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Baumwolle wird knapp: Aid by Trade schafft win-win

Die Textilindustrie braucht mittelfristig mehr Baumwolle. In Ländern wie Benin geht es um die Schulung der Bauern und die Infrastrukturentwicklung. Und der Bundesentwicklungsminister braucht die Wirtschaft, um seiner Aufgabe Herr zu werden. Das berichteten Minister Dirk Niebel, Stiftungsgründer Dr. Michael Otto und Benins Landwirtschaftsminister Michel Sogbossi gestern in Berlin.

Berlin > Auf die baumwollverarbeitende Industrie kommt ein Rohstoffengpass zu. Die rasch wachsende Nachfrage in Schwellenländern kann durch die aktuelle Baumwollproduktion nicht gedeckt werden, sagte Dr. Michael Otto gestern auf einer Pressekonferenz in Berlin. Otto stellte dort als Unternehmer und Initiator der Aid by Trade Foundation gemeinsam mit Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel und dem beninischen Landwirtschaftsminister Michel Sogbossi die Handelsinitiative und ihre Marke “Cotton made in Africa” vor.

Aid by Trade Foundation als win-win

In Benin nehmen derzeit rund 20.000 Bauern an den Programmen der Stiftung teil, afrikaweit sind es 200.000. Die Baumwollerzeuger werden in modernen Anbaumethoden und reduziertem Pestizideinsatz geschult, was ihnen höhere Erträge und eine bessere Rendite beschert. Das verringert zugleich die Landflucht. Lizenzeinnahmen aus der Zertifizierung der Baumwolle fließen zurück in die Anbauregionen und werden unter anderem in die Schulbildung der Kinder bäuerlicher Familien investiert, berichtete Otto. Auch für Abnehmer wie PUMA schaffe Cotton made in Africa Vorteile in der Kundenansprache. Im letzten Jahr kamen rund sechs Millionen Textilien aus Cotton made in Africa in den Handel, in diesem Jahr sollen es bereits zehn Millionen sein.

Cotton made in Africa als Alternative zu Fairtrade

Die Baumwolle Cotton made in Africa wird zu üblichen Marktpreisen angeboten, enthält also keinen Fairtrade-Zuschlag. “Fairtrade produziert letztlich für eine Marktnische”, sagte Otto. Die Aid by Trade Foundation wolle den Massenmarkt erreichen, das seien zwei unterschiedliche Konzepte. Zudem zeichne Cotton made in Africa eine sowohl ökologische als auch soziale Verantwortungsübernahme aus.

Millenniumziele brauchen wirtschaftliche Entwicklung

Der deutschen Entwicklungspolitik gehe es nicht um die Sicherung von Absatzmärkten, sondern um eine Überwindung von Armut, sagte Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel. Unmittelbar vor dem UN-Gipfel zu den Millenniumzielen vom 20. bis 22. September in New York betonte der Minister, die Erreichung dieser Ziele sei nur mit einer deutlichen Verbesserung des Wirtschaftswachstums in den betroffenen Regionen möglich. Dazu gehöre auch, weitere Glieder der Wertschöpfungskettekette der Baumwollverarbeitung im Land selbst anzusiedeln. Bisher wird in Benin die Baumwolle nur entkernt und dann für die Weiterverarbeitung exportiert.

Entwicklungsministerium bietet Unternehmern offene Türe

Niebel will Rahmenbedingungen schaffen, die Impulse für mehr privatwirtschaftliches Engagement in den Ländern der Entwicklungszusammenarbeit setzen. So habe er in seinem Haus ein neues Referat “Entwicklungszusammenarbeit und Wirtschaft” geschaffen, wo “Unternehmer ihre Fragen loswerden” können. Und der Minister will 30 Entwicklungszusammenarbeits-Scouts in die Wirtschaftsverbände entsenden, die dort branchenspezifisch und mit regionalem Bezug informieren sollen. Denn private Investoren stecken heute schon neunmal mehr Geld in die Entwicklungszusammenarbeit als der Staat.

Baumwollproduktion in Benin deutlich rückläufig

Von einem deutlichen Rückgang der Baumwollproduktion in seinem Land berichtete Benins Landwirtschaftsminister Michel Sogbossi. Die Produktion sei von 427.000 Tonnen in den Jahren 2004 und 2005 auf aktuell etwa 160.000 Tonnen gefallen. Der Verfall der Baumwollpreise auf dem Weltmarkt habe dazu ebenso beigetragen wie eine unzureichend entwickelte Infrastruktur in Benin selbst. Für die Zukunft setzt Sogbossi darauf, dass noch mehr Bauern an dem Programm der Aid by Trade Foundation teilnehmen. Zugleich er will den Grad der Mechanisierung in der Landwirtschaft steigern und die Wasserbewirtschaftung verbessern. Benins Bauern leiden besonders unter den Klimaschwankungen und dadurch bedingte Überschwemmungen und Dürren.

Niebel will Landwirtschaftssubventionen abbauen

Schuld am Verfall der Baumwollpreise seien insbesondere die USA, sagte Otto: Mit drei Milliarden USD investierten sie ebenso viel in die Subvention ihrer Baumwollfarmer wie in die gesamte Entwicklungshilfe. Und auch Niebel pflichtete ihm bei: Ein großer Teil der Entwicklungshilfe gehe verloren, weil es keine fairen Handelsbeziehungen gebe. Der Minister kündigte an, sich gemeinsam mit Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner in Brüssel für einen Ausstieg aus den EU-Agrarsubventionen bis zum Jahr 2013 einsetzen zu wollen.

Differenziert sieht der Minister dagegen das Thema Fairtrade: Dieses sei insbesondere in Deutschland in einer Nische, der Minister setzt allerdings auf ein wachsendes Konsumentenbewusstsein für den fairen Handel.

Foto: Dirk Niebel (rechts) mit Dr. Michael Otto


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