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makeITfair und die Unternehmensverantwortung in der Elektronikindustrie

Berlin > Gute Erfolge meldet das europäische Projekt makeITfair nach seinem ersten Jahr. makeITfair setzt sich mit der Produktion von elektronischen Konsumgütern wie Mobiltelefonen, Laptops und MP3-Playern kritisch auseinander, will junge Leute aus Europa über die mit der Herstellung dieser Elektronikgeräte verbundenen problematischen Arbeitsbedingungen und Umweltprobleme informieren und sie dazu aufrufen, selbst aktiv zu werden. In diesem Monat konnte makeITfair Aussagen von Elektronikunternehmen zur zukünftigen nachhaltigeren Gestaltung der Rohstoffgewinnung in ihren Zulieferketten veröffentlichen.

Im November 2007 hatte makeITfair Studien über die Menschenrechts- und Umweltrisiken in Afrika bei der Förderung von Kobalt, Zinn und Platinmetallen veröffentlicht. Im Januar präsentierte makeITfair die Studien im Rahmen eines internationalen Runden Tischs den Unternehmen. Auf der Basis der Diskussion erarbeitete makeITfair in Kooperation mit anderen NGOs eine Prinzipienliste zur Corporate Social Responsibility in der Rohstoffförderung von IT-Produkten. Diese Liste wurde an alle großen Elektronikmarkenfirmen mit der Bitte um eine öffentliche Stellungnahme zur geplanten Einbeziehung der Prinzipien in die jeweilige Unternehmenspraxis geschickt.

Seither haben sich die sektorweiten Zusammenschlüsse Electronics Industry Citizenship Coalition (EICC) und Global e-Sustainability Initiative (GeSI) zu einer Kooperation mit bestehenden Rohstoff-Initiativen verpflichtet, um die Bedingungen beim Abbau der Rohstoffe zu verbessern. Nach Beobachtungen der Studienverantwortlichen übernehmen auch die Unternehmen der Elektronikindustrie selbst zunehmend Verantwortung für die Arbeits-, Umwelt- und Menschenrechtsstandards ihrer Rohstoff-Zulieferer Verantwortung zu übernehmen. Dabei sticht Hewlett-Packard positiv hervor: Das Unternehmen initiierte kürzlich eine eigene Studie und adressiert die Prinzipienliste von makeITfair. Zudem will HP von seinen Zulieferer eine Bestätigungserklärung einholen, dass sie den Verhaltenskodex von EICC oder vergleichbare Prinzipien einhalten. HP regt außerdem eine Machbarkeitsstudie an, mit der die Rückverfolgbarkeit des in ihren Produkten genutzten Zinn bis zur Mine geprüft werden soll. Darüber hinaus schlägt HP eine Kooperation mit EICC und den Initiativen zur Unternehmensverantwortung im Rohstoffsektor vor. Diese Rückverfolgbarkeit der Herkunft der Metalle wird von vielen befragten Unternehmen für schwierig bis unmöglich gehalten.

Koordiniert wird makeITfair von der niederländischen Organisation SOMO (Zentrum für Recherche zu Multinationalen Unternehmen). Projektpartner sind IRENE (Niederlande), SwedWatch, Fair Trade Center und Church of Sweden Aid (Schweden), FinnWatch und die Finnische Vereinigung zur Erhaltung der Umwelt, Germanwatch sowie die Verbraucher Initiative (Deutschland), KARAT aus Zentral- und Osteuropa, ACIDH aus der Demokratischen Republik Kongo, CIVIDEP aus Indien und SACOM aus China. CSR NEWS fragte bei Cornelia Heydenreich von Germanwatch nach den Ergebnissen aus deutscher Sicht und den zukünftigen Programmen des Projektes:

CSR NEWS: Frau Heydenreich, welche Resonanz erfährt die makeITfiar-Kampagne in Deutschland?

