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Starbucks setzt auf Fairtrade zertifizierten Kaffee: Junge Leute als nachhaltige Zielgruppe

Berlin > Seit gestern serviert Starbucks in seinen deutschen und europäischen Coffee Houses ausschließlich Fairtrade zertifizierte Espressogetränke. Das wird die Fairtrade-Prämienzahlungen an Kaffeebauern um über 2,6 Millionen Euro steigern. Starbucks ist damit der weltweit größte Abnehmer von Fairtrade zertifiziertem Kaffee. Besonders dabei: Das nachhaltige Kaffeeangebot richtet sich an ein vorwiegend junges Publikum und wird am Point of Sales über Flyer und Ständer offensiv kommuniziert. Das ist in einem „discountgetriebenen“ Land wie Deutschland besonders wichtig, berichtet TransFair-Geschäftsführer Dieter Overath gestern in Berlin bei der Vorstellung des nachhaltigen Kaffeeangebots. Damit die Botschaft bei jungen Leuten verfängt, betont bei der Auftaktveranstaltung Sarah Knappik aus der „Model-WG“, dass sie total hinter dem nachhaltigen Kaffeeangebot steht.

Bereits seit zehn Jahren kooperiert Starbucks mit Fairtrade, allein im vergangenen Jahr kaufte das Unternehmen 18 Millionen Fairtrade zertifizierten Kaffee ein. Dabei ist Starbucks mit einem Anteil von zwei bis drei Prozent am weltweiten Kaffeeeinkauf nicht der größte Player am Markt. Etwa zehn Prozent des weltweiten Kaffeeangebotes stammen aus zertifiziertem fairem Handel, davon etwa zwei Drittel aus Lateinamerika und inzwischen ein Zwölftel aus Ostafrika. Um diesen Anteil vergrößern zu können, braucht es eine Steigerung der nachhaltigen Produktion ebenso wie eine wachsende Nachfrage, berichtet Hans van Bochove, europäischer CSR-Direktor von Starbucks. Im Hintergrund werden deshalb Gespräche darüber geführt, ob und unter welchen Bedingungen auch Großbauern und Plantagenbesitzer Fairtrade-zertifiziert werden können. Für wichtig hält van Bochove auch die Vereinheitlichung der nachhaltigen Zertifizierungssysteme, damit die Erzeuger nicht für unterschiedliche Zertifizierungen doppelt zahlen müssen. Das „nachhaltigste“ Bewusstsein erlebt van Bochove bei Verbrauchern in Großbritannien, gefolgt von der Schweiz und danach von Deutschland. Im Marketing ist Starbucks Deutschland bemüht, aus seinen überwiegend jungen Kunden Communities zu bilden – etwa durch Seminare über den Herstellungsprozess von Kaffee. Dabei spielt dann auch das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle.

Bei Fairtrade-Produkten werden den genossenschaftlich organisierten Erzeugern in Lateinamerika und Ostafrika ein stabiler und existenzsichernder Mindestpreis sowie eine Fairtrade-Prämie (10 Cent für ein Pfund Kaffee) für Gemeinschaftsprojekte gezahlt. In Ostafrika sind das Kleinbauern, die oft nur über Anbauflächen von ein, zwei oder drei Acre (rund 4.000 bis 12.000 Quadratmeter) verfügen, berichtet Geoffrey mwa Ngulumbi vom Verband der Kilimanjaro Spezialkaffebauern (KILICAFE) aus Tansania. In seinem Verband schließen sich 170 Bauerngruppen zusammen, die kleinsten davon mit 25 Mitgliedern, die großen mit 700 Mitgliedern. Gemeinsam stellt man sich Problemen wie der Bewässerung, der nachhaltigen Schädlingsbekämpfung oder der maschinellen Verarbeitung der Kaffeebohnen. Schulungen spielen in diesen Gruppen eine besondere Rolle.

