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Fußball-WM 2010: Heute Verantwortung in Südafrika übernehmen

Berlin > Auf den ersten Blick erscheint die Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika noch in weiter ferne. Unternehmen, die dort als Sponsor Präsenz zeigen und dabei auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen wollen, müssen heute mit ihrem Engagement beginnen. Und für das Miteinander von Sponsoring und Corporate Social Responsibility gibt es viele gute Gründe. Das betont Dr. Norbert Taubken, Business Director bei Scholz & Friends Reputation, im Interview mit CSR NEWS:

CSR NEWS: Scholz & Friends Reputation hat Anfang des Jahres mit der WM 2010-Studie “Responsible Sponsoring” auf Risiken und Chancen eines Sponsoring-Engagements anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika hingewiesen. Nun sind wir dieser Weltmeisterschaft bereits einige Monate näher. Wie beurteilen Sie die Risiken heute?

Dr. Norbert Taubken: Die Ereignisse vor und während der Olympischen Spiele im Sommer dieses Jahres hat vielen in China engagierten Unternehmen gezeigt, wie ernst sie die Sponsoringrisiken im Zusammenhang mit Sportgroßveranstaltungen nehmen müssen. Einige Unternehmen konnten feststellen, dass nur ihr langjähriges gesellschaftliches Engagement in China eine differenziertere Auseinandersetzung mit Interessengruppen möglich gemacht hat. Andere haben gleich auf die Platzierung ihrer Werbemotive verzichtet. Insgesamt gesehen schätzen wir die Lage so ein, dass die Sponsoren mit einem blauen Auge davon gekommen sind.

Zur FIFA WM 2010 werden die sozialen und politischen Probleme in Südafrika den Sport noch weiter in den Hintergrund rücken. Erstmals könnte die negative Berichterstattung zum gesellschaftlichen Umfeld die Berichterstattung über sportliche Leistungen übertreffen. Der Kanon aus Armut, HIV/Aids und Kriminalität ist erweitert worden um Einwandererkonflikte und parteipolitische Unruhen. In ihrer Südafrika-Berichterstattung reagieren viele europäische Medien bereits heute äußerst kritisch. Dieser Trend wird bis 2010 weiter zunehmen und auch diejenigen treffen, die die Weltmeisterschaft als reine Werbeplattform nutzen wollen.

CSR NEWS: Ein Engagement in der Corporate Social Responsibility halten Sie im Zusammenhang mit dem WM-Sponsoring für unerlässlich. Warum?

Norbert Taubken: Das von uns entwickelte Konzept des „Responsible Sponsoring“ meint, dass Sponsoring-Engagement unter Einbeziehung des gesellschaftlichen Kontextes weiterentwickelt wird. Durch Verbindung mit einem längerfristigen CSR-Engagement im ausrichtenden Land erfolgt die Erdung eines zunächst werblichen Engagements. Die längerfristige und inhaltliche Ausrichtung sorgt für Glaubwürdigkeit und baut somit ein Sicherheitsnetz gegenüber einfachen Schuldübertragungen auf den Sponsor.

Unternehmen die in Südafrika aktiv sind oder als Sponsoren der FIFA WM 2010 auftreten, profitieren von einem mit CSR verzahnten Engagement gleich mehrfach: Sie minimieren ihr Risiko, gleichzeitig können sie auf ihr eigenes Engagement für Sport und Gesellschaft aufmerksam machen. Sie zeigen ihren Mitarbeitern und Stakeholdern, dass sie Verantwortung übernehmen – gerade jenseits symbolischer Scheckübergaben. Nicht zu unterschätzen ist zudem das Netzwerk, das über „Responsible Sponsoring“-Konzepte zu politischen und sozialen Partnern in einem Land aufgebaut werden kann.

CSR NEWS: Welche Engagementfelder sind aus Ihrer Sicht besonders bedeutsam?

Norbert Taubken: Zunächst die, die auch aus gesellschaftlicher Sicht relevant sind. Firmen, die in Südafrika produzieren, müssen zwingend sicherstellen, dass das eigene Kerngeschäft den sozialen und ökologischen Standards und Erwartungen entspricht. Dazu gehört in Südafrika z.B. immer eine Workplace Policy zu HIV/AIDS. Für diese, wie für alle in Südafrika im CSR-Bereich aktiven Unternehmen gilt: Wenn eine Profilbildung als gesellschaftlich engagiertes Unternehmen gelingen soll, müssen Zielstellungen für CSR klar benannt, Zielgruppen definiert und die spezifischen Themen gesetzt werden. Gerade bei Unternehmen mit Standort oder Zulieferern in Südafrika ist lokales Engagement im Sinne des Community Investments sinnvoll. Der Zuschnitt einer CSR und auch „Responsible Sponsoring“-Konzeption hängt daher immer von den eigenen Kernkompetenzen, den Geschäftsinteressen und Rahmenbedingungen ab. Das Engagementspektrum kann weit gefächert sein: Sie können als Unternehmen Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten aufbauen, aber auch erneuerbare Energien fördern oder die afrikanische Kunstszene unterstützen. Entscheidend ist, ob sich ein Engagement aus einer unternehmensbezogenen Logik begründen lässt.

