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Rüstungsexporte: Regierungshandeln und Unternehmensverantwortung

Medienberichten zufolge plant Deutschland die Lieferung von 200 hochmodernen Kampfpanzern des Typs Leopard 2 an Saudi Arabien. Eine solche Lieferung steht auch deshalb im Konflikt, weil sich dieser Panzertyp besonders für Nahkampfsituationen und den Einsatz bei Volksaufständen eignet. Und die drohen auch dem autoritär regierten Wüstenstaat. Hergestellt wird der Panzer von den Unternehmen Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann.

Berlin/Düsseldorf/München > Medienberichten zufolge plant Deutschland die Lieferung von 200 hochmodernen Kampfpanzern des Typs Leopard 2 an Saudi Arabien. Eine solche Lieferung steht auch deshalb im Konflikt, weil dieser Panzertyp besonders für Nahkampfsituationen und den Einsatz in Städten und Dörfern geeignet ist – und sich damit ausgezeichnet für den Einsatz bei Volksaufständen eignet. Und die drohen auch dem autoritär regierten Wüstenstaat. Hergestellt wird der Panzer von den Unternehmen Rheinmetall (Düsseldorf) und Krauss-Maffei Wegmann (München).

Rheinmetall konnte den Konzernumsatz im vergangenen Jahr um 17 Prozent auf fast vier Milliarden Euro steigern. Und auch das operative Ergebnis erreichte mit 297 Millionen Euro ein Rekordniveau. Einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht das Unternehmen bisher nicht. Zum ganzen Themenbereich gesellschaftliche Unternehmensverantwortung findet sich auf der Website lediglich ein Hinweis darauf, dass zwei Führungskräfte von Rheinmetall Defence Electronics 2007 für eine Woche die Seite wechselten und als freiwillige Mitarbeiter in sozialen Einrichtungen arbeiteten. Das soll sich ändern: Rheinmetall arbeitet an einer Nachhaltigkeitsberichterstattung, sagte ein Unternehmenssprecher gegenüber CSR NEWS. Bis zu deren Erscheinen werde es aber eher Monate als Wochen dauern.

Auch Krauss-Maffei Wegmann berichtet nicht zu seiner gesellschaftlichen Verantwortung. Auf die Frage nach einer zukünftigen Nachhaltigkeitsberichterstattung blieb eine Antwort aus. Wie steht es mit der politischen Verantwortung? Das beleuchtet der folgende Korrespondentenbericht:

Brisante Entscheidung hinter den Kulissen
Von Peter Wütherich

Bei der Genehmigung von Waffenausfuhren ins Ausland muss die Bundesregierung die Rüstungsexportrichtlinien befolgen, welche die damalige rot-grüne Koalition im Jahr 2000 beschlossen hat. Das Regelwerk setzt der Regierung enge Grenzen bei der Genehmigung und hält sie an, “ihre Rüstungsexportpolitik restriktiv zu gestalten”. Die Opposition wirft der Regierung vor, mit der möglichen Ausfuhr von Kampfpanzern nach Saudi-Arabien gegen diese Richtlinien zu verstoßen.

Ausdrücklich verboten sind dem Regelwerk zufolge Exporte in jene Länder, “die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind oder wo eine solche droht”. Exportgenehmigungen würden zudem “ausdrücklich nicht erteilt”, wenn der hinreichende Verdacht besteht, dass die Rüstungsgüter “zur internen Repression” oder zu “sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht” würden. Für den Waffenhandel mit EU- und NATO-Partnerländer gelten deutlich lockerere Sonderbestimmungen.

Die Exportrichtlinien schreiben vor, dass bei der Genehmigung politische und nicht wirtschaftliche Kriterien im Vordergrund stehen müssen. Berücksichtigt werden müssen erstens die Situation der Menschenrechte im Empfängerland, zweitens die Frage, welchen Beitrag die Lieferung zum Ziel von Friedenserhalt und Konfliktvermeidung leistet und drittens das Kriterium, ob ein Export im Empfängerland eine nachhaltige Entwicklung etwa durch “unverhältnismäßige Rüstungsausgaben” verhindert.

Die Richtlinien schreiben fest, dass diese “Schutzzwecke” Vorrang vor wirtschaftlichen Erwägungen in Deutschland haben. Der Export dürfe “insbesondere nicht zum Aufbau zusätzlicher, exportspezifischer Kapazitäten führen”, heißt es darin. “Beschäftigungspolitische Gründe dürfen keine Rolle spielen.”

Im internationalen Vergleich sind die deutschen Vorschriften streng, Industrieverbände beklagen einen Wettbewerbsnachteil. In ihrem Koalitionsvertrag von 2009 vereinbarten Union und FDP: “Um faire Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Wirtschaft zu gewährleisten, wird eine Harmonisierung mit der Genehmigungspolitik der anderen EU-Staaten auf hohem Niveau angestrebt.” Die Richtlinien aus dem Jahr 2000 wurden bislang aber noch nicht verändert.

Die Entscheidung über Exportgenehmigungen fällt der Bundessicherheitsrat. Diesem geheim tagenden Kabinettsausschuss gehören die Bundeskanzlerin, der Vizekanzler, der Chef des Bundeskanzleramts sowie die Bundesminister für Auswärtiges, Finanzen, Inneres und Justiz an.

Die Geheimhaltung über Genehmigungen zum Rüstungsexport gilt nur befristet. Die Richtlinien verpflichten die Bundesregierung, dem Bundestag jährlich einen Rüstungsexportbericht vorzulegen, der die Ausfuhrgenehmigungen für Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter dokumentiert. Zuletzt ist die Regierung dieser Pflicht im Dezember 2010 mit der Vorlage des Berichts über die Exporte im Jahr 2009 nachgekommen.


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Kommentar

  • Die nachhaltige Zerstörung der Landstriche mit Uran-Munition lässt sich doch als internationales Endlager verkaufen – und als Bevölkerungspolitik, da würde ich jetzt keine kleinkarierten Skrupel haben.

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