Mit seinem Programm Starbucks™ Shared Planet™ verpflichtet sich das Starbucks seit 2004 zu nachhaltigem und umweltverträglichem Kaffeeanbau, fairem Handel und Engagement im Gemeinwesen. Mehr als 200 Indikatoren setzen dabei Standards in den Bereichen Umweltverträglichkeit, Soziales und Wirtschaft und orientieren sich dabei am Wohlergehen der Kaffeebauern. Rund 77 Prozent des eingekauften Rohkaffees stammt heute von Produzenten, die sich nach diesen Standards richten. Unabhängige Prüfer unter Aufsicht eines Scientific Certification Systems (SCS) bewerten die Einhaltung der Indikatoren und sichern so die Arbeits- und Lebensbedingungen von über einer Million Farmern und Arbeitern in Lateinamerika und Afrika. Eine Besonderheit sind die Starbucks Farmer Support Center (FSC), die es seit 2004 in Costa Rica und seit 2008 auch im ostafrikanischen Ruanda gibt. Landwirtschaftsexperten beraten dort Farmer, wie sie ihre Produktivität steigern und den Pestizideinsatz verringern können. Das ist hilft den Bauern und auch Starbucks, denn die Lieferung von hochqualitativem Kaffee konnte so seit 2005 um rund 380 Prozent gesteigert werden.

Das „Gesicht“ des fairen Handels prägt in Deutschland der gemeinnützige Verein TransFair e.V., ein Zusammenschluss entwicklungs-, umwelt- und bildungspolitischer, kirchlicher und sozialer Organisationen. TransFair gehört zum internationalen Verbund der Fairtrade Labelling Organizations (FLO) und gibt das Fairtrade-Siegel heraus. Heute bieten in Deutschland 150 Lizenznehmer rund 1.000 mit diesem Siegel versehene Produkte an. Kontrolliert wird die Einhaltung der Fairtrade-Standards von der Bonner Zertifizierungsorganisation FLO-CERT GmbH. TransFair-Geschäftsführer Dieter Overath freut sich darüber, dass Fairtrade immer stärker zum Mainstream wird. Im britischen und Schweizer Handel erreichen Fairtrade zertifizierte Produkte bereits hohe zweistellige Anteile am Handel mit den jeweiligen Warengruppen. Das schafft einerseits Konkurrenz zu den klassischen Eine-Welt-Läden. Aber: Konkurrenz belebt das Geschäft, und so blicken auch diese Läden auf wachsende Umsätze. Auch andere Initiativen wie etwa die „Fair Trade Towns“ mit 750 ausgezeichneten Kommunen weltweit belegen den Einfluss dieser Bewegung. Für Overath ist es wichtig, dass gerade Kaffee als klassisches „Kolonialprodukt“ heute zum wichtigsten Fairtrade-Produkt geworden ist; zudem ist Kaffee nach Erdöl der zweitwichtigste Rohstoff im internationalen Handel. Der faire Handel erobert dabei Schritt für Schritt auch andere Branchen: mit der Baumwolle etwa die Textilbranche oder mit den fairen kenianischen Rosen die Floristik. Dass gerade junge Leute für das Fairtrade-Anliegen offen sind, davon zeigt sich Overath fest überzeugt. Denn das Thema hat seit Jahren in vielen Schulbüchern und Schulveranstaltungen seinen festen Platz. Und TransFair leistet seinen Beitrag dazu, den fairen Handel für junge Menschen fassbar und nachvollziehbar werden zu lassen.

Foto von links: Dieter Overath, Sarah Knappik und Hans van Bochove gestern bei der Starbucks-Präsentation in Berlin [CSR NEWS]


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Kommentar

  • Ich verstehe nicht so richtig wie das funktionieren soll, daß die Kaffebauern und Plantagenarbeiter mehr bekommmen sollen, wenn Starbucks für seine Espressobohnen gerade mal den Preisdurchschnitt am Kaffemarkt bezahlt?

    OK, das mag mehr sein, als der Preis den Starbucks für den normalen Kaffee bezahlt, als der größte Preisdrücker auf dem Weltkaffeemarkt.

    Trotzdem geht es mir nicht ein, warum das dann Fairtrade sein soll???

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