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Städteagenda – gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen

Bereits heute leben 72 Prozent der Europäer, rund 359 Millionen Menschen, in Städten oder in deren unmittelbarem Einzugsgebiet. Prognosen rechnen mit einem Anstieg auf über 80 Prozent bis zum Jahr 2050. Die Frage ist, wie sollen sich die Städte entwickeln, wie ihre zukünftige Verkehrs-, Energie- und Umweltpolitik aussehen? Schon heute sind Städte von rund zwei Drittel aller EU-Politikfelder direkt oder indirekt betroffen. Jetzt sollen die Bürger mitreden.

Brüssel (csr-news) > Bereits heute leben 72 Prozent der Europäer, rund 359 Millionen Menschen, in Städten oder in deren unmittelbarem Einzugsgebiet. Prognosen rechnen mit einem Anstieg auf über 80 Prozent bis zum Jahr 2050. Die Frage ist, wie sollen sich die Städte entwickeln, wie ihre zukünftige Verkehrs-, Energie- und Umweltpolitik aussehen? Schon heute sind Städte von rund zwei Drittel aller EU-Politikfelder direkt oder indirekt betroffen. Jetzt sollen die Bürger mitreden.

Viele Herausforderungen, mit denen sich Europa konfrontiert sieht, weisen eine deutliche städtische Dimension auf, vor allem in den Bereichen Wirtschaft, Klima, Umwelt und Gesellschaft. Themen wie Armut, soziale und räumliche Ausgrenzung aber auch Umweltschutz haben einen starken städtischen Bezug. Oftmals liegen aber auch die Lösungen im Einflussbereich von Städten, beispielsweise bei Themen wie Ressourceneffizienz, einer CO2-neutralen Wirtschaft oder der Entwicklung sozialer Innovationen. Der immer lauter werdende Ruf nach einer stärkeren Einbindung der Städte in die Gestaltung der EU-Politik und nach mehr Kohärenz bei der Handhabung städtepolitischer Herausforderungen durch die europäischen Institutionen war nun der Anlass, Bürger und Stakeholder an der Entwicklung einer Städteagenda zur Mitwirkung aufzufordern.  Eine europäische Städteagenda muss die übergeordneten Ziele der EU widerspiegeln und die Politik der Mitgliedsstaaten ergänzen, so die Absicht der Kommission. Der für die Stadtentwicklung zuständige Kommissar Johannes Hahn, hat deshalb zu einer öffentlichen Konsultation aufgerufen, an der sich alle Bürger bis zum 26. September 2014 beteiligen können. Hahn: „Von Umweltverschmutzung bis Armut, von Arbeitslosigkeit bis Energie, wir können die Herausforderungen, vor denen Europa steht, nicht meistern und seine Ziele nicht verwirklichen, wenn wir diese Fragen in unseren Städten nicht lösen. Eine EU-Städteagenda muss dem Grundsatz der Subsidiarität genügen, aber dort wo wir die EU-Politik durch eine Stärkung der städtischen Dimension verbessern können, sollten wir das tun“. Nach den Vorstellungen der Kommission könnte sich eine Städteagenda auf wichtige gesellschaftliche Herausforderungen konzentrieren. Dazu gehört beispielsweise die Reduzierung der CO2-Emissionen, der Klimaschutz, Inklusion oder der demografische Wandel. Insbesondere Themen, die für Städte eine hohe Relevanz haben, sollten ausgewählt werden. Ein anderer Gesichtspunkt würde sich auf Lösungen konzentrieren, die ein unabdingbares Engagement der Städte voraussetzen. „Die Mitgliedstaaten haben beispielsweise die Initiative des griechischen Ratsvorsitzes zur Aufnahme des Themas „Armut in der Stadt“ als besonderen Arbeitsbereich für den Beitrag der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit zur Städteagenda begrüßt“, heißt es in einer Mitteilung der EU-Kommission, die zusammen mit dem Aufruf zur öffentlichen Konsultation veröffentlicht wurde. Hahn: „Wenn wir den Städten bei der Gestaltung unserer Politik stärkere Beachtung schenken, wird die EU, davon sind wir überzeugt, wirkungsvoller auf die sich verändernden Bedürfnisse nicht nur der Stadtbevölkerung, sondern auch derjenigen, die außerhalb der Städte wohnen, aber von ihren Leistungen und Diensten abhängig sind, reagieren können“.

Zum Thema Anpassungen an den Klimawandel in Städten machen Wissenschaftler in einem Memorandum aufmerksam. Sie fordern eine enge Vernetzung der Themenfelder Klima, Ressourcen und Stadtentwicklung. Nach ihrer Einschätzung fehlt es jedoch an Forschungs- und Förderprogrammen, die derartige Planungsansätze für eine klimagerechte Stadtentwicklung unterstützen. Die Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen möchten sicherstellen, dass der Forschungs- und Umsetzungsbedarf rechtzeitig erkannt wird, damit Lösungen in der Praxis ebenso frühzeitig erprobt und umgesetzt werden können: Eine integrierte Stadt- und Infrastrukturplanung kann dabei beispielsweise Wissen und Erfahrung unterschiedlicher Fachbereiche in Städte- und Wohnungsbau vernetzen. Bislang gäbe es nur eine Konzentration auf Einzeldisziplinen. „Deutlich wird das zum Beispiel bei der Stadtsanierung, dem Denkmalschutz und der energetischen Sanierung“, sagt Wasserexperte Engelbert Schramm, Mitglied der Institutsleitung des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung. „Hier werden ökologische und soziale Ziele getrennt voneinander verfolgt, die Ergebnisse sind deshalb mitunter suboptimal für das Gesamtsystem Stadt“. Das Thema klimagerechte Stadt sei aber zentral und müsse deshalb ganzheitlich betrachtet werden. Im Memorandum zeigen die Forscher, dass Wasser eine Art Querschnittsthema sein kann, wenn es um die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten städtischer Räume geht: Ähnlich wie Niederschlagswasser kann auch gereinigtes Abwasser Grünflächen, Parks oder offene Wasserläufe speisen. Es kann auch als Bewässerung für die Nahrungsmittelproduktion durch Urban Gardening und Farming dienen oder abgesenkte Grundwasserleiter wieder künstlich anreichern. „Zusätzlich kann die Wärme aus dem Abwasser genutzt werden – zum Heizen von Gebäuden, sogar von Treibhäusern, oder zur Einspeisung ins Wärmenetz“, sagt Martina Winker, die am ISOE den Forschungsschwerpunkt Wasserinfrastrukturen und Risikoanalysen leitet. Die Unterzeichner richten sich nicht nur an die Politik, vielmehr möchten sie auch die verschiedenen Fachverbände, kommunalen Spitzenverbände und Fachgesellschaften für die Anforderungen einer klimagerechten Stadt der Zukunft sensibilisieren und sie auffordern, in einen Austausch zu treten.

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