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Mehrweg-Getränkeverpackungen – strittige Umlaufzahlen und Transportwege

Die Umlaufzahlen von Verpackungen aber auch die Transportentfernungen sind bei Bier, Wasser und Erfrischungsgetränken sehr unterschiedlich. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der Unternehmensberatung Weihenstephan, die Ende vergangenen Jahres vom Handelsverband Deutschland (HDE) veröffentlicht wurde. Die Deutsche Umwelthilfe wirft der Studie methodische Fehler vor und glaubt an die gezielte Diskreditierung von Mehrwegsystemen.

Berlin (csr-news) > Die Umlaufzahlen von Verpackungen aber auch die Transportentfernungen sind bei Bier, Wasser und Erfrischungsgetränken sehr unterschiedlich. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der Unternehmensberatung Weihenstephan, die Ende vergangenen Jahres vom Handelsverband Deutschland (HDE) veröffentlicht wurde. Die Deutsche Umwelthilfe wirft der Studie methodische Fehler vor und glaubt an die gezielte Diskreditierung von Mehrwegsystemen.

Bei rund 80 Prozent sollte der Anteil von Mehrwegflaschen an den Getränkeverpackungen liegen, so empfiehlt es das Umweltbundesamt. Tatsächlich werden kaum 50 Prozent erreicht und der Trend geht eher weg von der Mehrwegflasche – außer beim Bier. Damit die Ökobilanz einer Mehrwegverpackung stimmt, sind die Umlaufzahlen und die Transportwege von entscheidender Bedeutung. Doch dafür gibt es wenige empirische und belastbare Daten. Der HDE und die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie haben deshalb eine Studie in Auftrag gegeben, um genau diese Aspekte zu untersuchen. Die Studie wurde von der Unternehmensberatung Weihenstephan, einer Tochter von Deloitte Consulting, durchgeführt. „Wir wollen mit den empirisch ermittelten Daten einen Beitrag zur Versachlichung der kontroversen Diskussion über die Ökobilanzen unterschiedlicher Verpackungen leisten“, erklärt HDE-Geschäftsführer Kai Falk. Beide Verbände sind sich darin einig, dass Ökobilanzen nicht das alleinige Kriterium für verpackungspolitische Entscheidungen sein dürfen, sondern auch die Bedürfnisse der Verbraucher. „Getränkeindustrie und Handel sehen ihre Aufgabe darin, den Verbrauchern Verpackungen zur Verfügung zu stellen, die unterschiedlichen Konsumanlässen Rechnung tragen. Dies kann in einem Fall Mehrweg, im anderen Einweg sein“, so BVEGeschäftsführer Peter Feller. „Als Verband haben wir daher keine Präferenz für die eine oder andere Packungsart. Wir setzen uns aber aktiv gegen die Diskriminierung einzelner Produkte etwa durch Steuern und Abgaben und damit für einen fairen Wettbewerb ein“, erläutert Kai Falk gegenüber CSR-NEWS.

