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Spielzeughersteller: Probleme mit der sozialen Verantwortung

In den letzten Wochen vor Weihnachten erzielen die Spielzeughersteller rund ein Drittel ihres Jahresumsatzes. Während hierzulande Glöckchen und Kassen klingeln, werden in anderen Teilen der Welt die Arbeitnehmerrechte missachtet, damit alle Geschenke pünktlich unterm Tannenbaum liegen. Das Aktionsbündnis „fair spielt“ macht auf fehlendes Verantwortungsbewusstsein der Hersteller aufmerksam.

Heidelberg/Aachen >  In den letzten Wochen vor Weihnachten erzielen die Spielzeughersteller rund ein Drittel ihres Jahresumsatzes. Während hierzulande Glöckchen und Kassen klingeln, werden in anderen Teilen der Welt die Arbeitnehmerrechte missachtet, damit alle Geschenke pünktlich unterm Tannenbaum liegen. Das Aktionsbündnis „fair spielt“ macht auf fehlendes Verantwortungsbewusstsein der Hersteller aufmerksam.

Fast dreiviertel der deutschen Spielwaren kommen aus China. Dass das Spielzeuggeschäft ein Saisongeschäft ist, bekommen in diesen Tagen auch die Arbeiter in den chinesischen Spielzeugfabriken zu spüren. Während das Weihnachtsgeschäft auf Hochtouren läuft und in letzter Minute große Stückzahlen geordert werden, bedeutet dies für die Fabrikarbeiter Arbeitszeiten von 14 Stunden pro Tag. „Diese extremen Arbeitszeiten widersprechen nicht nur dem chinesischen Arbeitsrecht, sondern führen außerdem zu einer Vielzahl vermeidbarer Unfälle, gegen die die Arbeitgeber ihre Beschäftigten oft nicht einmal ausreichend versichert haben. Es ist nicht hinnehmbar, dass Zigtausende von Arbeitern in den chinesischen Fabriken den Preis für die bunte Spielzeugwelt in unseren Kinderzimmern mit ihrer Gesundheit bezahlen“, so Josef Sayer, Hauptgeschäftsführer von MISEREOR.

Sayer weist in diesem Zusammenhang auf die Verantwortung der Auftraggeber hin, wie sich auch in den „Leitprinzipien“ der Vereinten Nationen zu Wirtschaft und Menschenrechten festgehalten sind. Durch ihre Einkaufspolitik hätten die Unternehmen erheblichen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen bei ihren Lieferanten und damit die Mittel, um Menschenrechtsverstößen vorzubeugen. Tatsächlich würden nur wenige Hersteller dieser Verantwortung gerecht, wie das Bündnis mitteilt, nach ihrer Kenntnis verfügt kein Spielzeughersteller über entsprechende Konzepte. Zwar hat der Weltverband der Spielzeugindustrie mit dem ICTI Care-Prozess ein Instrument entwickelt, genau diese Verantwortung wahrzunehmen, daran beteiligt sich jedoch nur eine Minderheit der Unternehmen. Von 116 Herstellern, die in Fernost produzieren lassen, legten bei einer aktuellen Firmenumfrage der Aktion „fair spielt“ lediglich 48 für wenigstens einen ihrer Lieferanten einen Nachweis vor, dass die Arbeitsbedingungen in dessen Betrieb den Regeln des Programms entsprechen. 42 Unternehmen produzieren nur in Deutschland und der Europäischen Union und von 87 Firmen ist nicht bekannt, wo ihre Produkte hergestellt werden.

Der ICTI Care-Prozess ist eine Selbstverpflichtung der Branche mit dem Ziel sicherzustellen, dass ihre Produkte in einem, sicheren und gesunden Umfeld produziert werden. Dazu gehören beispielsweise das ausdrückliche Verbot von Kinderarbeit, die Bezahlung festgelegter Mindestlöhne und Überstunden sowie Standards für Arbeitssicherheit und Umweltschutz. Inzwischen sind rund 1000 Fabriken nach diesem Standard zertifiziert und rund 1000 für eine Zertifizierung angemeldet. Zudem haben sich über 670 Abnehmer von Spielzeugprodukten dazu verpflichtet, nur noch bei zertifizierten Lieferanten einzukaufen. Trotz dieser Fortschritte hält das Bündnis „fair spielt“ die ICTI Care Programme für ethische Spielwaren weitestgehend für Papiertiger: Trotz jahrelanger Forderungen sind die für den Prozess Verantwortlichen nicht bereit, die Selbstverpflichtungen der Markenfirmen zur Beachtung der geforderten Arbeitsstandards zu überprüfen und über deren Umsetzung zu informieren“. Wie das Bündnis mitteilt, wird die Verantwortung einseitig auf die Lieferanten abgewälzt, und zudem nur die direkten Lieferanten kontrolliert, nicht aber deren Sublieferanten. „Insgesamt sei das zu wenig, um glaubwürdig die wirksame Durchsetzung der Menschen- und Arbeitsrechte in den chinesischen Spielzeugfabriken nachzuweisen“.

Das Bündnis „fair spielt“ hat im Internet eine Liste veröffentlicht, wie deutsche Spielwarenhersteller die ICTI Care Standards umsetzen.


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