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Marktwirtschaft der Zukunft braucht mehr Dialog und Wachstumsbeschränkung

Wer in den wohlhabenden Ländern Raubbau beenden will, der beendet deren Wirtschaftswachstum. Über die Marktwirtschaft der Zukunft diskutierten Fachleute auf einem Podium des Deutschen Stiftungstages in Stuttgart. Zwei zentrale Stichworte lauteten: Bildung und Beteiligung.

Stuttgart > „Das Wachstum, das uns vertraut ist, wird es in Zukunft in den wohlhabenden, frühindustrialisierten Ländern nicht geben.“ Das sagte der Vorsitzende der Stiftung Denkwerk Zukunft, Prof. Meinhard Miegel (Bonn), am 11. Mai auf dem Deutschen Stiftungstag in Stuttgart. Miegel wies auf die Notwendigkeit eines Umdenkens hin: Das Glücks- und Heilversprechen einer säkularisierten Welt nach dem Motto „Wir werden materiellen Wohlstand schaffen“ sei so nicht einzuhalten. Die Gesellschaft müsse aufhören, Raubbau an der Umwelt und an der Zukunft zu betreiben. Und „wenn wir aufhören würden, Raubbau zu betreiben, wäre Wachstum nicht möglich.“ Auch die Gesellschaft selbst leide unter Raubbau. „Die Gesellschaft zeigt alle Anzeichen des Schwundes ihres Zusammenhalts.“ Sie sei „kein Hort“ mehr, Familie nicht mehr ein „Biotop für Kinder“. Die frühindustrialisierten Länder hingen bereits an einem Bevölkerungstropf und seien auf Einwanderung angewiesen. Miegel: „Die Fortsetzung des bisherigen Kurses führt zu einer Zersetzung von Umwelt und Gesellschaft bis hin zu ihrem völligen Kollaps.“

Verbrauchsstiftungen als Zukunftsmodell

Auch Stiftungen seien von den absehbaren Veränderungen betroffen: Sie würden langfristig nicht mehr in der Lage sein, ausreichende Vermögenserträge für die Verwirklichung ihrer Ziele zu erreichen. Miegel: „Die Stiftung der Zukunft wird eine Verbrauchsstiftung sein.“ – eine Stiftung also, die ihr Kapital verzehrt.

Neue Soziale Marktwirtschaft gefordert

Der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Gunter Thielen (Gütersloh), wies auf den Reformbedarf der sozialen Marktwirtschaft in Richtung mehr Bildungsgerechtigkeit und Bürgerbeteiligung. Bürger forderten in erster Linie eine gerechte Bildungschance für alle. Wissen sei der einzige Rohstoff, mit dem sich Menschen in einer globalen Ökonomie behaupten könnten. Thielen: „Ein ungerechtes Bildungssystem wird unsere Gesellschaft auf Dauer spalten und auseinander bringen.“ Zudem fühlten sich Bürger nicht ausreichend in Entscheidungen eingebunden, darauf müsse sich eine moderne soziale Marktwirtschaft einstellen. Die Bürger seien bereit, Verantwortung zu übernehmen. Die Einbeziehung der Bürger und vieler anderer Akteure werde ein Merkmal der zukünftigen sozialen Marktwirtschaft sein.

Stiftungen als „institutionalisierte Nachhaltigkeit“

Auch für die Lösung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen sei es wichtig, dass Stiftungen sowie andere Organisationen der Zivilgesellschaft in den Dialog einsteigen.„Die Lösung für all diese Aufgaben kann man nicht einfach an den Staat oder die Wirtschaft delegieren“, sagte Thielen. Als „institutionalisierte Nachhaltigkeit“ stellten Stiftungen eine wichtige Ergänzung zu Staat und Wirtschaft dar.

Foto (von links): Gunter Thielen, Moderatorin Dr. Ursula Weidenfeld (Potsdam), Prof. Dr. Meinhard Miegel bei der Podiumsdiskussion


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