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Teilzeitchefs – neue Arbeitszeitmodelle im Management

Familienfreundliche Arbeitszeiten oder Work-Life-Balance, neue Arbeitszeitmodelle machen auch vor dem Management nicht Halt. So die Theorie, tatsächlich arbeiten in Deutschland nur etwa fünf Prozent der Führungskräfte in Teilzeit, während es in anderen Ländern deutlich mehr sind. Wie lassen sich diese Unterschiede erklären, war Gegenstand einer Untersuchung des Berliner Wissenschaftszentrums für Sozialforschung (WZB).

Familienfreundliche Arbeitszeiten oder Work-Life-Balance, neue Arbeitszeitmodelle machen auch vor dem Management nicht Halt. So die Theorie, tatsächlich arbeiten in Deutschland nur etwa fünf Prozent der Führungskräfte in Teilzeit, während es in anderen Ländern deutlich mehr sind. Wie lassen sich diese Unterschiede erklären, war Gegenstand einer Untersuchung des Berliner Wissenschaftszentrums für Sozialforschung (WZB).

Der Vergleich von 19 Ländern zeigt: Innerhalb Europas und innerhalb der Branchen gibt es große Unterschiede. In einigen Ländern sind Führungskräfte eher in der Lage, ihre Teilzeitwünsche zu realisieren als in anderen. Während in Deutschland nur 5 Prozent aller Managerinnen und Manager in Teilzeit, d. h. weniger als 30 Stunden pro Woche arbeiten, sind es in Großbritannien 8 und in den Niederlanden 12 Prozent. „Manager reduzieren eher in den Ländern ihre Arbeitszeit, in denen Teilzeiterwerbstätigkeit von Beschäftigten ohnehin weitverbreitet ist“, erklären Lena Hipp und Stefan Stuth vom WZB. Ein naheliegender Grund ist der höhere Koordinierungsaufwand beispielsweise wenn verantwortliche Manager nicht sofort zur Beantwortung wichtiger Fragen zur Verfügung stehen oder nicht an Meetings teilnehmen können. Doch es findet ein Umdenken statt, in den Unternehmen versucht man den betroffenen Beschäftigten die Angst vor Karriereeinbrüchen zu nehmen. Der Weggang qualifizierter und engagierter Mitarbeiter und mit ihnen oftmals auch wichtiges Know-how soll in jedem Fall vermieden werden. Flexible Arbeitszeitmodelle werden auch für Führungskräfte, vor allem durch den drohenden Fachkräftemangel, immer wichtiger.

Doch der Weg scheint noch sehr weit, nur in Ansätzen finden sich entsprechende Angebote in den Unternehmen und noch weniger werden sie wahrgenommen. Dabei ist der Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten durchaus vorhanden. In Deutschland zwar nur bei etwa fünf Prozent der Manager, in anderen Ländern wie Griechenland, Luxemburg, Österreich oder Tschechien liegt ihr Anteil aber schon bei bis zu 35 Prozent. Der Grund sind meist Veränderungen im privaten Umfeld. So steigt mit der Anzahl der Kinder auch der Wunsch nach Teilzeitarbeit. Dieser ist bei Frauen auch deutlich ausgeprägter als bei Männern und wird auch öfter von ihnen genutzt. In Deutschland arbeiten beispielsweise 14,6 Prozent der Managerinnen, aber nur 1,2 Prozent der Manager in Teilzeit. Besonders selten kommt Teilzeitarbeit auf den Führungsebenen großer Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten und bei Selbstständigen vor. Zudem gibt es deutliche Unterschiede in den einzelnen Branchen. Beispielsweise arbeiten Führungskräfte im Dienstleistungssektor oder in der öffentlichen Verwaltung deutlich häufiger in Teilzeit als etwa im verarbeitenden Gewerbe.

Aber wie lassen sich die länderspezifischen Unterschiede erklären? Hier spielen vor allem formale und rechtliche Regelungen sowie informelle Erwartungshaltungen und kulturelle Gepflogenheiten eine Rolle, heißt es in der Studie. So gibt es beispielsweise in den Niederlanden mit 40 Prozent nicht nur den höchsten Anteil von Teilzeitarbeitenden in Europa, sondern mit 12 Prozent auch den größten Anteil von teilzeitbeschäftigten Managern. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Irland mit einer Teilzeitquote von rund 30 Prozent. Dagegen liegt die Quote in Ländern mit eher traditionellen Rollenbildern sehr niedrig, zumindest auf Führungskräfte bezogen. Als weiteres Kriterium haben die Forscher die reguläre Wochenarbeitszeit ausgemacht – je höher sie ist, umso niedriger die Teilzeit. Keine Bedeutung hat dagegen ein Rechtsanspruch, wie es ihn in Deutschland gibt.

Die Forscher haben auch Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft formuliert, wenn diese ernsthaft die Absicht haben Teilzeitmodelle auch für Führungskräfte zu etablieren. Am wichtigsten erscheint eine entsprechend vorherrschende Kultur, die flexible Arbeitszeitmodelle ermöglicht. Der in Deutschland derzeit diskutierte Rechtsanspruch auf die Rückkehr zu einem Vollzeitarbeitsplatz könnte daher ein Schritt in die richtige Richtung sein. Auf der anderen Seite müssten Unternehmen ihre Organisationsabläufe verändern und weniger auf Anwesenheit als auf Zielerreichung setzen. Zudem können Führungskräfte Vorbilder sein und durch ihr eigenes Arbeitszeitmodell Veränderung vorleben und so zu einer neuen Unternehmenskultur beitragen.

Die Ergebnisse der Studie sind im WZBrief Arbeit veröffentlicht und stehen als PDF zur Verfügung.

 


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