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Stakeholderdialog: Mitgestaltung – nicht Mitentscheidung

Die neuen G4-Leitlinien der GRI (Global Reporting Initiative)stellen Materialität in den Mittelpunkt. Sie geben dabei den Dialogen von Unternehmen mit ihren Stakeholdern eine neue Ernsthaftigkeit und setzen einen weitergehenden Qualitätsanspruch. „Die Einbindung von Stakeholdern muss als glaubwürdiger Dialogprozess mit einem gemeinsamen Verständnis von Vorgehen und Zielen verstanden werden“, sagt die Berliner Beraterin Kathrin Bimesdörfer. CSR MAGAZIN hat mit der Expertin zum Thema der Märzausgabe – Nachhaltigkeitsberichterstattung – gesprochen.

Berlin (csr-news) – Die neuen G4-Leitlinien der GRI (Global Reporting Initiative)stellen Materialität in den Mittelpunkt. Sie geben dabei den Dialogen von Unternehmen mit ihren Stakeholdern eine neue Ernsthaftigkeit und setzen einen weitergehenden Qualitätsanspruch. „Die Einbindung von Stakeholdern muss als glaubwürdiger Dialogprozess mit einem gemeinsamen Verständnis von Vorgehen und Zielen verstanden werden“, sagt die Berliner Beraterin Kathrin Bimesdörfer.

Bimesdörfer ist Expertin für Stakeholder-Engagement bei dem Beratungsunternehmen IFOK. „Wir sprechen bewusst nicht von Stakeholder-Management, sondern von Stakeholder-Engagement, denn wir wollen den Menschen auf Augenhöhe begegnen.“ Dazu gehöre, mit allen Beteiligten zu Anfang ein gemeinsames Vorgehen abzustimmen. Bimesdörfer: „Unternehmen können ihre Dialogpartner dabei fragen: ‚Was wollen wir gemeinsam erreichen und wie gehen wir vor?‘“

Ein gelingender Stakeholder-Prozess brauche Relevanz und Anschlussfähigkeit „Die Zeiten netter Plaudereien mit unklarem Gestaltungsrahmen sind vorbei“, so Bimesdörfer. Die neuen GRI-Leitlinien und der Seitens der EU angekündigten Berichtspflicht für mittelständische Unternehmen spiegeln die zunehmend wichtige Rolle und Einflussnahme der Anspruchsgruppen wider. Diese fordern ein, dass Dialogprozesse ernsthaft, innovationsfördernd und mit Entscheidungsprozessen verknüpft sind.


Kathrin Bimesdörfer

Aus Unternehmensperspektive gelte es zunächst zu klären, wozu ein Stakeholderdialog geführt werden soll und welches die dabei relevanten gesellschaftlichen Gruppen seien. Bimesdörfer: „Es ist erfolgskritisch, wie die Gruppe der Stakeholder zusammengesetzt ist – das sollten nicht nur die „üblichen Verdächtigen“ sein“. Bei der Einladung der Stakeholder gehe es darum, dialogorientierte Akteure zu gewinnen, und zwar nicht nur gleichgesinnte. „Die Diskussion ist dann für alle Seiten gewinnbringend, wenn in ungewöhnlichen Akteurskonstellationen herausfordernde Fragen gestellt werden“.

Einen persönlichen Austausch mit Stakeholdern hält die Expertin im Vergleich zu einer schriftlichen Befragung für wesentlich aufschlussreicher. Bei der Gestaltung der schriftlichen Fragen setze ein Unternehmen seine Annahmen voraus und enge den Raum für Antworten ein. Der Dialog in einer Gruppe eröffne dagegen ein sehr viel differenzierteres Bild und gebe einen Blick frei auf die Interessen und Motivationen der Beteiligten. „Es geht um mehr als die Abfrage von Positionen. In einem guten Dialog entwickeln sich gegenseitiges Verständnis, gemeinsames Lernen und damit neue Sichtweisen auf relevante Fragestellungen, so Bimesdörfer.

Das Stakeholder-Engagement sei dabei als Prozess und nicht als einmaliges Ereignis zu verstehen. „In diesem Prozess kann eine strategische Beratung und Prozessleitung die im G4 geforderte Qualität der Stakeholder-Einbindung garantieren und Unternehmen auch durch Rollenklarheit entlasten“, so die Expertin. Ein Unternehmen könne nicht „alles in einem“ leisten: Moderieren, Zuhören, den Raum für Diskussionen öffnen und eigene Interessen erklären. Wichtige Aufgaben eines externen Moderators seien auch, die Gemeinsamkeit im Vorgehen, eine konstruktive Gesprächskultur und Fairness im Umgang miteinander sicher zu stellen.

„Am Anfang der Begegnung sollte ein Unternehmen klar definieren: Worüber reden wir? Welchen Gestaltungsraum gibt es?“, sagt Bimesdörfer. In dem Prozess gehe es um Mitgestaltung seitens der Stakeholder, nicht um Mitentscheidung. Beispielsweise sollten im Dialog mit Stakeholdern auch das gemeinsame Vorgehen im Nachhaltigkeits-Reporting nach G4 erörtert werden. Ein klar definierter Gestaltungsraum und klare Regeln dienen allen Beteiligten als Schutz vor unverhältnismäßigen Anforderungen und bieten Verlässlichkeit. Aufgabe des Prozessberaters sei es, die Ausschöpfung dieses Gestaltungsraums zu ermöglichen und gleichzeitig Grenzen aufzuzeigen.

Was am Ende aus dem Stakeholderdialog nach außen kommuniziert wird, sollte auf jeden Fall mit allen Beteiligten gemeinsam entschieden werden. Bimesdörfer: „Transparenz ist ein hohes Gut, Vertrauen ebenso.“

Häufig wird das IFOK-Team hinzugezogen, wenn die klassische Unternehmenskommunikation „vor die Wand gefahren“ ist. Das kann daran gelegen haben, dass ein Unternehmen auf Einwegkommunikation setzte und die Erwartungen der Stakeholder nicht ernst genommen wurden. Im schlechtesten Fall bricht die Grundlage weg, als glaubwürdiger Partner agieren und sich in relevanten Themen gemeinsam mit Stakeholdern zukunftsfähig aufzustellen zu können.


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