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Grünenthal entschuldigt sich für sein Schweigen

Aachen (csr-news) – Der Pharmakonzern Grünenthal hat Contergangeschädigte um Entschuldigung für sein Schweigen gebeten. Der Vorsitzender der Konzernleitung, Harald F. Stock, bat die Betroffenen am Freitag „um Entschuldigung, dass wir fast 50 Jahre lang nicht den Weg zu Ihnen von Mensch zu Mensch gefunden haben.“ Grünenthal habe gelernt, wie wichtig der Austausch mit den Betroffenen sei, und „dass wir unser tiefes Bedauern gegenüber den Betroffenen, insbesondere gegenüber ihren Müttern, öffentlich deutlich machen müssen.“ Der Konzernchef wählte dafür die Worte: „Wir sehen sowohl die körperlichen Beschwernisse als auch die emotionale Belastung, die die Betroffenen selbst, ihre Familien und besonders ihre Mütter aufgrund von Contergan erleiden mussten und auch heute täglich ertragen.“

Stock kündigte die Umsetzung von Projekten an, mit denen die Lebenssituation Contergangeschädigter verbessert werden solle. 1972 hatte das Unternehmen 114 Millionen DM in eine Stiftung für Contergan-Geschädigte eingezahlt, 2009 zahlte Grünenthal weitere 50 Millionen Euro in die Stiftung ein. Bisher hatte sich das Unternehmen jedoch nicht explizit bei den Opfern des größten Medizin-Skandals der Nachkriegsgeschichte entschuldigt. „Contergan ist und wird auch immer Teil unserer Firmengeschichte sein. Wir haben eine Verantwortung, der wir uns offen stellen“, sagte Stock.

Grünenthal hatte das Schlafmittel Contergan 1957 auf den Markt gebracht. Von schwangeren Frauen wurde es als Mittel gegen die Übelkeit genutzt. Später stellte sich heraus, dass der im Contergan enthaltene Wirkstoff Thalidomid zu schweren Missbildungen der Gliedmaßen ungeborener Kinder führte. Etwa 10.000 Kinder kamen mit schweren Missbildungen zur Welt. 1961 wurde Contergan vom Markt genommen.

Der Bundesverband Contergangeschädigter bezweifelt indes, dass sich Grünenthal ernsthaft um die Anliegen Betroffener bemüht. Die Finanzierung des Mahnmals mit 5.000 Euro durch das Unternehmen bezeichnete der Verband als PR-Maßnahme. Das Kunstwerk zeigt ein auf einem Stuhl sitzendes Mädchen ohne Arme und mit missgebildeten Füßen sowie einen leeren Stuhl. Die Darstellung werde der Situation der heute ins sechste Lebensjahrzehnt gehenden Betroffenen nicht gerecht. Zudem kritisierte der Verband, dass Grünenthal die ursprünglich gemeinsam mit dem Mahnmal geplante wissenschaftliche Aufarbeitung der Contergan-Geschichte nicht durchgeführt habe.

Die >> Rede anlässlich Einweihung des Contergan-Denkmals
Die >> Stellungnahme des Bundesverbandes Contergangeschädigter zum Mahnmal


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