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KarmaKonsum-Konferenz: Redner fordern radikalen Umbau des Wirtschaftssystems

„Was kann die Wirtschaft zum Glück der vielen Menschen beitragen?“ Mit dieser Frage eröffnete KarmaKonsum-Gründer Christoph Harrach die 6. KarmaKonsum-Konferenz. Den fast 500 Teilnehmern riet er, sich als Teil einer international vernetzten Wertegemeinschaft auf der Suche nach einem neuen Wirtschaften zu verstehen. Mehrere Redner beleuchteten, wie ein neues Wirtschaften und der Weg dorthin aussehen könnten.

Frankfurt (csr-news) – „Was kann die Wirtschaft zum Glück der vielen Menschen beitragen?“ Mit dieser Frage eröffnete der Gründer der Beratungsgesellschaft KarmaKonsum, Christoph Harrach (Foto), die 6. KarmaKonsum-Konferenz am 31. Mai in Frankfurt. Den fast 500 Teilnehmern der zweitägigen Veranstaltung riet er, sich als Teil einer international vernetzten Wertegemeinschaft auf der Suche nach einem neuen Wirtschaften zu verstehen. „Wir stehen für den positiven Wandel.“ Weiter sagte Harrach, eine Veränderung setze voraus, „dass wir Vorbild für andere werden durch die Taten, nicht durch die Worte.“ Zum Konferenzthema “Gemeinwohl – Ein Paradigmenwechsel in Ökonomie und Gesellschaft” beleuchteten mehrere Redner, wie ein neues Wirtschaften und der Weg dorthin aussehen könnten.

Gemeinwohl-Ökonomie statt Wachstums- und Fresszwang

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Für den Entwurf einer Wirtschaftsverfassung, die dem Handeln der Unternehmen einen völlig neuen Rahmen gibt, trat der österreichische Autor und Verfasser des Buches „Die Gemeinwohl-Ökonomie“, Christian Felber (Foto), ein. Die heutige Rechtsordnung belohne egoistische und rücksichtslose Verhaltensweisen, sagte Felber. Ziel einer neuen Rechtsordnung müsse es sein, Gewinnstreben durch Gemeinwohlstreben und Wettbewerb durch Kooperation zu ersetzen. Der Wettbewerb sei heute zum höchsten Wert überhaupt aufgestiegen. Felber weiter: „Auch der Wettbewerb stachelt uns zur Leistung an und motiviert uns, aber schwächer als die Kooperation.“ Der Wettbewerb motiviere über die Angst, Kooperationen dagegen über gelingende Beziehungen.

Mit einer Wirtschaftsverfassung könne gesetzlich festgelegt werden, dass der Erfolg eines Unternehmens nicht an seinem Finanzergebnis gemessen werde, sondern anhand seiner Gemeinwohlbilanz. Um diese zu erfassen, erarbeitet Felber gemeinsam mit anderen eine Gemeinwohl-Matrix. Zukünftig könnten in einem Bürgerbeteiligungsprozess in allen Kommunen 15 bis 25 relevante Indikatoren für den Gemeinwohl-Beitrag von Unternehmen erfasst werden und diese dann abgefragt werden. Als Bestandteile einer Gemeinwohl-Ökonomie sprach sich Felber für weitere gesetzliche Regulierungen aus: Unternehmen sollten sich nur bis zu einer zu bestimmenden Größenordnung in privater Hand befinden. Die Verwendung von Unternehmensgewinnen solle eingeschränkt und dabei Finanzinvestitionen, feindliche Unternehmensübernahmen, Ausschüttungen an nicht mitarbeitende Eigentümer und Parteienspenden untersagt werden. Das führe zum „Erlöschen der kapitalistischen Systemdynamik, nämlich des allgemeinen Wachstumszwangs und Fresszwangs“, sagte Felber. Für gemeinwohlorientierte Produkte und Dienstleistungen sollten zudem Anreizsysteme geschaffen werden, etwa ein geringerer Mehrwertsteuersatz oder ein zollfreier Import fair produzierter Waren. Die Erstellung einer Gemeinwohl-Bilanz und deren Dokumentation in einem Gemeinwohl-Bericht werde derzeit von 662 Unternehmen unterstützt. 300 Pionier-Unternehmen hätten bereits eine solche Bilanz erstellt, sagte Felber.

„Große Transformation“ braucht Zivilgesellschaft

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Für einen von der Zivilgesellschaft initiierten radikalen Umbau des Wirtschaftssystems sprach sich der Leiter internationalen Initiative Smart CSOs Lab, Michael Narberhaus (Foto), aus. „Wir brauchen weniger Markt und eine vollkommen andere Finanzwirtschaft“, sagte Narberhaus. Die neue Form des Wirtschaftens könne durch regionale Währungen gekennzeichnet sein. Politik, Unternehmen und Konsumenten seien in zu vielen Zwängen gefangen, um eine solche „Große Transformation“ anstoßen zu können. Dies sei vielmehr Aufgabe der Zivilgesellschaft. Jedoch hätten sich auch die Nichtregierungsorganisationen in den letzten Jahren stark auf die Politik konzentriert, sich so politischen Zwängen ausgeliefert und taktierend gehandelt. Als Beispiel nannte Narberhaus die Detox-Kampagne von Greenpeace, die sich bei der Anprangerung von Missständen bei der Textilproduktion selbst Elementen der Konsumgesellschaft bediene. Für die „Große Transformation“ müssten NGOs aber radikale Innovationen fördern und insgesamt partizipativer werden, so Narberhaus.

Energiewende braucht „Einsparkraftwerke“

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Mit ihren Anmerkungen zur Energiewende knüpfte die Leiterin der Grundsatzabteilung des Umweltbundesamtes, Kora Kristof (Foto), an konkreten, gegenwärtigen Herausforderungen an. Eine „noch unbekannte Ressource“, die Energieeffizienz, gelte es zu berücksichtigen. „Warum bauen wir eigentliche keine Energiesparkraftwerke?“ Weiter schlug Kristof eine Umstellung des Steuersystems auf die Belastung von Ressourcenverbräuchen anstelle des Arbeitseinkommens vor. Kristof: „Wir brauchen eine Kultur der Veränderung. Wir brauchen Know How, wie wir Veränderungsprozesse erfolgreich gestalten.“ Ziele müssten der Aufbau von Beteiligungskulturen sowie von resilienten Strukturen sein, die auch Fehler verarbeiten könnten.

Die KarmaKonsum-Konferenz im Internet


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