Ludwigsburg (csr-news) – Die Stadt Ludwigsburg und ihre Bürger wollen „der Zukunft keine Rechnung stellen“. Das sagt der Leiter des Referats Nachhaltige Stadtentwicklung, Albert Geiger. Sein Referat vernetzt seit 2008 als Querschnittseinheit die Verwaltungsebenen im Rathaus ebenso wie Unternehmen und Zivilgesellschaft. Angesichts dramatisch schwindender finanzieller Ressourcen muss Nachhaltigkeit effektiv gemanagt werden, findet Geiger. Ortsansässige Unternehmen wie Gleason-Pfauter profitieren davon und steuern Impulse bei.
2004 hatte die Stadt eine Geschäftsstelle eingerichtet, um das Thema Nachhaltigkeit voranzutreiben. Die Zukunftsperspektiven für Ludwigsburg sollten mit den Bürgern diskutiert werden, ohne dabei die Spielregeln einer parlamentarischen Demokratie außer Kraft zu setzen. Auf drei Ebenen näherte sich die Stadt deshalb dem Thema: In einer Zukunftskonferenz beschäftigten sich viele der 1.300 Verwaltungsmitarbeiter mit Nachhaltigkeitsfragen und wurden dadurch zu Beteiligten. Der kurz zuvor neu gewählte Gemeinderat erörterte Nachhaltigkeitsthemen und erstellte eine erste Materialsammlung. Und in einer Bürgerkonferenz wurden elf Themenfelder diskutiert, von der Energie über Wirtschaft und Arbeit bis zu Bildung und Betreuung. Daraus leitete die Stadt Leitsätze, strategische Ziele und Maßnahmen ab.
„Der Motor Verwaltung hatte zu wenig PS“
Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele braucht den Motor Verwaltung, aber „der Motor Verwaltung hatte zu wenig PS“, sagt Geiger. Deutsche Kommunen folgen häufig einer Linienorganisation mit einer in Dezernate unterteilten Administration. Geiger weiter: „Kommunikationsgrenzen zwischen Dezernaten können wir nicht mehr gebrauchen.“ Deshalb entstand 2008 das Referat Nachhaltige Stadtentwicklung als Querschnittseinheit mit zunächst 15 und heute 25 Mitarbeitern. „Integrierte Stadtentwicklung“, „Wirtschaftsförderung“ sowie „Europa und Energie“ heißen die drei Tätigkeitsfelder des Referats, das keinem der drei Dezernate zugeordnet ist, sondern die Verwaltungsebenen durch Überzeugung vernetzen und Nachhaltigkeitsthemen in den Entwicklungsplänen der Stadt verankern will.
Diese Nachhaltigkeitsthemen in Ludwigsburg unterscheiden sich wenig von denen anderer Städte: auf der Agenda stehen der Klimawandel, Wirtschaftskrise und Globalisierung, der demografische Wandel, die Ressourcenknappheit und die Zukunft der Stadtgesellschaft. Diese Themen aber werden in einem klar definierten Managementprozess gesteuert: Aus den Zukunftskonferenzen entstand ein Stadtentwicklungskonzept mit detaillierten Masterplänen zur Stadtentwicklung, Stadtteilentwicklungspläne und einem Set von 66 Indikatoren zur Wirkungsmessung, für das ein Ampelsystem genutzt wird: Grün gekennzeichnete Indikatoren liegen im Plan, rote weit dahinter. Für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie stellt die Verwaltung den Motor dar, der Gemeinderat hält das Steuer in der Hand und mit an Bord sind die Bürger und Unternehmen der Stadt. Ein Beispiel:
Impulse aus der Region und dem Weltkonzern
Die Gleason-Pfauter Maschinenfabrik beteiligte sich am „Modellgebiet Weststadt Ludwigsburg“. Mit Unterstützung der Stadt und externer Berater suchten zehn Unternehmen in dem historisch gewachsenen Gewerbegebiet nach Möglichkeiten, durch eine ganzheitliche Betrachtung ihres Energiebedarfs und dessen Deckung über Firmengrenzen hinweg Einsparpotentiale zu verwirklichen. Neben energetischen Verbesserungen in den teilnehmenden Betrieben – beispielsweise im Rahmen von Lastganganalysen, die auf einen Ausgleich von Spitzen im Stromverbrauch zielen – wurde dabei eine betriebsübergreifende Abwärmenutzung aufgebaut. Die teilnehmenden Unternehmen wollen so vier Prozent der Energiekosten einsparen. Damit konnte die in der Zahnradbearbeitungs-Technologie tätige Firma wirtschaftlich von der Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt profitieren.
Das zur amerikanischen Gleason Corporation gehörende Unternehmen ist dabei auch zu Umweltthemen Teil eines konzernweiten Benchmarkings. Umweltschutz und nachhaltiges Personalmanagement sind wichtige Themen bei Gleason-Pfauter. Im Rahmen einer Umwelt- und Gesundheitswoche werden Mitarbeiter motiviert, mit dem Fahrrad oder in Fahrgemeinschaften zur Arbeit zu kommen. So konnten sie ein Guthaben ansammeln, das ihr Arbeitgeber schließlich einem Kinderhospiz zugutekommen ließ. Im Unternehmen werden wiederverwertbare Verpackungsmaterialien gesammelt und dem Recycling zugeführt. Die zwanzig Auszubildenden analysierten im vergangenen Jahr nachhaltige Einsparpotentiale und entwickelten ein Projekt, mit dem Papiertrockentücher in den Waschräumen durch Kaltluftröhrentrockner ersetzt werden. Eine besondere Bedeutung besitzen die Schulung und Information der Mitarbeiter zu Energiethemen, denn das Engagement der Belegschaft stellt einen Schlüssel zur nachhaltigen Firmenentwicklung dar. Und nicht zuletzt setzt der Zahnradmaschinenbauer unter dem Motto „Umweltfreundlichkeit schafft Nachhaltigkeit“ auf „grüne Maschinen“ mit reduziertem Energieverbrauch.
Gesteuert werden die Nachhaltigkeitsprojekte bei Gleason-Pfauter von einem fünfköpfigen Team aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen, das sich alle zwei Wochen trifft. Der internationale Abgleich findet vierteljährlich im Rahmen eines europaweiten Treffens statt. So trägt das Unternehmen dazu bei, am Standort Ludwigsburg Impulse aus der internationalen Nachhaltigkeitsorientierung des Konzerns umzusetzen – und Impulse aus Ludwigsburg in die weltweiten Konzernstandorte zu exportieren. Beides wird der Stadt recht sein.
Weitere Informationen zur nachhaltigen Stadtentwicklung in Ludwigsburg >> im Internet
>> Hier lesen Sie ein Interview mit Ludwigsburgs Oberbürgermeister Werner Spec.
Bilder (von oben nach unten): Bürger sammeln Ideen bei einer Informationsveranstaltung; Oberbürgermeister Werner Spec im Bürgerdialog; eine Sammelbox bei Gleason-Pfauter; das Ludwigsburger Schloss