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Eine Frage der Unternehmenskultur: Diversity Management bei HP Deutschland

Im Fokus der öffentlichen Diskussion steht der Frauenanteil unter Führungskräften – und entsprechend auch auf der Agenda von Nachhaltigkeits- oder Diversity-Managern. Dass dieses Thema für Unternehmen eine Frage der Zukunftsfähigkeit darstellt, wird im Gespräch mit Eva Faenger, Diversity Manager bei HP Deutschland, deutlich. Für das CSR MAGAZIN sprach Achim Halfmann mit ihr.

CSR NEWS: Welche Bedeutung kommt der Diversity bei HP zu? Ist es ein „nice to have“ oder mehr?

Eva Faenger: Das Thema Diversity besitzt für uns eine hohe wirtschaftliche Bedeutung und es geht keinesfalls nur darum, dass wir gute Menschen sein wollen: Wir sind ein global agierendes IT-Unternehmen und mit mehr als 300.000 Mitarbeitern in über 170 Ländern vertreten. HP steht für Innovationen, und Innovationen gelingen nur mit unterschiedlichen Sichtweisen.

Nehmen Sie den Standort Deutschland: Unsere rund 10.000 Mitarbeiter kommen aus über 60 Nationen. Kennzeichnend für HP sind eine aufnehmend integrierende Unternehmenskultur und der Respekt vor dem Individuum und der individuellen Leistung. Hier zählen nicht die nationale Herkunft, der Doktortitel oder das Geschlecht. Es zählen Kreativität und Leistung. Um dies zu fördern, setzt HP auf eine Vertrauenskultur mit flexiblen Arbeitszeiten, auch im Home Office. Das erleichtert zum Beispiel die Vereinbarkeit von privaten und beruflichen Anforderungen. Und wir setzen auf Teamarbeit. Unterschiedliche Sichtweisen sind nicht nur gewünscht, sondern gefordert.Wir sorgen dafür, dass jeder sein volles Potenzial entfalten kann.

Deshalb sprechen wir nicht nur von Diversity, sondern von Diversity and Inclusion, von D&I. Das „I“ betont dabei den Aspekt, dass wir Vielfalt schätzen, fördern und zu nutzen wissen indem wir für ein inkludierendes Arbeitsumfeld sorgen. D&I soll einen Beitrag zum Geschäftserfolg leisten.

Sagen Sie uns noch, was sich alles hinter dem Begriff „Diversity and Inclusion“ verbirgt?

Unsere großen Themenbereiche sind Gender, Multi-Generation und Multi-Culture. In Europa ist Gender angesichts der Diskussionen um eine gesetzlich verankerte Frauenquote natürlich ein starkes Thema, und in Deutschland haben wir da auch einiges aufzuholen.

In den USA besitzt dieses Thema nicht die gleiche Brisanz und Dringlichkeit. Weltweit beträgt der Anteil der Frauen in Führungspositionen – also in Positionen mit Personalverantwortung – bei HP knapp 30%. In Deutschland dagegen sind es circa 15%, allerdings mit starken Unterschieden in den einzelnen Unternehmensbereichen: So liegt der Frauenanteil in den Führungspositionen kundennaher Bereiche wie dem Vertrieb zwischen 25% und 30%. In technischen Bereichen wie Consulting, Service und Support oder Outsourcing sind es dagegen nur zwischen 10% und 15%. Dort brauchen wir dringend mehr Frauen.

Mehr Technikerinnen, das würde einer gesetzlichen Quote zuvorkommen. Aber wo liegt der Business Case?

Wir sehen vor allem das Potenzial gemischter Führungsteams. Dieses Potenzial brauchen wir angesichts der globalen Herausforderungen. Je besser die Balance der Geschlechter, desto besser werden wir die Komplexität der Herausforderungen meistern. Ein höherer Frauenanteil bewirkt zugleich eine veränderte Wahrnehmung von HP durch unsere Kunden. Und mit einem Blick auf hergebrachte Rollenverständnisse: In den technischen Bereichen entstehen neue Berufsbilder, in denen es auf das Zusammenspiel von Kunden, Partnern, Prozessen und Unternehmensbereichen ankommt und in denen die Stärken der Frau gefragt sein werden. Ich denke etwa an Aufgaben im Projektmanagement oder an das große Thema Cloud Computing.

