Berlin (csr-news) > Das Bundeskabinett hat den von Bundesjustizminister Heiko Maas vorgelegten Gesetzentwurf zur Umsetzung der sogenannten CSR-Richtlinie beschlossen. Damit ist der Weg für das weitere Gesetzgebungsverfahren frei. Nach dem Gesetzentwurf müssen bestimmte große, insbesondere am Kapitalmarkt tätige Unternehmen, in ihren Lageberichten künftig verstärkt auch nichtfinanzielle Themen darstellen, vor allem Angaben über Arbeitnehmer-, Sozial- und Umweltbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Korruptionsbekämpfung.
Auf die deutsche Wirtschaft kommen demnach einmalige Kosten in Höhe von rund 35 Millionen Euro zu und jährliche Aufwendungen von knapp 11 Millionen Euro. Betroffen sind kapitalmarktorientierte Unternehmen und haftungsbeschränkte Personengesellschaften sowie große Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen, die mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen. Die Berichterstattung muss mindestens Angaben zu Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelangen, zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung enthalten. Zudem sind insbesondere auch Angaben zu den Konzepten erforderlich, welche die Unternehmen in Bezug auf diese Belange verfolgen. Dabei hat die Berichterstattung auf Konzernebene Vorrang. Der Gesetzentwurf räumt den Unternehmen das Wahlrecht ein, ihre nichtfinanziellen Informationen im Lagebericht zu veröffentlichen. Rund 548 Unternehmen seien in Deutschland von den neuen Berichtspflichten betroffen, heißt es im Entwurf.
„Unternehmen werden heute nicht mehr nur nach ihren Finanzdaten bewertet. Investoren, Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher verlangen zu Recht mehr und bessere Informationen. Dazu zählen Arbeitnehmer-, Sozial- und Umweltbelange genauso wie die Achtung der Menschenrechte oder Konzepte zur Korruptionsbekämpfung“, so Bundesjustizminister Heiko Maas. „Wir wollen die Transparenz im Bereich der unternehmerischen Verantwortung weiter stärken. Große Unternehmen sollen daher verpflichtet werden, auch über wesentliche nichtfinanzielle Belange zu berichten.“ Die Neuregelungen sollen erstmals für im Jahr 2017 beginnende Geschäftsjahre der Unternehmen wirksam werden.
In einer ersten Stellungnahme sprach die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker von klaren, maßvollen und europaweit einheitlichen Vorgaben für die nichtfinanzielle Berichterstattung großer Unternehmen. „Die neuen gesetzlichen Vorgaben schaffen einen verlässlichen Rahmen für die Berichterstattung über solche Aspekte im Rahmen des Jahresabschlusses. Dadurch wird die Vergleichbarkeit der Informationen verbessert und das Vertrauen des Geschäftsverkehrs und von Verbrauchern gestärkt. Zudem werden Anreize geschaffen, nichtfinanziellen Belangen und damit verbundenen Risiken, Konzepten und Prozessen stärkeres Gewicht in der Unternehmensführung beizumessen“, so Winkelmeier-Becker. Renate Künast, Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz sprach dagegen von einer vertanen Chance. „Die Bundesregierung setzt die EU-Richtlinie nur halbherzig um. Wieder einmal ist eine Chance verpasst, deutsche Unternehmen beim Thema „Nachhaltigkeit“ zum Vorreiter zu machen“, so Künast. „Nachhaltigkeitsberichte sind ihr Papier nur Wert, wenn sie aussagekräftig und vergleichbar sind. Das ist in dieser Regierungsvorlage nicht der Fall. Der Maas-Entwurf ist mehr Schein als Sein.“ Kritik kam auch direkt von NGOs, Verbraucherschützern und Gewerkschaften. In einer gemeinsamen Erklärung sprachen Germanwatch, Amnesty International, WWF, DGB, Gemeinwohl Ökonomie, Oxfam, Verbraucherzentrale Bundesverband von einer halbherzigen Umsetzung. „Zahlreiche Unternehmen dürfen weiterhin schweigen, wenn es um ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit geht. Zumindest wenn der heute vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzesentwurf, mit dem die EU-Richtlinie zur verpflichtenden Offenlegung von sozialen und ökologischen Aspekten umgesetzt werden soll, tatsächlich Gesetz wird.“