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Unternehmen gehen stiften: Die Wirtschaft bereichert den Dritten Sektor

Ein Großunternehmen, das auf sich hält, gründet heute eine Stiftung. Dieses Instrument gehört inzwischen zu einer ausgefeilten Corporate Social Responsibility-Strategie. Doch mit einer Stiftung betritt ein Unternehmen unbekanntes Territorium: Den Bereich des Dritten Sektors, in dem ganz andere Regeln gelten als in der Wirtschaft. Bisher stiften vor allem Großunternehmen, doch auch für kleine und mittlere Unternehmen bieten sich attraktive Möglichkeiten, das Gemeinwohl zu bereichern. Was ist zu beachten?

Von Charlotte Schmitz (CSR MAGAZIN)

„Wenn ein Unternehmen über Corporate Responsibility nachdenkt, muss es nicht unbedingt eine Stiftung gründen, aber diese könnte ein Bestandteil der CR-Strategie sein“, sagt Ekkehard Winter, Leiter des Arbeitskreises Unternehmensstiftungen im Bundesverband Deutscher Stiftungen. Der Bundesverband spricht im Interesse der mehr als 18.100 Stiftungen in Deutschland. Mit fast 3.600 Mitgliedern ist er der größte und älteste Stiftungsverband in Europa. Er repräsentiert rund drei Viertel des Stiftungsvermögens in Deutschland. Doch nur ein geringer Teil der Stiftungen im Bundesverband sind Unternehmensstiftungen. Zum harten Kern der Mitglieder des AKs Unternehmensstiftungen zählen bisher 20 Stiftungsvertreter. Doch der AK ist noch ganz jung: Er wurde im Mai 2010 gegründet und traf sich bisher erst zu einer formellen Arbeitssitzung.

Stiftungen bohren dicke Bretter

„Wir hoffen auf weiteren Zulauf“, erklärt AK-Leiter Ekkehard Winter. Der promovierte Genetiker ist seit 2005 Geschäftsführer der Deutschen Telekom-Stiftung. Der Arbeitskreis Unternehmensstiftungen behandelt in regelmäßigen Veranstaltungen die spezifischen Fragestellungen an der Schnittstelle zwischen Unternehmen und Stiftung und versteht sich als Plattform zum Austausch. Der Arbeitskreis tagt einmal jährlich in einer öffentlichen Sitzung auf dem Deutschen Stiftungstag. Zudem treffen sich seine Mitglieder am Jahresanfang zu einer Arbeitstagung.

Bei der ersten Sitzung einigte man sich zunächst auf die Grundlagen der gemeinsamen Arbeit. Diese Grundlagen wurden in Form von zehn Empfehlungen an Gründer von Unternehmensstiftungen veröffentlicht. „Unternehmen denken in kurzen Perioden, aber Stiftungen haben einen langen Atem, um gesellschaftliche Probleme anzugehen. Das heißt dicke-Bretter-Bohren über Jahre hinweg“, verdeutlicht Ekkehard Winter, wieso sich die Welten von Wirtschaft und Drittem Sektor unterscheiden. Eine Unternehmensstiftung sei nicht einfach der verlängerte Arm der Unternehmenskommunikation oder der Marketing-Abteilung. Sie entwickelt mitunter einen eigenen Willen – dies ist in der Regel auch so gewollt. Damit eine Unternehmensstiftung wirklich unabhängig agieren kann und damit auch in den Augen der Öffentlichkeit glaubwürdig ist, sollte sie entsprechend angelegt sein. „Eine Mogelpackung wäre schnell entlarvt“, meint Winter.

Kein Selbstbedienungsladen der Unternehmen

Das heißt, dass eine Unternehmensstiftung idealerweise mit ausreichendem Kapital ausgestattet wird. Weniger günstig wäre es, sie von jährlich neu zu beschließenden und in der Höhe schwankenden Zuwendungen abhängig zu machen. „Kapital, das in eine Stiftung eingebracht wird, ist damit weg – das Unternehmen hat keinen Zugriff mehr darauf“, verdeutlicht Winter. Dies sei nicht immer allen Managern der Unternehmen klar. Auch von daher sollte die Gründung einer Stiftung wohl bedacht werden.

