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Anke Ebert: Nachhaltigkeitsstrategie braucht ein Gesicht – nicht mehrere

Weil ein umfassender und weltweiter Mindeststandard für nachhaltiges Wirtschaften fehlt, bleiben Bewertungen zur Nachhaltigkeitsperformance von Unternehmen ein subjektives Unterfangen. Das sagte Anke Ebert, Senior Consultant bei B.A.U.M. Consult, im CSR NEWS-Partnerinterview. Unternehmen sollten nach ihrer Erfahrung vor einer CSR-Kommunikation nach außen die internen Bilder und Interessen abgleichen.

Hamm (csr-news) – Weil ein umfassender und weltweiter Mindeststandard für nachhaltiges Wirtschaften fehlt, bleiben Bewertungen zur Nachhaltigkeitsperformance von Unternehmen ein subjektives Unterfangen. Das sagte Anke Ebert, Senior Consultant bei B.A.U.M. Consult, im CSR NEWS-Partnerinterview. Unternehmen sollten nach ihrer Erfahrung vor einer CSR-Kommunikation nach außen die internen Bilder und Interessen abgleichen.

CSR NEWS: Was sind die „lessons learned“ aus Ihrem eigenen CSR-Engagement?

Anke Ebert: Glaubwürdigkeit vs. Greenwashing, CSR vs. Nachhaltigkeit, Perfektion vs. Ehrlichkeit: Die Diskussionen um Nachhaltigkeit bewegen sich häufig in Gegensätzen. Verbleibt die Diskussion auf dem Austausch gegensätzlicher Standpunkte, gerät nachhaltige Entwicklung ins Stocken. Unternehmen, die dem Leitgedanken des nachhaltigen Wirtschaftens folgen möchten, müssen widerstreitende Standpunkte auflösen, und Lösungen finden, die zum Unternehmen und dessen Kultur „passen“. Wir begleiten derzeit mehrere Unternehmen bei der Erarbeitung und Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstrategie und merken dabei deutlich, dass zunächst unterschiedliche Sichtweisen, Informationen und Definitionen von Nachhaltigkeit zusammen geführt werden müssen. Der Begriff CSR ist dafür ein schönes Beispiel: CSR wird häufig nicht als Teil der Nachhaltigkeit verstanden, sondern synonym verwendet. Was dann natürlich zu Missverständnissen führt.


Anke Ebert

Wie beurteilen Sie die gesellschaftliche Wahrnehmung und Einordnung von Themen der gesellschaftlichen Unternehmensverantwortung derzeit? Und was bedeutet das für die CSR-Kommunikation und den Stakeholder-Dialog?

Der zentrale Stakeholder für das Nachhaltigkeitsmanagement sind zunächst einmal die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Entschließt sich beispielsweise ein Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, erleben die beauftragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meist schnell, wie unterschiedlich die internen Bilder und Interesse gelagert sind. Die Marketingabteilung möchte eine Imagebroschüre mit guten Taten und schönen Bildern. Die beauftragte Person für Nachhaltigkeit empfiehlt einen glaubwürdigen Bericht mit authentischen Bildern. Die Geschäftsführung erwartet einen perfekten Bericht mit positiver Wahrnehmung bei den relevanten Anspruchsgruppen. Ebenso variieren die Themen von Umweltschutz über Sponsoring bis zur Familienfreundlichkeit.

Aber auch bei den externen Stakeholdergruppen – ob Kunden, Fachkundige, Politiker, NGOs – werden unterschiedliche Bilder über das, was Nachhaltigkeit bedeutet, gezeichnet. Doch erst wenn diese gegensätzlichen Bilder ein Gesicht tragen, kann eine sinnvolle Nachhaltigkeitsstrategie als Basis aller Nachhaltigkeitsaktivitäten entwickelt und so die unternehmerische gesellschaftliche Verantwortung gelebt werden.

Ursache ist häufig eine fehlende systematische und abteilungsübergreifenden Kommunikation zu Nachhaltigkeitsthemen. Dies führt wiederum dazu, dass bei der Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts ohne externe Unterstützung zunächst von der beauftragten Person auf vorhandene vermeintliche bewährte Beispiele aus dem Unternehmen zugegriffen wird. Die Notwenigkeit und Chance etwa einer Wesentlichkeitsanalyse, die gemeinsame Erarbeitung von Leitbild, Strategie und zukunftsweisende Maßnahmen oder gar eines beginnenden Kulturwandels wird nicht erkannt bzw. trifft auf interne Widerstände.

Welche Rahmenbedingungen haben sich in der letzten Zeit positiv entwickelt, wo sehen Sie besonderen Handlungsbedarf?

Ein Lösungsansatz wäre aus unserer Sicht eine praxisnahe Nachhaltigkeitsnorm bzw. die Ergänzung einer Gruppe bestehender Normen (14001, 18001 usw.) um Nachhaltigkeitsthemen. Die Norm sollte – detaillierter als die ISO 26000 oder SR 10 – Begrifflichkeiten einheitlich definieren, einen Mindeststandard an Nachhaltigkeitsaspekten festlegen und damit eine systematische und nachhaltigere Prozessgestaltung induzieren.

Solange es keinen einheitlichen, umfassenden und weltweiten Mindeststandard für nachhaltiges Wirtschaften gibt, ist auch jeder Versuch, ein Unternehmen unter Nachhaltigkeitsaspekten zu bewerten, ein subjektives Unterfangen. Dies führt wiederum dazu, dass die Wahrnehmung des Nachhaltigkeitsengagements eines Unternehmens innerhalb unserer Gesellschaft sehr stark von „Reizen“ beeinflusst wird, wie etwa die Werbegestaltung, die gezielte Auswahl von Themen und Motiven, die Sympathie erzeugen, oder die Berichterstattung ausschließlich von Leuchttürmen.

Wie erleben Sie den Umgang der Medien mit dem Thema CSR?

Hier kommt aus unserer Sicht den Medien eine verantwortungsvolle Aufgabe zu. Die Medien sollten durch ihre Berichterstattung die Schaffung eines klaren und einheitlichen Nachhaltigkeitsbildes unterstützen und nicht durch eher einseitige Berichte über Vorzeigeprojekte bzw. über Fehlschläge das perfekte oder schlechte Unternehmen kreieren. Auch kleine Maßnahmen, der Entschluss eines Unternehmens, sich zu verbessern, oder der Mut, über Fehler zu berichten, sollten honoriert werden. Hier sind auch die Unternehmen selber gefragt. Durch systematischen, ehrlichen und bodenständigen Dialog mit den Anspruchsgruppen können die Unternehmen das allgemeine Bild von Nachhaltigkeit schärfen, die eigenen Aktivitäten angemessen darstellen sowie die Ansprüche Ihrer Zielgruppen erfassen und berücksichtigen.

Im Ergebnis bedeutet dies für uns, dass alle Mitglieder dieser Gesellschaft – Unternehmer, Bürger, Medien, Politik, NGOs usw. – durch einen offenen, ehrlichen und kontinuierlichen Dialog ein einheitliches Bild der Nachhaltigkeit erzeugen und so das Fundament zur Umsetzung gesellschaftliche Verantwortung legen können und müssen. Ganz nach unserem B.A.U.M.-Motto „Tue Gutes und rede darüber“ unterstützen wir als erfahrene Berater die Nachhaltigkeitsaktivitäten von der Bestandsaufnahme, über Schulungen und Strategieentwicklung, Einführung von Managementsystemen bis zur Nachhaltigkeitsberichterstattung.


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