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EU-Parlament: Resolution gegen Kinderarbeit

Europa ist weltweit größter Konsument von Schokolade, rund 40 Prozent der Welternte werden hier verarbeitet und konsumiert, sowie gleichzeitig Heimat führender Schokoladenhersteller. Auf der anderen Seite gehören Kinderarbeit und schlechte Arbeitsbedingungen beim Kakaoanbau zur Tagesordnung. Das Europäische Parlament hat nun mit einer Resolution Maßnahmen gegen Kinderarbeit gefordert.

Brüssel (csr-news) > Europa ist weltweit größter Konsument von Schokolade, rund 40 Prozent der Welternte werden hier verarbeitet und konsumiert, sowie gleichzeitig Heimat führender Schokoladenhersteller. Auf der anderen Seite gehören Kinderarbeit und schlechte Arbeitsbedingungen beim Kakaoanbau zur Tagesordnung. Das Europäische Parlament hat nun mit einer Resolution Maßnahmen gegen Kinderarbeit gefordert.

Nach Schätzungen arbeiten heute weltweit bis zu 14 Millionen Menschen auf Kakaoplantagen, indirekt vom Kakaoanbau abhängig sind allerdings weitaus mehr – schätzungsweise bis zu 50 Millionen. Für ihre Arbeit erhalten sie meist nur einen spärlichen Lohn – von einer Tafel Schokolade, die hier im Supermarkt mit 70 – 80 Cent verkauft wird, verbleiben nur etwa 2-3 Cent bei den Kakaobauern. Ein Grund für die weitverbreitete Kinderarbeit auf den Plantagen, ohne die Unterstützung ihrer Kinder könnten viele Kakaobauern kaum wirtschaftlich arbeiten. “Allein in der Elfenbeinküste und Ghana arbeiten schätzungsweise 1,8 Millionen Kinder in der Kakao-Produktion, oft eng verbunden mit Kinderhandel. Die EU als weltweit größter Konsument von Kakao-Produkten hat beim Kampf gegen Kinderarbeit eine besondere moralische Verantwortung”, stellte der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange klar. Norbert Neuser, SPD-Europaabgeordneter im Entwicklungsausschuss, unterstrich die Bedeutung des Kakaoanbaus für Westafrika, mahnte aber: “Auch wenn viele Volkswirtschaften Westafrikas von der Kakaoproduktion abhängen, dürfen wir die Augen vor der Kinderarbeit nicht verschließen. Kinder hart arbeiten zu lassen, statt sie eine Schule besuchen zu lassen, ist nicht akzeptabel. Auch für die Familien und Länder rechnet es sich längerfristig mehr, wenn Kinder eine Ausbildung erhalten.” Unterstützt wird die Resolution auch von der in Bonn ansässigen Forest Finance Group. „Die Resolution gegen Kinderarbeit ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, so Geschäftsführer Harry Assenmacher. „Nachdem freiwillige Maßnahmen von Seiten der Kakaoindustrie jedoch bislang größtenteils gescheitert sind, sollten darüber hinaus auch rechtlich bindende Vorschriften für Unternehmen erlassen werden, um Kinderarbeit tatsächlich zu verhindern“. Achim Drewes, Public Affairs Manager bei Nestle, begrüßt die Resolution ebenfalls: „Dieses klare politische Statement ist von großer Bedeutung, um die Veränderungs-Prozesse voranzutreiben“, sieht aber auch erste Erfolge.

