als verantwortlichen Wirtschaftsakteur ins Spiel zu bringen. „Wer sagt, unter welchen sozialen und ökologischen Arbeits- und Produktionsbedingungen eine Ware hergestellt wurde, wird von den Verbrauchern belohnt werden“, sagte Müller.

Die scheidende vzbv-Chefin freute sich über die Unterstützung des Bundespräsidenten. Auch sie nannte in ihrer Rede verbindliche Informationen über die sozialen und ökologischen Qualitäten von Gütern („Kaufwert des Unsichtbaren“) und mehr Bildung als zentrale Vorrausetzung für ein nachhaltiges Konsumverhalten. „Der verantwortlich handelnde Konsument fällt nicht vom Himmel“, sagte Müller. Der mündige Verbraucher, dem viele gerne die Verantwortung für Fehlentwicklungen am Markt anlasten würden, sei derzeit angesichts der Informations- und Bildungsdefizite eine Fiktion. Demgegenüber stünde die zunehmende Bereitschaft der deutschen Verbraucher, ihre Kaufentscheidungen auch an ethischen und moralischen Wertevorstellungen auszurichten.

Um diese Nachfragemacht zu bedienen, forderte Edda Müller von Wirtschaft und Politik eine systematische Strategie, die sozial und ökologisch verantwortliches Verhalten zu einem positiven Wettbewerbsfaktor macht. „Der erbitterte Widerstand maßgeblicher Wirtschaftskreise gegen Pläne zur Verbesserung der Transparenz der Herstellungsqualität ist ein Armutszeugnis“, sagte Müller. Als aktuelle Beispiele nannte sie das Verbraucherinformationsgesetz und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb.

Der 1. Deutsche Verbrauchertag

Der „1. Deutsche Verbrauchertag“ steht unter dem Motto „Verbrauchermacht und Verantwortung“. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) will den Deutschen Verbrauchertag analog zu anderen Fachforen, wie etwa dem Deutschen Juristentag, dem Deutschen Baurechtstag oder dem Mietertag, als feste Einrichtung etablieren.

Anders als beim Europäischen oder dem Weltverbrauchertag geht es weniger darum, die allgemeine Öffentlichkeit zu mobilisieren. Der Deutsche Verbrauchertag soll ein Fachforum sein, bei dem aktuelle Themen der Verbraucherpolitik, auch Rechtsfragen, erörtert werden. Der 1. Deutsche Verbrauchertag am 9. Juli 2007 versteht sich als zentrales Forum, das über die Grundlagen einer nachhaltigen Wirtschafts- und Verbraucherpolitik diskutiert und informiert. Vorgestellt werden eine Reihe von Aktivitäten und Projekte der vzbv-Mitgliedsorganisationen zum nachhaltigen Konsum.

Zentrale Kommunikationsplattform ist die Website:
www.verbrauchertag.de.“


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