Um die Unabhängigkeit zu sichern, ist die Auswahl der geeigneten Führungs- und Beratungspersonen ein weiterer wichtiger Aspekt. „Manager, die aus dem Unternehmen kommen, sind nicht immer die geeigneten Leiter einer Stiftung“, gibt Winter zu bedenken. Schließlich funktioniere die Welt des Dritten Sektors anders als die eher kurzlebige Wirtschaft. Auch bei der Auswahl der Gremienvertreter sei mit Sorgfalt vorzugehen. „Natürlich können und sollen Vertreter des Unternehmens in den Gremien sitzen, aber auch unternehmensfremde Persönlichkeiten, um ein System der checks and balances zu erreichen.“

Hier können gerade Unternehmensstiftungen vorbildlich wirken, denn sie haben Erfahrung zum Beispiel im Umgang mit Aufsichtsräten. „Lange Zeit wurden Stiftungen eher nach Gutsherrenart geführt, daher treiben Fragen der Governance den Sektor jetzt um“, erklärt Winter. „Stiftungen der Unternehmen können sich positiv abheben durch eine sorgfältige Auswahl der Gremienbesetzung.“

Und schließlich sei eine Stiftung kein „Selbstbedienungsladen des Unternehmens“. Die Gemeinnützigkeit der Stiftungen wird geprüft und von der Öffentlichkeit mit Argusaugen betrachtet. Die Unabhängigkeit auch in diesem Bereich ist manchmal den Mitarbeitern des stiftenden Unternehmens nur schwer zu vermitteln. „Stiftungen fördern nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern auf Grundlage ihrer Satzung“, betont Ekkehard Winter.

Bildung und Wissenschaft häufigste Themen

In der Satzung ist der jeweilige Stiftungszweck festgeschrieben. Thematisch haben sich die meisten Unternehmensstiftungen auf Bildung und Wissenschaft festgelegt. So fördert die Deutsche Telekom-Stiftung die Verbesserung der Bildung in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Dazu setzt sie Projekte selbst oder mit Partnern um. Die BMW-Stiftung Herbert Quandt setzt sich für gesellschaftlichen Zusammenhalt ein, die Deutsche-Bank-Stiftung arbeitet im Bildungsbereich, aber setzt sich auch für Musik, Kunst und Soziales ein. Die Umwelt spielt als Thema der Unternehmensstiftungen ebenfalls eine wichtige Rolle, denn schließlich greifen Unternehmen verändernd in die Umwelt ein. Ein Beispiel für eine Stiftung mit diesem Schwerpunkt ist die Allianz Umwelt-Stiftung.

Die Fokussierung der Unternehmensstiftungen auf die Themen Bildung und Wissenschaft sei naheliegend, erläutert Winter, denn „die Unternehmen haben ein Interesse an gut gebildeten Mitarbeitern und einer aufgeklärten Öffentlichkeit.“ Sinn einer Unternehmensstiftung sei es aber wiederum nicht, gezielt Nachwuchs für das eigene Unternehmen zu gewinnen.

Unternehmensstiftungen können die Verbindung zum stiftenden Unternehmen gezielt einsetzen. „Immerhin stehen Organisationen mit mehreren Tausend Mitarbeitern dahinter“, betont Winter. Die Mitarbeiter lassen sich in verschiedener Form in die Arbeit der Stiftung einbeziehen, etwa durch Corporate Volunteering, also den ehrenamtlichen Einsatz von Unternehmensmitarbeitern in Projekten der Stiftung.

Einen Vorsprung können Unternehmensstiftungen auch bei der Wirkungskontrolle für sich verbuchen. Denn in der Wirtschaft ist es völlig normal, zu fragen, was eine Maßnahme gebracht hat. In der Welt der gemeinnützigen Projekte sind Wirkungskontrolle und Wirkungsmessung erst in den letzten Jahren ein viel diskutiertes Thema geworden. Denn es ist nicht immer einfach, die Ergebnisse von Förderprojekten in konkreten Zahlen zu messen. „Pragmatiker aus der Wirtschaft fragen eher mal: ‚Woher wisst Ihr, dass das wirkt?’“, verdeutlicht Winter. Der Vorsitzende des AKs Unternehmensstiftungen würde gerne mehr Vertreter von Stiftungen kleiner und mittlerer Unternehmen in seinem Arbeitskreis sehen und hofft, dass diese mit steigender Bekanntheit der noch jungen Einrichtung zustoßen werden.


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