Ein Problem des Mehrwegsystems sind zunehmend individuellere Flaschenformen und damit eine immer größer werdende Vielfalt an Getränkeverpackungen. „Allein in unserer Untersuchung sind wir auf über 120 verschiedene Flaschentypen gestoßen“, so Stefan Huckemann, Partner bei Deloitte. Dies erschwere das Kreislaufsystem bei Mehrwegflaschen erheblich, da die Abfüller häufig Flaschentypen zurückbekämen, mit denen sie nichts anfangen könnten. Sortier- und Tauschaufwand seien für viele Unternehmen eine erhebliche Mehrbelastung. „Die Differenzierung bei den Flaschentypen nimmt nach unserer Beobachtung weiter zu“, so Huckemann. Bisher konnten die Pool-Mehrwegflaschen durch ihr einheitliches Design von vielen verschiedenen Getränkeherstellern verwendet werden. Das führte zu einer höheren Wiederverwendungsrate und geringeren Transportentfernungen. Bei der Vielzahl der heute im Markt anzutreffenden Flaschentypen hängt die Befüllungsquote stark vom Tauschgeschäft des Leergutes ab. Die Flaschen müssen sortiert und zu den entsprechenden Abfüllern zurückgebracht werden mit entsprechenden Auswirkungen auf die Umlaufzahlen. Genau diese zweifelt jetzt die Deutsche Umwelthilfe und der Bundesverband des deutschen Getränkefachgroßhandels an. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz wurden die einzelnen Kritikpunkte in einer ausführlichen Stellungnahme dargelegt. So hält die DUH der Studie methodische Fehler vor die zu falschen Ergebnissen und Schlüssen führen. „Erkennbares Ziel ist es, die ökologischen Vorteile des Mehrwegsystems zu diskreditieren. Hierzu wurden unrealistische Extremannahmen über den Flaschenaustausch in Handel und bei den Abfüllern getroffen, um als gewünschtes Ergebnis möglichst niedrige Wiederbefüllungszahlen zu erhalten. Da zudem nicht transparent ist, welche Betriebe untersucht wurden, kann diese Studie zusammenfassend als nicht aussagekräftig und tendenziös bewertet werden“, erklärt der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Der Versuch der Einwegindustrie, Mehrweg in gute Pool- und schlechte Individualflaschen aufzuteilen, scheitert. Die in der „Deloitte-Studie“ untersuchten Individualflaschen aus Glas liegen in der Regel bei 20 oder mehr Umläufen. Bereits nach zehn Umläufen werden 90 Prozent der eingesetzten Ressourcen eingespart, bei 20 Umläufen sind es 95 Prozent. „Für die Ökobilanz von Mehrwegflaschen sind die ersten zehn Umläufe die wichtigsten, alle weiteren Wiederbefüllungen haben kaum noch einen Einfluss. Die Debatte um Individual-Mehrwegflaschen, insbesondere im Biersegment, wird von der Einwegindustrie künstlich aufgeblasen, um Mehrweg zu diskreditieren“, erklärt der Geschäftsführer des Verbandes Private Brauereien Deutschland, Roland Demleitner. Derlei Kritik kann man beim HDE nicht verstehen. Kai Falk: „Die Studie zeigt ein differenziertes Bild hinsichtlich Umlaufzahlen und Transportentfernungen von Mehrwegflaschen auf. Einige Daten stehen nun erstmals zur Verfügung und können in die Diskussion eingehen“. Grundsätzlich kritisieren die DUH und die Vertreter der mehrwegorientierten Getränkeindustrie den Mangel an Hintergrunddaten in der Untersuchung. Die Ergebnisse der Studie seien ohne eine grundlegende Betrachtung der im Einzelnen erhobenen Daten und der teilnehmenden Unternehmen für Außenstehende nicht verifizierbar und damit wenig glaubwürdig. Paradoxerweise bestätigt die „Deloitte-Studie“ trotz aller tendenziösen Annahmen und methodischer Fehler, die ökologischen Vorteile des deutschen Mehrwegsystems. „DUH unterstellt, das Ziel der Studie sei eine Argumentation für die Einweglobby“, so Falk. „Diese These war nie der Ausgangspunkt von Deloitte. Deshalb ist es für uns nicht so überraschend wie für die DUH, dass die Studie bestimmte Annahmen zu Mehrweg unterstützt. Sie zeigt dennoch auf, dass bestimmte Markttrends eine differenzierte Bewertung von Verpackungen erfordern“.

Dokumente zum Thema:

Deloitte-Studie „Umlaufzahlen und Transportentfernungen in der Getränkeindustrie“ – kann beim HDE angefordert werden.

Stellungnahme der Deutschen Umwelthilfe

Lebenszyklusanalyse der Stiftung Initiative Mehrweg

UBA-Publikation „Verbrauch von Getränken in Einweg- und Mehrweg-Verpackungen“


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