Besorgniserregend hohe Anzahl Kinder auf den Plantagen

In ihrer Resolution appellieren die EU-Parlamentarier an Kakaobauern, Hersteller, Händler, Regierungen und Konsumenten ihren Beitrag zur Bekämpfung von Kinderzwangsarbeit und Kinderhandel zu leisten. Berichterstatter Vital Moreira, portugiesisches Parlamentsmitglied, sprach von einer besorgniserregend hohen Zahl an Kindern, die gezwungen ist, riskante Arbeiten auf den Kakaoplantagen auszuführen. Moreira: „Das neue Internationale Kakao-Übereinkommen gibt uns mehr Möglichkeiten, dagegen anzugehen, aber es muss noch viel mehr getan werden. Sowohl die politischen Entscheidungsträger als auch alle in die Kakaoherstellung involvierten Akteure müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und Kinderarbeit bei Kakaoproduktion unterbinden“. Das inzwischen in die Jahre gekommene Harkin-Engels-Protokoll sollte die Kinderarbeit eigentlich längst abschaffen, wurde aber nie konsequent umgesetzt. Für Nestle-Manager Drewes hat das Protokoll allerdings auch schon Ergebnisse gebracht. Durch den Austausch aller beteiligten Akteure sind die bestehenden Probleme klarer zu erkennen und zu adressieren. „In der Vergangenheit wurde der benötigte Zeitrahmen falsch eingeschätzt. Die Lösung der Dinge braucht wesentlich länger als gedacht, unter anderem auch, weil in den betroffenen Regionen lange Zeit sehr instabile politische Verhältnisse herrschten“. Zudem ist der Markt sehr kleinteilig und fragmentiert, eher schwierige Bedingungen um kurzfristig schnelle Lösungen zu präsentieren. Nestle hat deshalb in den Anbauländern nach Kooperativen gesucht, um sowohl qualitative Vorgaben zu erreichen als auch internationale Arbeitsstandards zu sichern. Konkret wird den Bauern in sogenannten ‚Farm Field Schools’ der ertragreiche und qualitative Anbau beigebracht. Drewes: „Durch unsichere Verhältnisse in den Anbauländern konnten und wollten viele Bauern nicht mehr investieren. Dadurch arbeiten sie heute mit wenig ertragreichen Pflanzen, die zudem Kakao von schlechter Qualität liefern“. Durch die Schulungsmaßnahmen können die Bauern ihre Erträge erheblich steigern. Bei entsprechender Qualität zahlt Nestle neben dem Weltmarktpreis auch eine Prämie. Drewes: „So versuchen wir stabile Verhältnisse in der Lieferkette herzustellen“.

Konsequente Umsetzung des Abkommens

Mit ihrer Resolution fordert die EU nun die hartnäckige Umsetzung des Internationalen Kakaoabkommens und verurteilt nachdrücklich die Kinderarbeit auf den Kakaofarmen. In der Resolution werden die Staaten aufgefordert, die UN-Kinderrechtskonvention sowie die ILO-Konventionen zu Mindestalter (138) und den schlimmsten Formen von Kinderarbeit (182) zu ratifizieren und umzusetzen. Laut Übereinkommen 138 dürfen auf den Plantagen beschäftigte Kinder nicht im schulpflichtigen Alter und auf keinen Fall unter 15 sein. Ausnahmen können gewährt werden, beispielsweise kann in Ländern, deren schulische Einrichtungen unzureichend entwickelt sind, das Alter auf 14 gesenkt werden, trotzdem dürfen Kinder auch dann nur zu leichten Arbeiten herangezogen werden. Im Übereinkommen 182 werden alle Formen des Kinderhandels und der Zwangsarbeit verurteilt, und zwar für alle Kinder unter 18 Jahren. Drewes: „Gegen kriminelle Machenschaften müssen aber vor allem die örtlichen Behörden vorgehen, das können wir als Unternehmen nicht leisten“. In der EU-Resolution wird ferner die Entwicklung eines Prozesses verlangt, anhand dessen genau festgestellt werden kann, ob ein Produkt durch Kinderarbeit hergestellt wurde. Jeder Schritt der Kakao-Zulieferkette muss rückverfolgbar sein. Sollten die Marktakteure dies selber nicht bewerkstelligen können, empfehlen die EU-Abgeordneten die Übertragung dieser Aufgabe an akkreditierte Partnerunternehmen. Nestle setzt dabei auf UTZ Certified und ist als erstes Lebensmittelunternehmen eine Partnerschaft mit der Fair Labor Association (FLA) eingegangen. Experten der FLA werden die Kakao-Lieferkette untersuchen und im Mai ihren Bericht vorlegen. Drewes: „Der beim European Comitee for Standadization (CEN) neu gegründete Arbeitsausschuss ‚Nachhaltiger Kakao und dessen Rückverfolgbarkeit’ könnte allerdings in Zukunft noch eine wichtigere Rolle spielen als die aktuelle Resolution“. Der Ausschuss trifft sich im Mai zu seiner konstituierenden Sitzung.

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