CSR NEWS: Bis zum Jahr 2010 bleibt noch einiges an Zeit. Was können oder sollten Unternehmen, die bei der nächsten Fußballweltmeisterschaft als Sponsoren dabei sein wollen, heute bereits tun?

Norbert Taubken: Wer sich 2010 als verantwortungsbewusster Sponsor positionieren will, muss heute bereits aktiv werden. Für WM-interessierte Unternehmen ist es jetzt an der Zeit, sich konzeptionell aufzustellen, so dass 2010 erste Erfolge des Engagements vorweisbar sind. Bei der WM eine reine Absichtserklärung auszusprechen, wirkt eher unglaubwürdig. Man darf nicht vergessen: Südafrika 2010 ist nicht Deutschland 2006. Es wird nicht so einfach sein, sich als europäisches Unternehmen in die Strukturen eines afrikanischen Landes einzufinden und vertrauensvolle Partnerschaften aufzubauen. Der erste Schritt ist in jedem Fall ein passgenaues Konzept im Sinne des „Responsible Sponsoring“, über das die Rahmendaten für das Unternehmen definiert werden.

CSR NEWS: Welche Chancen bietet die WM 2010 in Südafrika für die Corporate Social Responsibility kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU)?

Norbert Taubken: Viele Mittelständler sind heute global aktiv und unterhalten geschäftliche Beziehungen zu südafrikanischen Ländern. Für KMU bietet sich die Chance, ihr häufig bereits bestehendes gesellschaftliches Engagement um eine Komponente zu erweitern, die Südafrika in den Mittelpunkt rückt. Durch die FIFA WM 2010 ergeben sich gerade für KMU eine Fülle attraktiver Kommunikationsplattformen, auch jenseits der Massenmedien. So können sie mit ihrer Verantwortung für Mitarbeiter, Umwelt, Standort und WM-Austragungsland von der Aufmerksamkeit zur Weltmeisterschaft profitieren.

CSR NEWS: Auch der Weltfußballverband engagiert sich in Sachen CSR. Sind Sie zufrieden mit diesem Engagement?

Norbert Taubken: „Football for Hope“ ist eine gut angelegte Plattform für die FIFA-Partner im besten CSR-Sinne. Die FIFA hat hier genau den richtigen Schritt getan und den CSR-Gedanken in seine Netzwerke eingebunden. Soweit wir das extern beurteilen können, wird diese Plattform auch angenommen. Zwei Fragen ergeben sich jedoch daraus: Was ist mit den vielen Unternehmen, die keine FIFA-Partner sind? Und gibt es aus Unternehmenssicht andere ergänzende oder alternative Ansätze für CSR in Südafrika, die es abzuwägen gilt?

Die meisten Unternehmen werden schon aufgrund der Budgethöhen keine offiziellen Sponsoren der FIFA werden, so dass wir definitiv weitere CSR-Plattformen und unternehmenspezifische Ansätze brauchen. Zur zweiten Frage: „Football for Hope“ entwickelt sich aus der thematischen Nähe zum Sponsoringevent Fußball. Wir haben inzwischen zwei weitere konzeptionelle Wege für „Responsible Sponsoring“ entwickelt: Ausgehend von den Kernthemen einer Gesellschaft und den originären CSR-Leitthemen eines Unternehmens. Alle drei Wege führen durchaus zu sinnvollen Engagementformen. Eine Entscheidung sollte ein Unternehmen auf Basis einer Bedingungsfeldanalyse treffen.

CSR NEWS: Besten Dank!

Foto: Dr. Norbert Taubken leitet als Business Director die CSR-Beratung Scholz & Friends Reputation. Seine Schwerpunkte liegen neben der Strategiebildung und dem Aufbau transsektoraler Netzwerke in der Prozessbegleitung und Moderation. Taubken lehrt CSR an der Hamburg School of Business Administration und der Deutschen Presseakademie.


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