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Klassenziel erreicht? Studie zu Nachhaltigkeitsratings

Wer ist der Beste in seiner Klasse, heißt es bei den meisten Nachhaltigkeitsratings. Dadurch soll eine Art Wettbewerb um die beste Nachhaltigkeitsperformance in einer Branche ausgelöst werden, der zu einer insgesamt nachhaltigeren Wirtschaftsweise führt. Ob das tatsächlich funktioniert hat das Südwind-Institut in einer Studie untersucht und dafür Unternehmen, Ratingagenturen und NGOs interviewt.

Siegburg (csr-news) > Wer ist der Beste in seiner Klasse, heißt es bei den meisten Nachhaltigkeitsratings. Dadurch soll eine Art Wettbewerb um die beste Nachhaltigkeitsperformance in einer Branche ausgelöst werden, der zu einer insgesamt nachhaltigeren Wirtschaftsweise führt. Ob das tatsächlich funktioniert hat das Südwind-Institut in einer Studie untersucht und dafür Unternehmen, Ratingagenturen und NGOs interviewt.

Rund 283 Milliarden Euro wurden nach Angaben des europäischen Netzwerks Eurosif im Jahr 2011 nach dem Best-in-Class- Ansatz investiert. Nach diesem Ansatz werden keine Branchen, Geschäftsfelder oder Unternehmen ausgeschlossen, sondern es wird nach dem Unternehmen gesucht, das in seiner Branche am nachhaltigsten wirtschaftet. Dafür werden von Nachhaltigkeitsratingagenturen die ökologischen und sozialen Leistungen bewertet. Dies, so erklären die Agenturen initiiere einen Wettbewerb unter den Unternehmen und trüge dazu bei, dass die Branche insgesamt nachhaltiger wirtschaftet. Nachhaltige Investoren könnten deshalb auch ruhigen Gewissens in Branchen wie den Bergbau- oder Textilsektor investieren, obwohl es hier regelmäßig zu nachgewiesenen und dokumentierten Menschenrechtsverletzungen kommt. Ob „Best-in-Class“-Ratings diese Wirkung bei Unternehmen tatsächlich entfalten, versucht das Südwind-Institut für ökonomische Gerechtigkeit in einer Studie herauszufinden. „Nichtregierungsorganisationen haben die Erfahrung gemacht, dass Nachhaltigkeitsratings nicht sonderlich aussagekräftig sind und dass sich deren Ergebnisse nicht mit dem decken, was sie in der Realität an von Unternehmen zu verantwortenden Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung vorfinden“ sagt Antje Schneeweiß, die Autorin der Studie.

In qualitativen Interviews wurden die Ziele von Nachhaltigkeitsratingagenturen herausgearbeitet und mit den Aussagen von 22 europäischen Aktiengesellschaften aus den Branchen Textil, Bergbau, Einzelhandel und Nahrungsmittel zum Stellenwert und den Wirkungen der Ratings bei diesen Unternehmen verglichen. „Einigkeit bestand darin, dass die finanzielle Macht nachhaltig orientierter Investoren insgesamt zu gering ist, um Unternehmen allein mit dieser Kapitalmacht zu beeinflussen“. Vor allem zeigte sich, je näher die Ausschlusskriterien am Kern der Geschäftstätigkeit waren, umso weniger können sie ihre Wirkung entfalten. Die Unternehmen sind schlicht nicht zur Veränderung bereit, zumal zahlreiche Unternehmensvertreter auch die Transparenz und Aussagekraft der Ratings anzweifeln. Insgesamt testierten die Unternehmen den Nachhaltigkeitsratings einen eher geringen Einfluss. Von den befragten Unternehmen hatten nur zwei aufgrund von Ratings interne Veränderungen vorgenommen. Für fünf weitere Unternehmen stellten die Ratings immerhin eine Motivation dar, ihre eigenen Nachhaltigkeitsbemühungen zu verbessern und drei Unternehmen bestehen in einem Wettbewerb um gute Noten in Ratings. Für die meisten Befragten waren allerdings andere Anspruchsgruppen wichtiger als die auf den Finanzmärkten immer noch kleine Gruppe von nachhaltigen Investoren. Sie konzentrieren sich bei ihren Bemühungen eher Kunden, Gesetzgeber oder NGOs. Wertvoll sei aber, so das Fazit der Studie, dass Nachhaltigkeitsratings soziale und ökologische Themen in den Finanzmarkt hineintragen und auch Unternehmen ansprechen, die nicht im Fokus von Nichtregierungsorganisationen stehen, außerdem wirken diese Ratings über Jahre kontinuierlich auf Unternehmen ein. Um die Wirkung von Nachhaltigkeitsratings zu verstärken, empfiehlt die Studie eine bessere Zusammenarbeit der Nachhaltigkeitsratingagenturen mit Anspruchsgruppen, die oft einen direkteren und stärkeren Einfluss auf Unternehmen ausüben.

Die Studie mit dem Titel „Klassenziel erreicht? – Der Beitrag von „Best-in-Class“- Ratings zur Einhaltung von Menschenrechten im Verantwortungsbereich von Unternehmen“ wird auf der Website des Südwind-Instituts zum Download angeboten.


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