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„Glaubwürdigkeit ist der Sauerstoff eines Standards“: GOTS jetzt gemeinnützig

Seit Januar arbeitet ein bekannter Nachhaltigkeitsstandard für den Textilsektor in gemeinnütziger Struktur: Träger des Global Organic Textile Standard (GOTS) ist jetzt die Global Standard gemeinnützige GmbH mit Sitz in Stuttgart. „Wir wollen kein Geschäft mit dem Standard machen. Wir wollen den Standard nach vorne bringen“, sagt die GOTS-Deutschlandrepräsentantin, Claudia Kersten, gegenüber CSR NEWS.

Köln (csr-news) – Seit Januar arbeitet ein bekannter Nachhaltigkeitsstandard für den Textilsektor in gemeinnütziger Struktur: Träger des Global Organic Textile Standard (GOTS) ist jetzt die Global Standard gemeinnützige GmbH mit Sitz in Stuttgart. „Wir wollen kein Geschäft mit dem Standard machen. Wir wollen den Standard nach vorne bringen“, sagt die GOTS-Deutschlandrepräsentantin, Claudia Kersten, gegenüber CSR NEWS. Überschüsse würden in die Weiterentwicklung des Regelwerks investiert.

„Glaubwürdigkeit ist der Sauerstoff eines Standards“, so Kersten weiter. Dafür sollen ein offenes Stakeholder-Modell sorgen – und der Entschluss, keine Spenden aus der Industrie anzunehmen. Zudem enthalte der auf Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit ausgerichtete Standard keine Kann-Bestimmungen und seine Kriterien seien überprüfbar. GOTS-Anforderungen sind beispielsweise ein generelles Verbot für den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen und gefährlicher Substanzen wie Azofarbstoffe oder Formaldehyd, die Kernnormen der International Labour Organization (ILO) sowie die Einführung eines Social Compliance Management Systems.

Prosa statt Multiple Choice

Zu den Prinzipien von GOTS gehört, dass die Zertifizierung auf jeder einzelnen Stufe separat erfolgt. Die Überprüfung der Unternehmen leisten unabhängige Drittgutachter, „nicht nur mit Multiple-Choice-Bögen, sondern auch in Prosa“, so Kersten. Zertifizierte Betriebe erstellen zertifizierte Produkte und dies wird auf einem von dem Zertifizierer gegengezeichneten Warenbegleitschein testiert. Ein Vorteil dieses Systems sei, dass jeder Prozessbeteiligte so immer nur das entsprechende Dokument seiner Vorstufe benötige und sich somit auf die Nachhaltigkeit der ganzen Herstellungskette verlassen kann, so Kersten.

Die Standardentwicklung geschieht in einem Multi-Stakeholder-Prozess – unter Einbeziehung der Industrie. Kersten: „Ein Standard, der nicht machbar ist, nutzt niemandem.“ Etwa 2.700 Anwender verzeichnet GOTS derzeit, darunter 450 Färbereien, über 220 Spinnereien, Strickereien und Webereien sowie rund 160 Druckereien und Nähereien. Das Interesse wächst: Auch große Handelsketten setzen zunehmend auf GOTS-zertifizierte Textilien, darunter Galeria Kaufhof, Aldi Süd, Real, Tchibo und C&A. Nicht immer werden GOTS-zertifizierte Textilien als solche ausgewiesen. Die Auszeichnung unterbleibt beispielsweise dann, wenn nicht ein komplettes Sortiment das Siegel tragen könnte.

Wer zahlt die Kosten?

Dass GOTS zunehmend im Mainstream ankommt, ist für einen Nachhaltigkeitsstandard keinesfalls selbstverständlich. „Sie müssen teilweise etwas vermarkten, was unangenehm ist“, sagt Kersten. Ein Kundenbedürfnis nach „billiger Ware“ lasse sich mit dem Standard nicht erfüllen. „Das T-Shirt kostet 20 Euro. Die Frage ist nur, wer diese Kosten tatsächlich bezahlt.“

Ausschlaggebend für höhere Preise sind dabei nicht zuerst die Zertifizierungsgebühren, sondern die höhere Prozessqualität. Eine Zertifizierung kostet in der Regel zwischen 1.500 und 4.000 Euro, die Lizenzgebühr – und nur diese geht an GOTS – beträgt umsatzunabhängig 120 Euro jährlich. Die Betriebe müssen sich jährlich zertifizieren lassen, und das verursacht eine hohe Fluktuation: Wer keinen entsprechenden Auftrag erwartet, setzt mit der Zertifizierung aus.

Instrument der Marktentwicklung

Andererseits bewirkt die nachhaltige Zertifizierung auch Kostenvorteile: Die Zulieferkette wird dadurch flacher, Zwischenhändler mit ihren Gewinnmargen entfallen. Ferner trage GOTS zu einer Effizienzsteigerung der zertifizierten Unternehmen bei, ermögliche eine Produkt-Differenzierung und sei insgesamt ein Instrument der Marktentwicklung, so Kersten.

Global Organic wurde im Jahr 2002 von vier Organisationen gegründet: dem Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN, Deutschland), der Soil Association (SA, England), der Organic Trade Association (OTA, USA) und der Japan Organic Cotton Association (JOCA, Japan). Bis 2006 arbeiteten die Partner an der Standardentwicklung, die ersten Zertifizierungen erfolgten 2008.

GOTS bietet umfangreiche Dokumentationen auf seiner Website an, darunter eine gut strukturierte Datenbank der zertifizierten Unternehmen und ein Verzeichnis der Zertifizierer:

www.global-standard.org


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