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Konfliktrohstoffe

Autor des Beitrags: Carsten DietscheUmweltbetriebsprüfer, Ersteller und Prüfer von MDB in der Automobil- und Schiffbau-Industrie, Dozent für Konfliktmineralien-Managements


Konfliktressourcen kommen natürlich vor. Im Rahmen eines Konfliktes können die systematische Ausbeutung und der Handel zu schwersten Verletzungen der Menschenrechte, des humanitären Völkerrechts oder zu völkerstrafrechtlichen Tatbeständen führen (Bonn International Center for Conversion).

1. Begriff

Das US-amerikanische Bundesgesetz „Dodd-Frank Act“ (Dodd-Frank Gesetz / DFG) definiert Koltan (Mineralgruppe Columbit-Tantalit), Kassiterit (Zinnstein), goldhaltiges Gestein sowie Wolframit (Mineralien: Ferberit, Hübnerit) als Konfliktrohstoffe (Conflict Minerals). Der Verordnungsentwurf der EU-Kommission 2014/0059 (COD) nennt wie das DFG zinn-, tantal-, wolfram- oder goldhaltige Metalle. Einige NGO fordern bisher erfolglos eine entsprechende Einordnung von Kupfer.

2. Berichtspflichtige Unternehmen

Nach dem DFG berichtspflichtig sind Unternehmen, die wesentliche Produkteigenschaften durch Konfliktrohstoffe bestimmen oder diese z.B. in Maschinen, Schmier- und Hilfsstoffen zur Produktion verwenden. Eigene Einstufungen sollten Unternehmen auditsicher dokumentieren.

3. Konfliktfrei: ja oder nein?

„Nicht konfliktfrei“ nennt das DFG alle Konfliktrohstoffe aus unzertifizierten Bergwerken der Demokratische Republik Kongo (DRC) und den umliegenden Ländern. Konfliktrohstoffe finanzieren Bürgerkriege und bewirken Kinderarbeit, Mord, Raub, Vergewaltigung. Der COD kennt demgegenüber keine regionale Beschränkung auf die DRC.

4. Abgeleitete Reinstoffe

Die Automobilindustrie definiert in ihrer Werkstoffdatenbank 235 mögliche Stoffe und Verbindungen (Stand 2014-Jun-21). Zu diesen sollten Unternehmen aller Industrien nachforschen, ob sie diese in ihren Produkten verwenden. Diese werden als potenziell „nicht konfliktfrei“ definiert, solange keine Angaben zur Herkunft der Mineralien vorliegen.

5. Ziele: (Selbst-)Zertifizierung statt Handelsembargo

Die USA bieten zertifizierten, „konfliktfreien“ Bergwerken in der DRC eine Lebensgrundlage. Hier gibt es z.B. bereits regionale, afrikanische Initiativen (z.B. Solutions for Hope, Conflict Free Tin Initiative) oder CFS-Zertifizierungen nach EICC-GeSI-Industriestandard (siehe 8.). Die Nachverfolgbarkeit der Aussage „konfliktfrei ja/nein“ müssen weltweit Schmelzhütten, Importeure sowie produzierende Industrien und ihren Zulieferern (siehe 6.) selbst sicherstellen durch Belege aus der Lieferkette. Der COD fordert eine Eigenerklärung von Industrie-Unternehmen, sie seien „konfliktfrei“, oder ein Zertifikat darüber, das Dritte im Rahmen eines Audits ausstellen.

6. Berichtspflichten und Termine

Jährlich melden US-börsennotierte Unternehmen der Börsenaufsicht SEC bis Ende Mai rückwirkend für ein Jahr, ob sie „konflikfrei“ seien – d.h. die verwendeten Mineralien könnten zwar aus den entsprechenden Staaten kommen, finanzieren oder begünstigen dort aber keine bewaffneten Konflikte – oder nicht.
– Unternehmen mit Sitz in der EU berichten zukünftig den nationalen Behörden bis zum 31. März, ob sie „konfliktfreie“ Mineralien aus Krisengebieten beziehen. Es gibt für diese Unternehmen ferner die Möglichkeit der freiwilligen Selbstzertifizierung, dass sie „konfliktfrei“ seien.

7. Mitwirkungspflicht, Nachverfolgbarkeit

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) entwickelte 2011 im Labor regionale „Herkunftsnachweise“ für bestimmte Tantal-, Zinn- und Wolframerze aus Zentralafrika, mit Schwerpunkt Coltan. Die Herkunft gelingt über bestimmte geologische „Fingerabdrücke“. Ohne die Mitwirkung der Lieferkette gibt es jedoch kaum wirtschaftlich vertretbare Nachweise, da Laborprüfungen für den Nachweis potenzieller Konfliktmineralien gerade für komplexe Produkte wie z.B. Elektronik sehr teuer sind (ableitbar z.B. aus Preislisten von SGS, VDE-Prüfinstitut Offenbach, BGR). Jede Unterbaugruppe müsste einzeln analysiert werden (siehe VDA Politikbrief 02/2013).

Das Vorgehen ist wie bei jeder anderen Fragestellung der Stoffpolitik: Aus Kostengründen können Firmen z.B. Werkstoffdaten aus der Lieferkette gegen Aussagen der Lieferanten zur eigenen potenziellen Betroffenheit prüfen. Dabei legen sogenannte „Materialdatenblätter“ (MDB) die chemische Zusammensetzung von Bauteilen und Unterbaugruppen offen. Somit lassen sich in komplexen Produkten wenige Risiko-Bauteile identifizieren, die man kostensparend untersuchen kann.

8. Fragebögen: EICC/GeSI als Standard

Die privatwirtschaftlichen Initiativen der Elektronikindustrie

haben Fragebögen für Lieferanten entwickelt, die auch gern in anderen Industrien genutzt werden. Sie fragen nach dem Vorhandensein potenzieller Konfliktmineralien und deren Herkunft. Diese Bögen sollte man selbst bei einer Selbsteinschätzung sammeln, dass man nicht betroffen sei. Mit MDB (in den Formaten IMDS, CDX, iPoint, BOM Check, IPC 1752, ZVEI Umbrella Spec u.a.) können Firmen das Risiko bestimmen, ob die Lieferantenauskünfte aus den Fragebögen zutreffen oder nicht, so Ford.

9. Links


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