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Studie beleuchtet Missstände im Kautschukanbau

Obwohl heute ein großer Teil des weltweit verwendeten Kautschuks synthetisch hergestellt wird, gibt es noch reichlich Anwendungsbereiche, die auf die spezifischen Vorteile natürlichen Kautschuks angewiesen sind. Doch die Produktion von Naturkautschuk ist mit zahlreichen ökologischen und sozialen Problemen verbunden. Die neue Studie „Die ‚Tränen des Baumes‘ als Wirtschaftsgut. Arbeitsbedingungen im Kautschuksektor.“ des Südwind-Instituts gibt Einblick in die Probleme, die mit denen des Palmölanbaus vergleichbar sind.

Bonn (csr-news) > Obwohl heute ein großer Teil des weltweit verwendeten Kautschuks synthetisch hergestellt wird, gibt es noch reichlich Anwendungsbereiche, die auf die spezifischen Vorteile natürlichen Kautschuks angewiesen sind. Doch die Produktion von Naturkautschuk ist mit zahlreichen ökologischen und sozialen Problemen verbunden. Die neue Studie „Die ‚Tränen des Baumes‘ als Wirtschaftsgut. Arbeitsbedingungen im Kautschuksektor.“ des Südwind-Instituts gibt Einblick in die Probleme, die mit denen des Palmölanbaus vergleichbar sind.

Elastizität und Belastbarkeit sind die beiden Eigenschaften, in denen Naturkautschuk seinem synthetischen Pendant überlegen ist. Und es sind genau diese Eigenschaften, die bei manchen Anwendungen unverzichtbar sind, beispielsweise im Automobil- und Flugzeugbau. So bestehen beispielsweise PKW-Reifen zu 50 Prozent, LKW-Reifen zu 80 Prozent und Flugzeugreifen sogar zu 100 Prozent aus Naturkautschuk. Der Milchsaft des Kautschukbaumes ist der bislang unentbehrliche natürliche Grundstoff für Gummi. Doch obwohl die Probleme beim Anbau von Kautschuk mit denen beim Palmöl vergleichbar sind, haben die ebenso eklatanten ökologischen und sozialen Probleme beim Kautschukanbau noch wenig gesellschaftliche Resonanz gefunden. Entsprechend hat auch die Kautschukbranche erst sehr zaghaft begonnen, sich des Themas anzunehmen. In der Südwind Studie werden diese Themen angesprochen, und die reichen von der Rodung großer Waldgebiete, Menschenrechtsverletzungen bei der Anlage von Plantagen bis hin zu miserablen Arbeitsbedingungen.

Großflächige Rodungen und Menschenrechtsverletzungen

Gut 90 Prozent des Naturkautschuks stammen heute aus Anbauregionen in Südostasien, meist aus Thailand, Indonesien oder Malaysia, kleinere Mengen kommen aus Afrika oder Lateinamerika. Um die großflächigen Kautschuk-Monokulturen anzulegen, werden – teilweise illegal – riesige Waldgebiete gerodet, mit entsprechenden Auswirkungen auf Artenvielfalt und Bodenqualität. Außerdem kommt es bei der Anlage solcher Plantagen oft zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen: Illegale Vertreibungen und Abholzung von gemeinschaftlich genutzten Wäldern, Gewalteinsatz bei der Räumung von Siedlungen und mangelnde Entschädigung für Landnahme – die Liste ist lang. „Auf den Plantagen selbst sind erzwungene Mehrarbeit und Armut aufgrund des sehr niedrigen Lohnniveaus keine Seltenheit“, meint Irene Knoke, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei SÜDWIND und Mitautorin der Studie. „Auch die kleinbäuerlichen Betriebe, die noch immer einen Großteil der Produktion bestreiten, leiden unter Preisschwankungen und den gegenwärtig sehr niedrigen Preisen“, so Knoke weiter.

Kautschuk

Quelle: Studie „Die ‚Tränen des Baumes‘ als Wirtschaftsgut. Arbeitsbedingungen im Kautschuksektor.“ des Südwind-Instituts

Weiter steigende Nachfrage

Der groß-industrielle Plantagenbau hat im Kautschukbereich vor allem in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Denn der Bedarf ist riesig und wird nach Schätzungen weiter ansteigen. Fast 12 Millionen Tonnen Naturkautschuk wurden 2013 produziert, das entspricht rund 42 Prozent des weltweiten Kautschukbedarfs. Weltweit wird der Verbrauch an Naturkautschuk bis 2022 auf mehr als 16 Millionen Tonnen weiter ansteigen. Weltweit größter Abnehmer ist momentan China, die 2013 rund 37 Prozent des weltweit angebotenen Naturkautschuks beziehen. In die EU gelangen im Vergleich geringe neun Prozent. In der EU gehört Deutschland gefolgt von Spanien, Italien und Frankreich zu den größten europäischen Kautschukverarbeitern. Hier befinden sich auch die Hauptsitze einiger weltweit marktführender Reifenhersteller bzw. eine große Autoindustrie. Denn rund 75 Prozent der europäischen Naturkautschuk-Importe werden für die Reifenherstellung benötigt.

Erste Nachhaltigkeitsinitiativen weisen den Weg

Lange Zeit blieb die Kautschukbranche von der zunehmenden Nachhaltigkeitsdebatte, wie sie in anderen Branchen geführt wurde, verschont. Doch mit zunehmendem Bewusstsein für die Probleme beim Kautschukanbau wurden auch hier entsprechende Initiativen lanciert. Beispielhaft sei hier die Nachhaltigkeitsinitiative „Sustainable Natural Rubber Initiative“ der internationalen Kautschukstudiengruppe IRSG genannt, die im Mai 2013 ihren Aktionsplan für Nachaltigen Kautschuk veröffentlichte, um die nachhaltige Bewirtschaftung voranzutreiben. Doch bei der Umsetzung der selbst auferlegten Nachhaltigkeitsanforderungen steht die Branche noch am Anfang. Bislang haben erst einige Unternehmen entsprechende Leitlinien für ihre Lieferkette erarbeitet, die beispielsweise die Einhaltung sozialer und arbeitsrechtlicher Standards von ihren Lieferanten einfordern. „Die eingeleiteten Initiativen – sowohl auf Branchen als auch auf Unternehmensebene – sind vergleichsweise jung, aber ein erster wichtiger Schritt. Sie zeigen, dass das Bewusstsein, bzw. der Druck seitens der Autohersteller hin zu mehr Transparenz und Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette gestiegen ist“, so das Fazit in der Studie. Doch es bleibt Einiges zu tun: Insbesondere da, wo nationale Regierungen und deren Institutionen ihren Schutzpflichten nicht nachkommen, müssen die Unternehmen endlich selbst Verantwortung in ihrer Lieferkette übernehmen.

Die Studie „Die ‚Tränen des Baumes‘ als Wirtschaftsgut. Arbeitsbedingungen im Kautschuksektor.“ des Südwind-Instituts zum Download.


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