Lüneburg (csr-news) > Eigentlich sind deutsche Unternehmen für ihr ökologisches und soziales Engagement bekannt und oftmals wird ihnen fortschrittliches Handeln attestiert. Forscher der Leuphana Universität Lüneburg hatten nun für das „International Corporate Sustainability Barometer“ Einblick in 468 Großunternehmen aus elf Ländern. Überraschenderweise stellte sich dabei heraus: doch alles nur Mittelmaß.
„Der internationale Vergleich zeigt, dass deutsche Unternehmen sich bei der Umsetzung konkreter Nachhaltigkeitsmaßnahmen weder zu einzelnen ökologischen und sozialen Themen noch bei der Integration in die Organisation als Vorreiter positionieren können“, fasst Professor Stefan Schaltegger, Leiter des Centre for Sustainability Management (CSM), das Ergebnis zusammen. Deutsche Unternehmen belegen zwar bei keinem der untersuchten Nachhaltigkeitsthemen einen hinteren Rang, bewegen sich aber zumeist nur im Mittelfeld. Vor allem japanische und britische Unternehmen sind den deutschen Wettbewerbern voraus. Sie verankern ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten breiter in der Organisation, indem sie zum Beispiel mehr betriebliche Abteilungen einbeziehen. Auf den hinteren Plätzen landeten Länder wie die Schweiz oder Belgien.
Ziel der Analyse war es, den aktuellen Stand und die Fortschritte zum Nachhaltigkeitsmanagement und zur CSR in den Ländern zu ermitteln. Dadurch sollten Muster, Gemeinsamkeiten und Unterschiede identifiziert und sichtbar werden. Interessanterweise scheinen produktionsintensive Volkswirtschaften weiter zu sein, als eher dienstleistungsorientierte Gesellschaften. Ein Grund dafür könnten höhere Anforderungen der Stakeholder sein. Deren Themenfokus hat in den meisten Ländern unmittelbaren Einfluss auf das Nachhaltigkeitsmanagement. So werden Themen wie Arbeitsschutz und Energieverbrauch eher behandelt als beispielsweise Biodiversität. Aber längst nicht jeder Stakeholder hat die gleiche Bedeutung. In der Praxis haben NGOs, Medien und Öffentlichkeit einen größeren Einfluss als beispielsweise Zulieferer oder Banken. Die Sicherung von Legitimität und gesellschaftlicher Anerkennung stellt somit die wichtigste Motivation für die eigenen Nachhaltigkeitsbemühungen dar. Unterschiede ergeben sich im Detail. Beispielsweise messen deutsche Unternehmen den Medien eine höhere Bedeutung zu, als dies in anderen Ländern der Fall ist. Auf der anderen Seite spielen dafür die Anwohner von Fabrik- bzw. Produktionsanlagen eine geringere Rolle, im Gegensatz zu den anderen untersuchten Ländern.
Die Forscher wollten auch wissen, wie gut es den Unternehmen gelingt, Nachhaltigkeit im Kerngeschäft zu verankern. Zwar gibt die Mehrheit der befragten Unternehmen an, dies zu beabsichtigen, wirklich überzeugen konnten in diesem Punkt allerdings hauptsächlich spanische, belgische und britische Unternehmen. Bei der Frage nach den förderlichen Organisationsbereichen nennt ein Großteil der Unternehmen die Geschäftsleitung und die Öffentlichkeitsarbeit. Als weniger bedeutend werden Logistik und Rechnungswesen betrachtet. Ein anderes Thema betraf die Einbeziehung der wichtigsten Stakeholder-Gruppen. Zwar geben die meisten Unternehmen an, ihre Anspruchsgruppen über Nachhaltigkeitsthemen zu informieren, partizipative Stakeholder-Beziehungen finden außer in Spanien allerdings kaum Anwendung. Bei der Messung von Nachhaltigkeitsleistungen orientieren sich die meisten Unternehmen an Themen wie Energieverbrauch oder Arbeitsplatzsicherheit. Themen wie Biodiversität oder etwa Zwangsarbeit sind in Frankreich etwa stärker präsent, werden im Allgemeinen aber kaum gemessen.
Die vollständige Studie (englisch) zum Download. Eine Zusammenfassung (deutsch) der wichtigsten Ergebnisse ebenfalls zum Download.