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Fleischatlas: Globale Auswirkungen des Fleischkonsums

„Wir brauchen eine Kehrtwende in der Agrarpolitik“, fordert Barbara Unmüßig vom Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung bei der heutigen Präsentation des „Fleischatlas“. In diesem werden die Auswirkungen des ungezügelten Hungers nach Fleischprodukten für die Tiere und die Natur dargestellt. Gefordert ist die Politik, denn die heizt die Entwicklung durch massive Subventionen beispielsweise für den Bau von Megaställen weiter an.

Berlin (csr-news) > „Wir brauchen eine Kehrtwende in der Agrarpolitik“, fordert Barbara Unmüßig vom Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung bei der heutigen Präsentation des „Fleischatlas“. In diesem werden die Auswirkungen des ungezügelten Hungers nach Fleischprodukten für die Tiere und die Natur dargestellt. Gefordert ist die Politik, denn die heizt die Entwicklung durch massive Subventionen beispielsweise für den Bau von Megaställen weiter an.

Rund 60 Kilogramm Fleisch isst jeder Deutsche im Durchschnitt pro Jahr. Würden alle Tiere, die jeder Bundesbürger im Laufe seines Lebens verzehrt an einem Platz stehen, so würde dies einem nicht mehr ganz so kleinen landwirtschaftlichen Betrieb entsprechen mit vier Rindern, vier Schafen, 37 Enten, 46 Schweinen, 46 Puten und 945 Hühnern. Die Konsequenzen sind verheerend und haben gravierende Auswirkungen auf die Entwicklung der Landwirtschaft, vom Tierwohl ganz zu schweigen. „Mittlerweile nutzen wir nahezu ein Drittel der weltweiten Landflächen für die Futtermittelproduktion“, so Unmüßig, „während die Kleinbauern zunehmend ihr Land und damit ihre Nahrungs- und Existenzgrundlage verlieren. Das Schnitzel auf unserem Teller geht nicht selten zulasten der Ernährungssicherheit zahlreicher Menschen in anderen Ländern dieser Welt“. Man mag es sich kaum ausmalen, hätten alle Länder dieser Welt einen ähnlich hohen Fleischkonsum. Bislang wird in den ärmsten Ländern durchschnittlich weniger als zehn Kilo pro Person verzehrt.

Zugleich wird in den deutschen Betrieben rund 17 Prozent mehr Fleisch produziert als tatsächlich benötigt wird. In den vergangenen zehn Jahren hat die Jahresproduktion kontinuierlich zugenommen, während der Inlandsverbrauch relativ konstante Zahlen zeigt. Fleisch aus hiesigen Schlachtereien geht in immer größerer Anzahl in den Export. Während im Jahr 2000 etwa 584.000 Tonnen Schweinefleisch exportiert wurden, waren es in 2011 schon mehr als 2,2 Mio. Tonnen. „Deutschland scheint Exportweltmeister bei Hühnern und Schweinen werden zu wollen“, kritisiert der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger die Subventionspolitik von Agrarministerin Ilse Aigner. Die 60 Milliarden Euro europäischer Agrarsubventionen müssen an strenge Umwelt- und Tierschutzauflagen geknüpft sein, fordert der BUND deshalb und erwartet von der Bundesregierung eine führende Rolle bei der Entwicklung der EU-Agrarreform.

Eines der Hauptprobleme ist der „falsche Preis“, Wurst und Schnitzel sind in den Supermärkten zu preiswert, die wahren Aufwendungen für die Produktion werden im Preis nicht abgebildet. Ursache dafür sind eben die hohen Subventionen, die den Bau von immer weiteren und immer größeren Ställen zulassen und unterstützen. „Dies macht die Preise beim Discounter scheinbar billig“, so Weiger, „tatsächlich zahlen die Verbraucher beim Kauf des Fleisches, mit ihren Steuergeldern für neue Ställe und Schlachthöfe und zudem für die Umwelt- und Gesundheitsschäden“. Tatsächlich, so zeigt der Fleischatlas, ist für die Gesunderhaltung der Tiere in der Massenproduktion ein hoher Einsatz von Antibiotika erforderlich. Deutschland liegt hier mit rund 170 Milligramm Antibiotika pro Kilo produziertem Fleisch im internationalen Vergleich auf einem der Spitzenplätze. „Ministerin Aigner hat es nicht geschafft, hier Veränderungen einzuleiten“, so Weiger.

Der Fleischatlas wird zusammen von der Heinrich-Böll-Stiftung, dem BUND und Le Monde Diplomatique herausgegeben. Auf 52 Seiten werden, unterstützt durch zahlreiche Grafiken, die globalen Zusammenhänge der Fleischerzeugung aufgezeigt.

Ausgewählte Fakten aus dem Fleischatlas

  • Größter Fleischverbraucher sind die USA. Ein Amerikaner isst statistisch jeden Tag rund 195 Gramm Fleisch, Amerikanerinnen immer noch 125 Gramm. Die Welternährungsorganisation FAO empfiehlt für jeden Erdenbürger eine tägliche Fleischration von 20 Gramm.
  • In Deutschland essen 85 Prozent der Bevölkerung täglich oder fast täglich Fleisch oder Wurst.
  • Zwei Drittel der Fleischeinkäufe in Deutschland sind abgepackt, nur ein Drittel wird als Frischware verkauft. Das Schlachterhandwerk verliert jedes Jahr rund 500 Betriebe.
  • Seit Einführung der Kennzeichnung hat sich der Verkauf von Käfigeiern drastisch reduziert, von vormals 60 Prozent auf nunmehr rund 5 Prozent.
  • In jedem Kilogramm Rindfleisch stecken 6,5 Kilo Getreide, 36 Kilo Raufutter und 15.500 Liter Wasser.

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