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Medien in der Grauzone: der PR-Wissenschaftler Prof. Lars Rademacher im Interview

Nicht immer trennen Medien ihre redaktionellen von bezahlten Texten. Die Diskussion darüber ist – nicht nur Journalismus-intern – neu entflammt. CSR NEWS bat Journalisten, PR-Experten und Wissenschaftler um ihr Statement. Hier die Einschätzung von Prof. Lars Rademacher, der PR und Kommunikationsmanagement am Campus München der Hochschule Macromedia lehrt.

München (csr-news) – Nicht immer trennen Medien ihre redaktionellen von bezahlten Texten. Die Diskussion darüber ist – nicht nur Journalismus-intern – neu entflammt. CSR NEWS bat Journalisten, PR-Experten und Wissenschaftler um ihr Statement. Hier die Einschätzung von Prof. Lars Rademacher, der PR und Kommunikationsmanagement am Campus München der Hochschule Macromedia lehrt.

CSR NEWS: Wo werden journalistische und werbliche Inhalte vermischt?

Prof. Dr. Lars Rademacher: Vor allem in den Onlineausgaben von Tageszeitungen; speziell in den so genannten Serviceteilen oder Beilagenressorts. Auch Newsportale verfahren hier oft sehr lax. Quellentreue ist aber ein sehr viel grundsätzlicheres Problem. Auch im Radio oder im TV werden die Quellen der Berichterstattung eigentlich nicht oder nur selten genannt. Das gilt auch für Nachrichtenagenturen. Insgesamt scheint das klassische redaktionelle Trennungsgebot zwischen Redaktion und Werbung sehr in Gefahr geraten.

Welche Verantwortung tragen Unternehmen und ihre Kommunikatoren, um eine solche Vermischung zu verhindern?

Die meisten Unternehmen sehen eine solche Verantwortung gar nicht. Denn sie war bisher nicht Bestandteil des Spiels. Die Spielanleitung war hingegen: die PR-Leute der Unternehmen versuchen, “wünschenswerte Wirklichkeiten” (Klaus Merten) zu erzeugen, sprich: ihre Sicht der Dinge in die Medien zu tragen. Und der gut ausgebildete und versierte Gatekeeper versucht das zu verhindern. Was aber, wenn der jetzt zunehmend wegfällt? Dann braucht es ein eigenes Ethos der Unternehmenskommunikation, das zwar in der Theorie existiert (www.kommunikationskodex.de), in der Praxis aber nur wenig Anwendung erfährt.

Wie lassen sich werbliche Inhalte über Medien zielgenau kommunizieren – ohne die Unabhängigkeit von Redaktionen zu gefährden?

Das ist etwas kryptisch. Ich würde aber sagen: die Quellen und der Auftraggeber einer Kommunikation müssen transparent gemacht werden. Wenn das klar ist, wird auch die Integrität des Mediums und der Redaktionen gewahrt.

Was denken Sie über das Thema „Content Marketing“, bei dem potentielle Kunden über hochwertige Inhalte interessiert werden sollen?

Das es nur ein neuer Begriff für das ist, was Produktkommunikation auf Seiten der PR schon immer gemacht hat. In vielen Fällen rückt das Produkt selbst an den Rand der werblichen Kommunikation, was im Mittelpunkt steht, ist der Verwendungskontext bzw. die veränderte Lebensqualität etc., die sich aus der Nutzung/Verwendung des Produktes ergibt. Das sieht man sehr schön in der Vodafone-Werbung, wo der Opa per Mobiltelefon quasi immer mitgenommen wird auf die Abenteuer der Enkelin. Solche Geschichten, aber auch nutzwertige Verbraucherinformation, wie sie die Direktbanken, die Versicherer und viele andere seit Jahrzehnten hoch qualitativ in Redaktionen liefern, reüssieren jetzt unter dem Begriff Content Marketing. Allerdings will der Marketer immer noch unmittelbar verkaufen – nicht bedenkend, dass diese Art der Kommunikation in einem Kaufprozess keine unmittelbare Rolle spielt, sondern eher ein Kristallisationsinstrument i.S. Manfred Bruns darstellt: es unterstützt, es bestärkt, es schafft Grundlagen oder verfeinert eine Wahrnehmung. Es eignet sich aber bedingt zum Auslösen von Kaufimpulsen. Das macht Verkaufsförderung deutlich besser.

Kontakt: lars.rademacher@mhmk.de

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