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Cocoa Barometer 2012: Zur Lage der Kakaobauern

Es kommt Bewegung in den Markt, immer mehr Schokoladenverarbeiter wollen ihre Rohstoffe aus nachhaltigem Anbau beziehen. Dennoch leben die Bauern in den Anbauregionen nach wie vor in Armut, noch immer müssen Kinder in den Plantagen arbeiten, um das Einkommen der Familien zu sichern. Das aktuelle „Cocoa Barometer 2012“ des europäischen NGO-Netzwerks „Voice“ gibt Auskunft über die aktuelle Situation im Kakaosektor.

Berlin (csr-news) > Es kommt Bewegung in den Markt, immer mehr Schokoladenverarbeiter wollen ihre Rohstoffe aus nachhaltigem Anbau beziehen. Dennoch leben die Bauern in den Anbauregionen nach wie vor in Armut und noch immer müssen Kinder in den Plantagen arbeiten, um das Einkommen der Familien zu sichern. Das aktuelle „Cocoa Barometer 2012“ des europäischen NGO-Netzwerks „Voice“ informiert über die aktuelle Situation im Kakaosektor.

Der Bericht gibt Aufschluss über die Nachhaltigkeitsaktivitäten der Industrie: Er zeigt auf, wo Staaten unterstützend eingreifen und Rahmenbedingungen zur Sicherung von Arbeits- und Kinderrechten schaffen, und untersucht, wie erfolgreich die Maßnahmen unabhängiger und unternehmensnaher Initiativen sind. Ein wichtiges Fazit der Untersuchung: Die meisten Bauern in den Kakaoplantagen Afrikas leben noch immer weit unter der Armutsgrenze, und zwar so deutlich, dass sie diese auch durch noch mehr Arbeit kaum überschreiten können. Das fördert die Kinderarbeit und kann zu Engpässen in der Versorgung führen. Denn in vielen Plantagen fehlt schlicht der Nachwuchs, kommende Generationen wollen sich nicht mehr auf diese Schinderei einlassen. Zudem mangelt es an Effizienz, die Plantagen werden nicht produktiv genug geführt, die Pflanzen erreichen durch falsche Pflege nicht ihre mögliche Ausbeute.

Viele Initiativen setzten deshalb bei Schulungen an, die den Bauern eine produktivere und nachhaltigere Bewirtschaftung ihrer Böden ermöglichen sollen. So hat vor wenigen Wochen der Schokoladenhersteller Mondelez International, zu dem unter anderem die Milka-Produkte gehören, seine umfangreiche Nachhaltigkeitsinitiative „Cocoa Life“ vorgestellt. Mondelez will die gesamte Wertschöpfungskette von der Kakaobohne bis zur Schokoladentafel verändern. „Ziel ist es, die vom Kakaoanbau lebenden Gemeinschaften zu fördern und zu entwickeln, und so die Zukunft der Kakaoindustrie zu sichern“, teilte das Unternehmen mit. Dazu will man eng mit den nationalen Regierungen und Zulieferern zusammenarbeiten. Rund 400.000 US-Dollar will das Unternehmen in den kommenden zehn Jahren dabe investieren, vor allem in die für den Kakaoanbau wichtige Region an der Elfenbeinküste. Auch die meisten anderen großen Hersteller von Schokoladenprodukten haben in den vergangenen Monaten bekräftigt, verstärkt auf Kakaobohnen aus nachhaltigem Anbau zu setzen. Bis 2020 könnte rund die Hälfte der Weltproduktion aus nachhaltigem Anbau kommen, so das am Cocoa-Barometer beteiligte Südwind-Institut. Ob dies allerdings schon zu einer Verbesserung der Lebensumstände in den Anbauregionen führt, müsse auch in Zukunft genau überprüft werden. Angesichts der stark schwankenden Weltmarktpreise reicht es vermutlich nicht aus, nur die Produktivität der Anbaubetriebe zu erhöhen. Manche Initiativen gehen deshalb schon einen Schritt weiter und versuchen, die Bauern unter dem Aspekt der Diversifizierung zudem im Anbau anderer Produkte zu schulen.

Auf der Weltkakaokonferenz, die Ende November in Abidjan stattfand, war genau dies eine der politischen Ziele: Alassane Ouattara, Präsident der Elfenbeinküste, forderte im Interesse aller Beteiligten faire Preise und einen diversifizierten Anbau, um die Lebensumstände der Bauern zu verbessern. Ein Weg zur Verbesserung der Ertragssituation kann die Umstellung auf einen zertifizierten Anbau beispielsweise nach dem SAN-Standard für nachhaltige Landwirtschaft darstellen. Zertifizierte Betriebe würden deutlich höhere Preise an den Märkten erzielen, so die Studie. Allerdings ist die Zertifizierung sehr anspruchsvoll und führt gerade in den wichtigen Anbaugebieten an der Elfenbeinküste zu hohen Durchfallquoten – beispielsweise weil immer wieder der Einsatz von Kindern in der Plantagenarbeit festgestellt wird.

Zur Bekämpfung der Kinderarbeit sei der nachhaltige Anbau der wichtigste Schlüssel, heißt es dazu vom Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI), der ein auf der Konferenz vorgestelltes Maßnahmenpaket ausdrücklich begrüßt. „Zum Nulltarif ist nachhaltig erzeugter Kakao weder für Verbraucher, Lebensmittelhandel noch für die Industrie zu haben. Jeder in der Kakaolieferkette wird seinen Beitrag leisten müssen“, prognostiziert Dietmar Kendziur, Vorsitzender des BDSI, und weist damit auf die erheblichen Investitionen hin, die eine Ausweitung des nachhaltigen Kakaoanbaus erfordert. Ein Weg könnte dass im Frühjahr 2012 gegründete „Forum für nachhaltigen Kakaoanbau“ sein, dem bereits 68 Akteure aus Unternehmen und Zivilgesellschaft beigetreten sind.

Weiter Information zum Thema: Südwind-Publikation – Die Wertschöpfungskette von Schokolade


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