Seit bald einem Jahr ist das umstrittene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft und nicht nur Juristen sollten wissen, was alles durch das neue Gesetz geregelt wird, meint der Kölner Rechtsanwalt Jens-Walter Lüpkes in einem Beitrag* für die neue Ausgabe der Zeitschrift Christ & Wirtschaft. Fallstricke gebe es viele und wer sich nicht frühzeitig auf das neue Recht einstelle, dem drohten imageschädigende Verfahren und teure Entschädigungsverpflichtungen. Besonders für christliche Unternehmer stelle sich die Frage, ob eine bevorzugte Einstellung von Christen seit dem AGG noch zulässig sei.
Die Antwort ist eindeutig: Eine Bevorzugung von Christen innerhalb eines Bewerbungsverfahrens bzw. die damit einhergehende Benachteiligung anderer Bewerber aufgrund ihrer Religion oder Weltanschauung würde einen klaren Verstoß gegen § 7 AGG darstellen. Wenn also ein Unternehmer in einem Stellenangebot einen wiedergeborenen Christen als Mitarbeiter für sein Unternehmen sucht, verstößt er gegen das AGG und kann nur hoffen, dass sich kein anders- oder nichtgläubiger Bewerber bei ihm meldet und nach einer Ablehnung fristgerecht Klage erhebt, schreibt Lüpkes.
Ausnahme: Kirchenklausel
Differenzierter zu beurteilen sei demgegenüber der Fall, wenn der Arbeitgeber die Kirche oder zumindest eine konfessionell gebundene Einrichtung ist. Diese profitierten von der Kirchenklausel des § 9 AGG, wonach eine Ungleichbehandlung wegen Religion und Weltanschauung im Einzelfall gerechtfertigt sein könne.
Hierbei sei aber zwischen zwei Personengruppen zu unterscheiden: Durch die Kirchenklausel würden nur die Personen privilegiert, die sich unmittelbar der Pflege des Glaubens widmeten (Pfarrer, Diakone, Ordensleute) sowie Arbeitnehmer, deren erbrachte Leistung unmittelbar mit dem Glauben zusammenhinge. Beispiele seien Pflegekräfte in konfessionellen Krankenhäusern, Lehrpersonal in konfessionellen Schulen oder auch Mitarbeiter karitativer Organisationen wie Diakonie oder Caritas. Eine Stellenanzeige: Evangelische/r Arzt/Ärztin gesucht sei mithin gerechtfertigt und damit AGG-kompatibel.
Anders sehe es hingegen bei der Vergabe von Arbeitsplätzen aus, bei der die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionszugehörigkeit keine wesentliche und unabdingbare Voraussetzung darstelle (wie z. B. bei Fahrern, Reinigungspersonal oder Mitarbeitern mit reinen Verwaltungsaufgaben). Eine Stellenausschreibung mit der Formulierung Gläubige/r Pförtner/in gesucht oder ein späteres Abstellen bei der Personalauswahl auf das Glaubensbekenntnis eines Bewerbers sei folglich nicht über die Kirchenklausel gerechtfertigt und könnte Entschädigungsansprüche auslösen.
Auswahl des passenden Bewerbers dennoch möglich
Das bedeute jedoch nicht, dass Arbeitgeber bei der Einstellung neuen Personals völlig determiniert seien, stellt Lübkes klar. Vielmehr wird man bei Ausschreibungen und Bewerbungsgesprächen sich in Zukunft an die neuen Vorgaben halten müssen und seine Fragen strikt AGG-fest zu stellen haben. Wenn der Bewerber dann von sich aus weitere persönliche Angaben macht etwa zu seinem Alter, zu seiner Herkunft oder auch zu seinem Glauben, dann ist dies unproblematisch, solange nicht die interne Dokumentation zeigt, dass gerade hierauf bei der Zu- bzw. Absage abgestellt wurde. So sei man als Unternehmer auch künftig nicht daran gehindert, aus der Menge der Kandidaten den für das Unternehmen am besten Passenden herauszufiltern, meint Lübkes weiter. Nur müsse man dabei genau aufpassen, was man sage und frage. Außerdem sei man gezwungen, seine interne Dokumentation sorgfältig zu führen. Faktisch bedeute das einen erheblichen Mehraufwand gegenüber der bisherigen Praxis. (29.06.2007)
*Jens-Walter Lüpkes, Vorsicht Falle(n) Das neue Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), Christ & Wirtschaft 3/2007