Müssen Frauen männlicher werden, um in einem Technologiekonzern Führungspositionen zu erreichen?

Das glaube ich nicht. Denken Sie zum Beispiel an Jaimi Cyrus, die Geschäftsführerin für den Bereich Imaging & Printing bei HP Deutschland ist. Sie ist sehr weiblich und zugleich selbstbewusst und entschlossen. Frauen wie Jaimi Cyrus sind auch in Führungspositionen ein echtes Role Model.

Bei manchen Männern gibt es angesichts der Gender-Diskussion übrigens Ängste, sie sollten durch Frauen ersetzt werden. Da sagen wir ganz klar: Darum geht es nicht, sondern wir wollen die Potenziale gemischter Teams nutzen. Wir wollen die besten Männer und Frauen.

Wie erreicht HP nun konkret, dass Frauen Karriere machen können?

Zum einen bieten wir ein unterstützendes Arbeitsumfeld, das ist sozusagen das Engagement mit der längsten Geschichte. Dazu gehören unsere Vertrauenskultur, unsere flexiblen Arbeitszeitmodelle, Child Care- und Mentoring Programme und Mitarbeiternetzwerke wie die Eltern- und Frauennetzwerke. Vor zwei Jahren haben wir uns dann unsere Programme angesehen und festgestellt: Wir haben viel getan, aber nicht genug bewegt. Daraus haben wir Konsequenzen gezogen:

Um das Thema im Unternehmen in die Breite zu bringen, haben wir einen Diversity Council gegründet. Zu ihm gehören aus den verschiedenen Unternehmensbereichen Mitarbeiter mit Entscheidungskompetenz, die zum Teil direkt an die Geschäftsführung berichten. Wir haben unser Ziel, Führungspositionen zu durchschnittlich 25% mit Frauen zu besetzen, auf die verschiedenen Geschäftsbereiche heruntergebrochen und uns gefragt: Was muss konkret geschehen? Dazu drei Beispiele:

Eine Erkenntnis in diesem Bereich war: Wir müssen uns um unsere eigenen weiblichen Talente stärker kümmern als bisher. Zunächst fehlte eine bereichsübergreifende Übersicht unserer Talente. Diese haben wir nun mit einem Female-Talent-Pool erreicht und diesen Pool in drei Führungsebenen gegliedert. In den Pool werden Frauen aufgenommen, die dies auch selbst wollen, und wir unterstützen sie bei ihrer Zielsetzung und Karriereplanung. Offene Führungspositionen werden heute mit diesem Pool abgeglichen, und wir schlagen den Hiring-Managern Talente daraus vor.

Zudem gehört heute zu unserer Hiring-Policy für Führungskräfte, dass auf der Short List der Kandidaten mindestens eine Frau steht. Zunächst gab es das Gegenargument: Dafür bewerben sich zu wenig Frauen. Die Zahl der Bewerberinnen steigt aber, wenn wir unsere Talente genau kennen und aktiv an die Hand nehmen.

Und schließlich geht es uns um die persönliche Haltung unserer Mitarbeiter. In der deutschen Kultur gibt es in Bezug auf das Bild einer berufstätigen Mutter sehr stereotype Vorstellungen. Frauen, die kurz nach der Entbindung wieder arbeiten, werden nicht selten schief angesehen. Bei der jungen Generation ändert sich das heute. Jedenfalls passiert es schnell, dass ein Vorgesetzter bei einer schwangeren Mitarbeiterin davon ausgeht: Die geht in Elternzeit und kommt so schnell nicht wieder. Hier setzen wir mit Awareness-Workshops an. Wir wollen, dass Führungskräfte das Visier öffnen und mit ihren Mitarbeiterinnen reden: Will sie tatsächlich nach zwei Jahren wiederkommen – oder doch schon nach acht Wochen? Stereotype Vorstellungen sind zutiefst menschlich, sie lassen sich nicht mit einem einzelnen Workshop überwinden. Deshalb arbeiten wir kontinuierlich an dieser Herausforderung. Unsere Unternehmens- und Führungskultur unterstützt hier enorm. Dennoch sind wir auch Teil der deutschen Kultur und dafür wollen wir sensibilisieren.

Haben Sie vielen Dank für das Gespräch!


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