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Wirtschaft macht Wohnen – die Renaissance der Werkswohnung

Arbeitsplätze sind vorhanden, was fehlt ist der notwendige Wohnraum. Eine Situation wie man sie bereits im 19. Jahrhundert vorfand. Damals entschieden sich Unternehmer die Wohnungen selber zu bauen – noch heute sind die daraus entstanden Werkssiedlungen in zahlreichen deutschen Städten ein beliebter Wohnraum. Jetzt macht die Wohnungswirtschaft mobil und ruft das Comeback der Werkswohnungen aus.

Berlin (csr-news) > Arbeitsplätze sind vorhanden, was fehlt ist der notwendige Wohnraum. Eine Situation wie man sie bereits im 19. Jahrhundert vorfand. Damals entschieden sich Unternehmer die Wohnungen selber zu bauen – noch heute sind die daraus entstanden Werkssiedlungen in zahlreichen deutschen Städten ein beliebter Wohnraum. Jetzt macht die Wohnungswirtschaft mobil und ruft das Comeback der Werkswohnungen aus.

In den späten 1970er Jahren fand der Werkswohnungsbau in Deutschland seinen Höhepunkt. Rund 450.000 Werkswohnungen befanden sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Markt, ein großer Teil davon von staatlichen Unternehmen wie der Post oder der Bahn. „Diese alten Werkswohnungen gibt es heute allerdings so gut wie gar nicht mehr. Sie wurden in den letzten Jahrzehnten verkauft – und zwar vielfach an heute börsenorientierte Wohnungsunternehmen“, erläutert RegioKontext-Studienleiter Arnt von Bodelschwingh. Er hat das Comeback der Werkswohnungen in der aktuellen Studie „Wirtschaft macht Wohnen“ untersucht. „In den kommenden Jahren müssten bundesweit 400.000 Wohnungen neu gebaut werden – pro Jahr. Davon mindestens 60.000 Wohnungen für Haushalte mit mittleren und 80.000 Wohnungen für Haushalte mit unteren Einkommen. Ein Revival des Mitarbeiter- Wohnungsbaus könne dies unterstützen“, so sein Fazit.

Ein neuer Trend entsteht

Von Bodelschwingh sieht im Bau von Mitarbeiter-Wohnungen eine Chance für angespannte Wohnungsmärkte. „Gerade in Großstädten und prosperierenden Ballungsräumen, in denen bezahlbare Wohnungen zur Mangelware geworden sind, können Arbeitgeber punkten, wenn sie auf Wohnungsbau setzen“. Die Studie rechnet vor, dass bei Mitarbeiter-Wohnungen bezahlbare Mieten machbar sind. Insbesondere dann, wenn Unternehmen eigenen Baugrund nutzten und der Staat spezifische Rahmenbedingungen für den Mitarbeiter-Wohnungsbau schaffe.

Tatsächlich gehen die ersten Unternehmen diesen Weg und bieten nicht nur einen Arbeitsplatz, sondern auch die passende Wohnung dazu an. „Hier entwickelt sich ein neuer Trend. Die Wirtschaft reagiert auf die Wohnungskrise und setzt auf mehr Unternehmensattraktivität durch Wohnungsbau“, so von Bodelschwingh. Für die Untersuchung hat er die „Pioniere unter den Arbeitsgebern“ befragt. Das Spektrum reichte vom Handwerksbetrieb bis zum Großkonzern – der Bedarf ist unabhängig von der Unternehmensgröße. Gleichwohl räumt von Bodelschwingh ein, dass ein massiver Einstieg in den Neubau von Wohnungen durch die Wirtschaft nicht zu erwarten sei. Er führt dafür mehrere Gründe an, etwa, dass Werkswohnungen nicht mehr günstiger an Betriebsangehörige vermietet werden dürfen, oder die Wohnung als geldwerter Vorteil zu betrachten sei. Dennoch erlebt das Thema Mitarbeiterwohnung eine Renaissance, „nicht als flächenhaftes Phänomen, sondern unter vielfältigen und oft sehr unterschiedlichen Konstellationen und Rahmenbedingungen“, wie es in der Studie heißt. „Denn was lange als Selbstverständlichkeit angesehen wurde, nämlich die Sicherheit des Wohnens für Beschäftigte, ist in einigen Regionen für die Unternehmen zu einem relevanten Standortfaktor geworden“.

Rahmenbedingungen anpassen

Die Ergebnisse der Studie nehmen der Deutsche Mieterbund (DMB) und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) zum Anlass für einen Arbeitgeber-Appell. Gemeinsam mit Verbänden der Bau- und Immobilienbranche fordern sie einen „Bau-Neustart von Mitarbeiter-Wohnungen“. Hinter dieser Forderung stehen neben dem Deutschen Mieterbund und zahlreiche weitere Verbände und Organisationen der Bau- und Wohnungswirtschaft. Um die Wirtschaft, und dabei sprechen sie explizit auch kommunale Betriebe an, als Heilsbringer der angespannten Wohnungsmärkte zu gewinnen, braucht es allerdings die passenden Rahmenbedingungen, wie die Initiatoren einräumen. Dazu gehöre, dass Arbeitgeber die Möglichkeit hätten, ihren Mitarbeitern Wohnungen verbilligt zu überlassen – ohne dabei für den geldwerten Vorteil Steuern und Sozialabgaben zahlen zu müssen. Zudem sei es notwendig, Hürden im Baurecht zu beseitigen, wenn Unternehmen auf eigenen Grundstücken Mitarbeiter-Wohnungen bauen wollten. Darüber hinaus müssten Arbeitgeber von der Förderung für den sozialen Wohnungsbau profitieren können. Auch eine Sonder- Abschreibung für Wohnungen mit Sozialbindung würde sich effektiv auf den Bau von Mitarbeiter-Wohnungen auswirken.

Die Studie, so Arnt von Bodelschwingh, macht deutlich, dass der Staat hier eine aufkommende Initiative der Wirtschaft relativ rasch und wirkungsvoll für seine wohnungsbaupolitischen Aufgaben nutzen könne. Und die Praxis zeige: „Anders als bei den traditionellen Werkswohnungen setzen die ersten Arbeitgeber, die sich heute wieder auf das für sie in der Regel unbekannte Terrain des Mitarbeiter-Wohnungsbaus wagen, häufig auf die Kooperation mit externen Partnern der Bau- und Immobilienbranche. Sie wollen so den Aufwand und vor allem auch das Risiko kalkulierbar halten“.

 

 


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