Cornelia Heydenreich: Die Resonanz von makeITfair kann man auf vier Ebenen darstellen. Die Presseresonanz: Die Presseerklärungen von makeITfair, insbesondere zu neuen Studien und zur Marktrecherche sowie zu Aktivitäten wie bei der CeBIT haben zu einem guten Presseecho geführt, sowohl Tageszeitungen als auch Zeitschriften und Online-Medien haben berichtet.
Die Resonanz bei Jugendorganisationen, Jugendveranstaltungen und im Bildungsbereich: Ein Hauptadressat von makeITfair sind Jugendliche: sie auf die Problematik aufmerksam zu machen und zu Aktivitäten zu gewinnen. Bei verschiedenen Jugendcamps und Jugendfestivals war makeITfair in den letzten Wochen und Monaten eingeladen und hat Workshops veranstaltet oder an einem Stand seine Arbeit präsentiert (z.B. du-machst.de -Berlin 08, respect.de etc.). Zudem laufen Kooperationen mit Jugendorganisationen (u.a. kirchliche Jugendverbände) oder sind in der Vorbereitung. Verschiedene Bildungseinrichtungen haben das Thema von makeITfair aufgegriffen und verteilen die Flyer oder bieten auch Seminare dazu an. Die gemeinsam mit WEED herausgegebene Bildungs-CD wird ebenfalls interessiert von Lehrern genutzt.
Die Verbraucherorganisationen: Die makeITfair-Kampagne ist in enger Kooperation mit Verbraucherorganisationen, natürlich zunächst mit der Trägerorganisation Verbraucher Initiative, aber auch mit dem vzbv gibt es auf nationaler Ebene (v.a. über den Bereich Jugend/Bildung, aber auch über den Bereich Produkte und Nachhaltigkeit) eine gute Kooperation, ebenfalls auch auf regionaler Ebene wie der Jugendseite vom vzbv NRW.
Die Unternehmen: In Deutschland konzentriert sich makeITfair auf die in Deutschland ansässigen Unternehmen. Resonanz und Dialoge gibt es bislang v.a. mit einzelnen Firmen wie der Deutschen Telekom, Vodafone und dem Platinverarbeiter Heraeus, der ein Zulieferer der Elektronikindustrie ist, sowie dem Unternehmensverband BITKOM.

CSR NEWS: Welche Chance haben deutsche Handykäufer, gezielt ein “faires Mobiltelefon” zu erwerben?

Cornelia Heydenreich: Leider gibt es bisher noch kein „faires“ Mobiltelefon, ebenso wenig wie einen fairen Laptop oder ähnliche elektronische Geräte – nicht nur in Deutschland, auch weltweit ist so etwas noch nicht erhältlich. makeITfair setzt sich jedoch dafür ein, dass die gesamte Wertschöpfungskette von IT-Produkten fairer wird und erwartet von der Wirtschaft, dass auch in bald die ersten fairen bzw. „fairer“ hergestellten Handys erhältlich sein werden.

CSR NEWS: Gibt es innerhalb der makeITfair-Kampagne bestimmte Themenfelder, die von deutscher Seite besetzt oder verfolgt werden?

Cornelia Heydenreich: Die makeITfair-Kampagne ist mit ihren Hauptthemen in allen beteiligten Ländern sehr ähnlich stark aktiv, die meisten Aktivitäten werden gemeinsam entwickelt und durchgeführt. Der deutsche Schwerpunkt besteht vielleicht darin, dass noch einmal verstärkt die Unternehmen aus
Deutschland adressiert werden: z.B. der Platinverarbeiter Heraeus aus Hanau, mit dem Germanwatch einen Dialog begonnen hat, und die Deutsche Telekom, u.a. über deren Stakeholderday und ihr Engagement im Unternehmensnetzwerk GeSI (Global e-Sustainability Initiative). Darüber hinaus nutzen wir die Möglichkeit, die in Deutschland angesiedelte Messen wie CeBIT und IFA bieten, um das Thema breiter anzusprechen, u.a. durch die Aktion bezüglich „Green IT“ während der CeBIT 2008.

CSR NEWS: Was wird makeITfair nun in Zukunft bzw. als nächsten Schritt tun, um die Kampagnenziele zu erreichen?

Cornelia Heydenreich: In nächster Zeit wird das Thema „Arbeitsbedingungen in der Produktion“ stärker im Vordergrund stehen. Dazu wird makeITfair nach dem Sommer Studien zu Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von Handys, Laptops und MP3-Playern in China, Indien und den Philippinen veröffentlichen. Dies wird auch begleitet von einem neuen Flyer, der Jugendliche über die Herstellungsbedingungen in China informiert und eine Postkartenaktion an Unternehmen enthält. Im Jahr 2009 wird v.a. das Thema Umwelt/E-Waste-Recycling im Mittelpunkt stehen. Darüber hinaus wird jedoch auch das Thema Rohstoffverantwortung weiter aktuell gehalten und die Ankündigungen der Unternehmen werden nachverfolgt und je nach Ergebnissen werden weitere Aktivitäten entwickelt. Zudem werden derzeit Bildungsmaterialien erstellt, die im Herbst veröffentlicht werden sollen und als webbasiertes Lehrmaterial in Schulen eingesetzt werden können.

CSR NEWS: Besten Dank!

Weitere Informationen im Internet:
http://makeITfair.org/


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