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Tierschutzbericht – Tierleid und fehlende Konzepte

Wiesbaden (csr-news) > Verbesserungen des Schutzes von Tieren in der Landwirtschaft gehört nach Auffassung von Hessen Tierschutzbeauftragter Madeleine Martin in Zukunft zu den wichtigsten Themen im Tierschutz. Und dafür gibt es genügen Ansatzpunkte, wie ihr aktueller Jahresbericht für 2013 zeigt. Martin informiert darin über ihre Arbeit im vergangenen Jahr und über ihr Engagement zur Verbesserung des Tierschutzes in verschiedenen Bereichen wie Heimtier- und landwirtschaftlicher Nutztierhaltung aber auch im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren wie der Novellierung des Tierschutzgesetzes. Reformbedarf besteht vor allem in der Landwirtschaft, weil dort allzu oft Tierleid ausschließlich aus ökonomischen Gründen billigend in Kauf genommen wird. Beispiel Milchkühe: Obwohl Hessen nicht das klassische Bundesland mit großen Milchviehbetrieben ist, so werden auch dort rund 174.000 Milchkühe gehalten. Insgesamt befinden sich etwa 631.000 Rinder in hessischen Betrieben. Mehr als 57 Prozent davon werden in ganzjähriger Anbindung gehalten. Von den Milchkühen sind es zwar nur etwa fünf Prozent, das sind aber immer noch knapp 9.000 Tiere. „Die ganzjährige Anbindehaltung ist definitiv nicht als tiergerechtes Haltungssystem zu werten und ist u. a. für biologisch wirtschaftende Betriebe mittlerweile verboten“, heißt es dazu im Bericht. Für die Tiere bedeutet die ganzjährige Anbindung meist eine vollständige Einschränkung ihrer Bewegungsfähigkeit und es erlaubt ihnen auch ansonsten keine artgerechte Lebensweise, weder in Bezug auf Grundbedürfnisse wie Körperpflege noch bezüglich ihres Erkundungs- oder Sozialverhaltens. Der Bericht ist an dieser Stelle eindeutig: „Wenn Grundverhaltenskreise wie artgerechte Bewegung gar nicht mehr ausgeübt werden können und somit Grundbedürfnisse anhaltend zurückgedrängt werden, leiden Tiere erheblich“. Die ganzjährige Anbindung entspricht also nicht mehr dem Tierschutzgesetz hat in anderen Bundesländern auch schon zu entsprechenden Gerichtsentscheidungen geführt. Dem Vorschlag der Tierschutzbeauftragten die ganzjährige Anbindehaltung mit einer Übergangsfrist vollständig zu verbieten und ein Förderprogramm zum Bau von Laufhöfen aufzulegen, hat die Landesregierung nicht entsprochen. Ein weiteres Beispiel betrifft die Tötung männlicher Küken. Pro Jahr werden in Deutschland rund 40 Millionen lebender Küken (in Hessen sind es etwa 12 Mio.) getötet, zumeist vergast und wie Abfall entsorgt oder als Tierfutter verteilt. „Diese planmäßige, ständige Tötung hat ausschließlich ökonomische Gründe“ heißt es dazu im Bericht, denn eine Mast dieser Küken wäre durchaus möglich, allerdings würde diese länger dauern und weniger Fleischfülle garantieren. Auch hier konnte sich Martin bislang nicht durchsetzen. Obwohl dieses Vorgehen eindeutig gegen das Tierschutzgesetz verstößt, nach dem ein Tier nicht ohne vernünftigen Grund getötet werden darf, und andere Bundesländer diese Praxis explizit verboten haben, hat die hessische Landesregierung bislang nicht gehandelt. Ein anderes Thema betrifft die Tierversuche, die in Hessen seit Jahren wieder zunehmen. Die Förderung der Erforschung von Alternativen wird weder auf Bundesebene noch in Hessen ausreichend vorangetrieben. Es werden schlicht nicht die notwendigen Mittel bereitgestellt. Schätzungen gehen von etwa 100 Millionen Euro pro Jahr aus, die erforderlich wären, tatsächlich werden etwa zwei Millionen bereitgestellt. Die Forschung gilt als „nicht hochrangig“. Und auch für Hessen fehlt nach wie vor ein schlüssiges Konzept sowohl zur Förderung tierversuchsfreier Forschung als auch zur Leidensminimierung von Tieren im Tierversuch. Mit Vorschlägen zur Verbesserung dieser Situation konnte sich Martin gegenüber der Landesregierung nicht durchsetzen. So enthält der Bericht der Tierschutzbeauftragten zwar auch erkennbar positive Ansätze, die Martin vor allem durch die schwarz-grüne Landesregierung sieht, gleichwohl ist der Bericht aber auch eine Zustandsbeschreibung von Tierleid in einem Bundesland. Der vollständige Bericht zum Download.

 

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