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Gänsemast: WWF kritisiert – Züchter fordern Kennzeichnung

November und Dezember sind die beiden Monate, in denen in Deutschland das meiste Gänsefleisch verkauft wird. Rund 90 Prozent der jährlich verkauften Menge geht dann über die Ladentheken. Doch nur ein Bruchteil davon stammt aus Deutschland. Rund 580.000 Gänse wurden 2013 in Deutschland geschlachtet, der überwiegende Rest, etwa 80 Prozent des Gesamtbedarfs kommt aus Polen und Ungarn.

Berlin (csr-news) > November und Dezember sind die beiden Monate, in denen in Deutschland das meiste Gänsefleisch verkauft wird. Rund 90 Prozent der jährlich verkauften Menge geht dann über die Ladentheken. Doch nur ein Bruchteil davon stammt aus Deutschland. Rund 580.000 Gänse wurden 2013 in Deutschland geschlachtet, der überwiegende Rest, etwa 80 Prozent des Gesamtbedarfs kommt aus Polen und Ungarn. „Wer nicht will, dass die Gänsekeule auf Kosten von wertvollen Wäldern in Südamerika geht und die Vögel zugleich tiergerecht gehalten wurden, der muss zur Bio-Ware greifen“, empfiehlt Markus Wolter, Experte für Tierhaltung und Landwirtschaft beim WWF Deutschland. Vor allem die Gänse-Mast im benachbarten Ausland sieht der WWF-Experte kritisch. „Dort werden die Tiere meist in großen Mastanlagen und ohne Auslauf gehalten. Das erfüllt nicht einmal die grundlegenden Bedürfnisse der Gänse“, so Wolter. Zudem wird neben den Mastgänsen hier auch das Endprodukt der Stopfleber-Industrie angeboten, für das die Tiere in kleinen Käfigen gehalten werden, wo sie nicht einmal aufrecht stehen können.

Deutsche Gänse genießen hingegen auch in konventionellen Betrieben meist Freilandhaltung. Ökologisch kritisch ist allerdings, dass die Tiere häufig gentechnisch verändertes, nicht nachhaltig produziertes Soja als Futtermittel erhalten. Gänse aus konventioneller Haltung werden nach gerade einmal acht bis zehn Wochen geschlachtet. Eine derart schnelle Mast ist nur durch die Gabe von Sojaschrot, das zudem meist gentechnisch verändert wurde, möglich. „Gänsekeule oder -braten sind etwas Besonderes und kommen häufig als Festessen auf den Tisch. Gerade deshalb sollte auf hochwertiges Bio-Fleisch aus tiergerechter Haltung geachtet werden“, sagt Wolter. Gänse aus Bio-Haltungen leben laut einem WWF-Vergleich mehr als doppelt so lang wie in der konventionellen Mast und haben deutlich geringere ökologische Auswirkungen.

Auch der Bundesverband Bäuerliche Gänsehaltung (BBG), organisiert im Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) hält die ausländische Gänsemast für problematisch. „Tierquälerische Praktiken wie die Stopfleberproduktion und das Lebendrupfen der Tiere zur Daunengewinnung verurteilen wir aufs Schärfste“, sagt Lorenz Eskildsen, Vorsitzender des BBG. „Gerade im Vergleich zu Nachbarländern wie Ungarn oder Frankreich, wo die Stopfleber als „Kulturgut“ gilt, nehmen die deutschen Gänsehalter seit Jahren eine Vorreiterrolle beim Tierschutz ein“. Für die Gänsehalter ist allerdings die fehlende Transparenz im Supermarkt ein Problem im Wettbewerb. „Wegen der fehlenden Kennzeichnungspflicht hat der Verbraucher keine Chance zu erkennen, ob zum Beispiel die ungarische Gänsekeule aus der in Deutschland verbotenen Stopfleberproduktion stammt“, so Eskildsen. „Wir brauchen endlich eine verpflichtende Kennzeichnung, sonst werden unsere hohen deutschen Standards komplett unterlaufen“. Der BBG sieht die Bundesregierung in der Pflicht, namentlich Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt. Dieser sei mit klar formuliertem Ziel für mehr Tierschutz angetreten. Eskildsen. „Jetzt muss er diesen Worten auch Taten folgen lassen und sich mit Nachdruck für eine Kennzeichnungspflicht auf europäischer Ebene einsetzen.“ Die Halter fühlen sich im Wettbewerb benachteiligt, weil die Importware wesentlich günstiger angeboten werden kann. Insbesondere „Nebenprodukte“ aus dem sehr rentablen Geschäft mit der Stopfleber würden zum verbraucherrelevanten Problem, wenn die Konsumenten dies nicht erkennen können. Der BBG fordert deshalb eine Pflicht zur Kennzeichnung von Gänsefleisch aus der Stopflebererzeugung. „Der Verbraucher muss sich aktiv für Tierschutz entscheiden können“, so Eskildsen. Bei der Stopfleberproduktion wird der Gans durch eine Zwangsernährung (sogenanntes „Stopfen“) mehrmals täglich eine weit überhöhte Futtermenge über Metall- oder Kunststoffrohre direkt in den Magen eingegeben. Diese Überernährung führt zu einer stark vergrößerten Leber, die als Delikatesse gehandelt wird. Das Stopfen hat eine erhebliche Überlastung des Stoffwechsels der Tiere zur Folge. Die ständige Überversorgung mit Energie führt folglich zur gesteigerten Wärmeproduktion. Diese Wärme kann von den Tieren aber nur schlecht abgeführt werden und es kommt zu Überhitzung (Hyperthermie) und einer dramatischen Kreislaufschädigung.


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