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Wirtschaftskriminalität: Täter oft im Top-Management

Deutsche Unternehmen haben im letzten Jahr insgesamt weniger Wirtschaftsdelikte gemeldet, allerdings ist die durchschnittliche Schadenshöhe deutlich auf 8,4 Millionen Euro gestiegen. Dies sind Ergebnisse einer aktuellen Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC) zur Wirtschaftskriminalität. Erstmals versucht die Studie, auch die Dunkelziffer zu beleuchten.

Frankfurt >  Deutsche Unternehmen haben im letzten Jahr insgesamt weniger Wirtschaftsdelikte gemeldet, allerdings ist die durchschnittliche Schadenshöhe deutlich auf 8,4 Millionen Euro gestiegen. Dies sind Ergebnisse einer aktuellen Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC) zur Wirtschaftskriminalität. Rund 830 Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern wurden von PwC befragt. Gut jedes zweite Unternehmen ist in den vergangenen zwei Jahren mindestens einmal Opfer von Unterschlagung, Korruption, Industriespionage oder anderen Wirtschaftsdelikten geworden. Erstmals versucht die Studie, auch die Dunkelziffer zu beleuchten. „Wenn man über die entdeckten Straftaten hinaus auch das Dunkelfeld der Delikte zu erhellen versucht, die von Unternehmen lediglich vermutet werden, steigt die Zahl der betroffenen Unternehmen deutlich. Statt der 52 Prozent, die über entdeckte Fälle berichten, sind bei Berücksichtigung der Verdachtsfälle in den vergangenen zwei Jahren dann 73 Prozent der Unternehmen betroffen“, erläutert Prof. Dr. Kai Bussmann von der Universität Halle-Wittenberg.

Die häufigsten Delikte werden im Bereich von Betrug, Unterschlagung und Diebstahl, auch vertraulicher Daten, begangen. „Die Befürchtung, dass infolge der Auswirkungen der Finanzmarktkrise die Zahl der Wettbewerbsdelikte steigen würde, hat sich dagegen nicht bewahrheitet“, berichtet Steffen Salvenmoser, Partner bei PwC. Ein weitaus größeres Problem als die direkten Schäden, sind für die meisten Unternehmen die Folgeschäden durch Verluste der Reputation und des Börsenwertes. Immerhin 50 Prozent der Unternehmen berichten über spürbare Beeinträchtigungen ihrer Geschäftsbeziehungen als Folge bekannt gewordener Wirtschaftsdelikte, immer noch 12 Prozent registrierten einen merklichen Rückgang ihres Aktienkurses. “Es kostet sehr viel Zeit und Geld, die Folgen von Wirtschaftsdelikten zu bewältigen”, sagt Steffen Salvenmoser. “In Wirtschaftskriminalität verwickelt zu werden, erweist sich zunehmend als ein unternehmensgefährdendes Risiko.” So verwundert es nicht, dass Unternehmen zunehmend über Compliance- und Anti-Korruptionsprogramme verfügen. Hier sagen die PwC-Experten einen weiteren Zuwachs für die kommenden Jahre voraus. Compliance wird zunehmend als Wettbewerbsvorteil gesehen. “Der Markt beginnt, Prävention gegen Wirtschaftskriminalität zu honorieren. Compliance erhält zunehmend einen Marktwert und entwickelt sich zu einem Produktivitätsfaktor”, so Salvenmoser.

Wer sind nun die Täter in den Unternehmen? Gut die Hälfte kommt aus den eigenen Reihen, die andere Hälfte von externen Unternehmen. In der aktuellen Studie hat PwC das Profil der externen Täter unter die Lupe genommen. Diese sind meist männlich, langjährige Mitarbeiter und gehören zum Top-Management. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Tätern aus dem eigenen Unternehmen, dies wurde vor kurzem von KPMG anhand von 350 Delikten aus 69 Ländern untersucht. Aufgeklärt werden die meisten Fälle durch Kommissar Zufall, häufig in Form von internen oder externen Tipps. Dennoch zeigen sich die meisten Unternehmen bei der Einrichtung eines entsprechenden Hinweisgebersystems zurückhaltend. In der aktuellen Studie fragte PwC die Unternehmen durch freie Nennung nach „Compliance Leuchttürmen“, also nach Unternehmen, die durch ihr Compliance-Programm oder andere Präventionsmaßnahmen besonders positiv wahrgenommen werden. Mit 41 Prozent der Nennungen lag Siemens klar vor den nachfolgenden Unternehmen Daimler, VW, Deutsche Bank und BMW.

Die aktuelle Studie „Wirtschaftskriminalität 2011“ kann kostenlos bei PwC bezogen werden. Zum Download bietet PwC zudem eine Studie aus dem Jahr 2009 an, die sich mit den Motivstrukturen beschäftigt.

Das aktuelle „Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität“ steht auf der Website des Bundeskriminalamts zum Download zur Verfügung.

Ein aktuelles Themenheft zur Korruption bietet Transparency International auf seiner Website an.

Weitere Informationen zur genannten KPMG-Studie gibt es hier.


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